Verkehr - ein weites Feld. Zu Fuß, mit Rad, im Automobil und in der Luft. Leipzig hat aufgrund des eigenen Wachstums mit allen Fragen parallel zu tun. Finanzierungen und Schwerpunktsetzungen in diesen Bereichen interessieren deshalb nicht wenige Leipziger. Ob Kosten für den ÖPNV, Fluglärmbelastungen, Instandhaltungen der Fahrbahnen, Parkplätze und die Harmonisierung aller Fortbewegungsarten. Einige Fragen und Antworten aus diesem Themenfeld des/der jeweiligen Kandidaten/Kandidatin dazu finden Sie hier.

Welche grundsätzliche Position haben Sie zum uneingeschränkten Nachtflug für Fracht und Militär am Flughafen Leipzig/Halle?

Ich begrüße ausdrücklich das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel, dem zufolge am größten deutschen Flughafen in Frankfurt/Main ab dem 21. Oktober nachts keine Flieger mehr starten und landen dürfen. Zwischen 23 Uhr abends und 5 Uhr morgens sind somit die ursprünglich im Winterflugplan vorgesehenen Flüge nicht mehr zulässig. Ebenfalls bestätigte das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig – auch wenn es die von zahlreichen Bürgern und Gemeinden geforderten weitergehenden Nachtflugeinschränkungen ablehnte – das Nachtflugverbot am Großflughafen in Berlin-Schönefeld in der Zeit von Mitternacht bis 5 Uhr.

Diese aktuellen gerichtlichen Erlasse bezüglich der Nachtflugverbote sind auch für den Flughafen Leipzig/Halle richtungsweisend, denn warum sollte das, was in Frankfurt/Main zu geltendem Recht erhoben wird, nicht auch in Leipzig zur Anwendung kommen? Die besagten Urteile bedeuten auch, die Parole “Frachtflug braucht die Nacht” ist von gestern, oder anders ausgedrückt: Nachtflüge haben in Deutschland keine Zukunft.

Der Logistik-Standort Leipzig ist, wie Frankfurt, nicht zwingend von einer uneingeschränkten Nachtfluggenehmigung abhängig bzw. die Einschränkung der Nachtfluggenehmigung hebelt nicht von vornherein die wirtschaftlichen Belange eines Logistik-Kreuzes aus.

Ich teile daher keineswegs die Freude, die zum Beispiel Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und so mancher Flughafenverantwortlicher mit dem Hessischen Urteil meinte verbinden zu können. Dass nämlich nunmehr die Chancen für mehr Fracht steigen, weil ein Teil der Frachttransporte über Leipzig abgewickelt werden müsse. Ich erinnere nur an die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts:

“Je größer der Kreis der Lärmbetroffenen in einem stadtnahen Umfeld ist, […] desto gewichtigere Gründe müssen vorliegen, die die Beeinträchtigungen, die das Vorhaben hervorruft, an dieser Stelle rechtfertigt”. Kurz, der Flughafen Leipzig/Halle darf nicht zur Lärmmüllhalde Deutschlands verkommen.

Jede Erweiterung des nächtlichen Flugverkehrs nimmt die verantwortliche Planfeststellungsbehörde, in diesem Fall die Landesdirektion Leipzig, in die Pflicht, entsprechend § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG auf die Nachtruhe in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. Kurz, der Flughafen Leipzig ist keine gesetzlose Zone, die Nachtfluggenehmigung muss nach Maßgaben geregelt bzw. “gedeckelt” sein.

Ich fordere die Landesregierung in Dresden, insbesondere das Wirtschaftsministerium, deshalb auf, ihrer politischen Verantwortung in der Sache auch gegenüber den Leipziger Bürgerschaft nachzukommen.

Werden Sie sich für ein Nachtflugverbot für Leipzig einsetzen?

Ganz klar: Ja. Wenn die Menschen gut schlafen können, leben sie gesünder, sind leistungsfähiger und glücklicher. So viele Flugzeuge können nachts gar nicht landen, um das letztlich zu bezahlen.

In Leipzig sind relativ viele Menschen Straßen-Verkehrslärm ausgesetzt, der die Immissionsgrenzwerte des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (16. BimSchV) deutlich übersteigt. Im Entwurf des Lärmaktionsplanes der Stadt Leipzig wird bei Überschreitung der Auslösewerte (70 dB (A) tags und 60 dB (A) nachts) sofortiger Handlungsbedarf festgestellt. Bisher sind nahezu keine kurzfristigen Aktivitäten zur Minderung des Verkehrslärms feststellbar. Werden Sie sich sich aktiv auch für kurzfristige Lärmschutzmaßnahmen einsetzen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Die vorgesehenen Maßnahmen des Lärmaktionsplanes bestehen überwiegend in Verbesserungen der Fahrbahndecke und Geschwindigkeitsbeschränkungen. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob diese Maßnahmen tatsächlich den beabsichtigten Lärmschutz-Zweck erfüllen – in diesem Fall müssten sie zügig umgesetzt werden.

Eine nachhaltige Lösung besteht aber nur in einer allgemeinen Verringerung des Verkehrsdrucks und in einem verbesserten Abfluss unter Einsatz intelligenter Lenkungssysteme. Meine Priorität ist die Verminderung des individuellen Autoverkehrs durch einen fahrscheinlosen ÖPNV, bessere Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger, sowie die öffentliche Unterstützung des Car-Sharings.

Als weitere kurzfristige Maßnahmen stelle ich mir außerdem die umfassende Einführung von großzügig dimensionierten, markierten Radfahrstreifen vor, wie sie seit kurzem in der Georg-Schumann-Straße vorzufinden sind. Damit könnten noch mehr Leipziger/-innen zum Umstieg auf das umweltfreundliche Fahrrad bewogen werden. Auch die Einführung eines generellen Tempolimits von 30 km/h in den Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr würde die Lärmbelästigung schon enorm mindern. Auch das wird also schnell zu prüfen sein.

Das Amt für Umweltschutz hat mit erheblicher Verspätung einen Lärmaktionsplan erarbeitet, das Verkehrs- und Tiefbauamt wehrt sich jedoch gegen die Umsetzung der Maßnahmen. Forderungen aus der Bürgerschaft auf Lärmschutzmaßnahmen werden bisher konsequent abgelehnt. Wie verhalten Sie sich zu den von der Bürgerschaft geforderten und von der Verwaltung geplanten Lärmschutzmaßnahmen und der Tatsache dass es bisher keine Umsetzungspläne gibt?

Diese Stagnation im Rathaus hat doch System! Die Menschen werden an der Nase herum geführt, tatsächlich ist gar kein echtes Interesse für ihre Belange vorhanden. Beteiligen, Planen, Prüfen und Umsetzen – das ist das 1×1 des konsequenten Handelns, dass sich die Kommunalpolitik in Zukunft auf díe Fahnen schreiben sollte.

Unterstützen Sie die Idee, stadtweit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit (ausgenommen Hauptverkehrsstraßen in begründeten Ausnahmefällen) durchzusetzen, wenn ja, mit welchen Maßnahmen, wenn nein, warum nicht?

Die Wirksamkeit einer Temporeduzierung, ggf. auch nur für bestimmte Tageszeiten, ist im Einzelfall zu prüfen und im Falle der Umsetzung so lange intensiv zu überwachen, bis sich die Autofahrer/-innen an die neuen Spielregeln gewöhnt haben.

Aktuell läuft zu dem Thema auch eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) mit dem Ziel, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit festzulegen. In begründeten Ausnahmefällen können auch andere Tempi angeordnet werden. Ziel ist die Umkehr der Beweislast. Denn aktuell kann Tempo 30 oft nicht angeordnet werden, weil hierfür Gründe nach § 45, 9 StVO vorliegen müssen. Das erschwert wiederum die Durchsetzung von Lärmschutzmaßnahmen, zudem leidet auch die Verkehrssicherheit und das Verkehrsklima darunter.

Es spricht aus meiner Sicht also vieles dafür und nichts dagegen, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit einzuführen. Allerdings ist der Bürgerwille ausschlaggebend, diese sollten direkt darüber abstimmen dürfen.

Würden Sie sich als OBM für eine entschleunigte Verkehrskultur aller Verkehrsarten in Leipzig einsetzen?

Ich werde mich für einen starken und attraktiven öffentlichen Personennahverkehr, sowie eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Stadt einsetzen, um den Autoverkehr nicht durch Gängeleien, sondern durch gute Ersatzangebote zu vermindern. Dazu gehört auch das Bewusstsein der Bevölkerung, über die verschiedenen Verkehrsarten hinweg, Rücksicht aufeinander zu nehmen und sich mit der Idee eines “entschleunigten” Stadtlebens zu identifizieren.

Wenn die bisherigen Maßnahmen des Luftreinhalteplans nicht ausreichen, um die EU-Grenzwerte einzuhalten, welche weitergehenden Maßnahmen zur Reduzierung von Feinstaub und Stickoxiden werden Sie umsetzen?

Das Feinstaub-Problem ist in Leipzig gewaltig. Sollte Leipzig im kommendem Jahr die Werte nicht einhalten können, drohen Strafzahlungen in Millionenhöhe. Der Beauftragte im Ministerium (LfUG) sprach von mindestens 20 Mio, was Leipzig schwer treffen würde.

Es wäre reine Spekulation davon auszugehen, dass die Maßnahmen aus dem Luftreinhalteplan nicht ausreichen würden, denn viele davon werden derzeit ja gar nicht umgesetzt. Auch hier mangelt es an der nötigen Konsequenz, und das zu Lasten der Bevölkerung. Im Grunde steht Leipzig ganz am Anfang, um das Problem in den Griff zu bekommen. Wir müssen also sehen, was in anderen Städten bereits an Maßnahmen erfolgreich erprobt wurde und diese schnellstens nach Leipzig “importieren”.

Befürworten Sie die Einführung einer City-Maut für Kfz zur Steuerung des motorisierten Individualverkehrs innerhalb des Mittleren Rings?

Das ist allenfalls eine mittelfristig zu überlegende Maßnahme in Verbindung mit einem umfassenden, in sich schlüssigen Verkehrskonzept. Eine solche Maßnahme kann ein Beitrag zur Finanzierung des ÖPNV und zur Verminderung des innerstädtischen Verkehrs sein. Es ist jedoch keinesfalls sicher, ob die Kosten zur Erhebung einer Maut nicht ihren Ertrag überschreiten.

Und solche einschneidenden Veränderungen müssen zuvor intensiv mit der Wissenschaft und den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden. Eine “City-Maut” wird von mir keinesfalls ohne eine positiv votierende Bürgerbefragung eingeführt.
Die Zahl der Privat-PKW hat in den letzten 20 Jahren in Leipzig massiv zugenommen. Vor allem die gründerzeitlichen Viertel können diese PKW-Massen nicht aufnehmen, seit Jahren wird daher das Falsch-Parken von Kfz am Fahrbahnrand, auf Radwegen und Gehwegen toleriert. Da Gehwege nicht für Fahrzeuge konzipiert sind, entstehen dadurch kontinuierlich Schäden an der Bausubstanz, die sich mittlerweile auf Millionenhöhe summieren. Zudem steigt die Gefährdung und der Frust der anderen Verkehrsteilnehmer/innen.

Wo sollen die Kfz in Zukunft parken und wie lösen Sie das Problem des weitverbreiteten Falsch-Parkens in den Wohngebieten?

Die derzeitige Situation ist insbesondere für Kinder gefährlich und daher nicht tragbar. Es gibt jedoch in der Sache keine Patentlösungen. Aus der Bürgerbefragung in Schleußig aus dem Jahre 2008 lassen sich einige Vorschläge ableiten. Diese müssten mit den Bürgern des jeweiligen Stadtteils noch einmal diskutiert werden. In Zusammenhang mit meinem Konzept für einen fahrscheinlosen Nahverkehr, wäre es bspw. für viele Schleußiger sicherlich reizvoll, ihr Fahrzeug z.B. in Plagwitz abzustellen oder ganz abzuschaffen. Eine konsequente Förderung von öffentlichem Nahverkehr, Fahrradnutzung und Carsharing wird auf mittlere Sicht zu einem geringeren Bestand an privaten KFZ führen, da bin ich sicher.

In jedem Falle muss das Parken und Fahren auf Gehwegen so schnell wie möglich beendet werden, gerade in Schleußig. Denn es kann nicht sein, dass die Fußwege so zugeparkt sind, dass man mit einem Kinderwagen nicht mehr vorbei und über die Straße kommt. Die Fußgänger stellen sich ja schließlich auch nicht mitten auf die Straße, um einen Nachbarschaftsplausch zu halten. Ich appelliere hier an die gegenseitige Rücksichtnahme! Ich halte es nicht wünschenswert, dass das Ordnungsamt in der Sache den “Gendarm” spielt.

Ist es Aufgabe der Stadt, ausreichend Parkplätze anzubieten oder sehen Sie Potential in der Reprivatisierung von Stellplätzen?

Eine Privatisierung erhöht die Kosten für die Nutzer und führt zu keiner Vermehrung der Parkflächen. Mir geht es vor allem darum, die Zahl der im öffentlichen Straßenraum parkenden Autos zu vermindern. Hier müssen wir an innovativen Lösungen arbeiten. Die Aufgabe der Stadt ist es nicht, ausreichend Parkplätze anzubieten, sondern ein Verkehrskonzept umzusetzen, das weniger Parkflächen notwendig macht, ohne die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger wesentlich einzuschränken. Andere Verkehrsarten müssen also aufgewertet werden, damit wir attraktivere Straßenzüge erhalten, indem bspw. anstelle von Blechkolonnen Raum für mehr Begrünungen entsteht.

Werden Sie sich dafür einsetzen, die geltende Rechtslage in Bezug auf Parkverbote stärker als bisher durchzusetzen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

Dazu bedarf es nur einer Anweisung an das Ordnungsamt, die Straßenverkehrsordnung auch in den betroffenen Stadtteilen konsequent umzusetzen. Ich bin kein Freund staatlicher Zwangsmaßnahmen, aber die Stadt hat in diesem Falle die Pflicht, die Gefährdung der schwächsten Verkehrsteilnehmer/-innen abzuwenden.

Ich bin aber zuversichtlich, dass sich nach der mir favorisierten Einführung eines fahrscheinlosen ÖPNV die Parksituation mittelfristig entspannen wird, sodass wir auf eine Aufstockung der Mitarbeiter/-innen des Ordnungsamtes in dieser Sache verzichten können.

Werden Sie Gehwegparker an den Kosten der Wiederherstellung der Gehwege beteiligen?

Wenn ersichtlich ist, wer mit seinem/ihrem Auto bspw. beim Einparken/Wenden etc. auf einem Gehweg das Kleinpflaster löst, dann kann der/die Autofahrer/-in zur Kasse gebeten werden. Das ist grob fahrlässige Zerstörung öffentlichen Eigentums und wird bereits heute so geahndet, auch wenn es in vielen Fällen keine Handhabe gibt.

Wie sehen Sie die gegenwärtigen Möglichkeiten zum Fahrradparken im Stadtgebiet außerhalb der wichtigen Zielorte und Zentren? Was soll sich in der Hinsicht in den nächsten 7 Jahren ändern? Warum?

Der “Leipziger Bügel” ist eine tolle Sache. Er ist ein Symbol dafür, dass Leipzig keine Auto- sondern eine Fahrradstadt ist. Die Zahl der Bügel nimmt ständig zu, und das ist gut. Die Errichtung sollte auch weiterhin gefördert werden. Zusätzlich sind von Seiten der Stadt vor allem neue Fahrradabstellmöglichkeiten im Bereich von Straßenbahn- und Bushaltestellen zur besseren Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger zu schaffen.

Befürworten Sie die dauerhafte Einrichtung von Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Straßenraum? Falls Ja: Wie und in welchem Umfang werden Sie dies ggf. umsetzen?

Im Zuge der beabsichtigten Stärkung der Stadtteile möchte ich die Quartiere selbst ermächtigen, dies den jeweiligen Bedürfnissen entsprechendd optimal zu gestalten. Gerade solche Maßnahmen sollten vor Ort und unter Einbezug der Anwohner/-innen umgesetzt werden.

Wenn Sie die Wahl haben, würden Sie lieber einen Kfz-Parkplatz einrichten oder 5 Fahrradbügel aufstellen?

Ich bin für die Fahrradbügel. Aber wir sollten nicht versuchen, die eine Verkehrsart zur anderen in Konkurrenz zu setzen, sondern sehen, dass diese unseren Bedürfnissen und Wünschen gemäß, ökologisch vertretbar ineinandergreifen.

Wieviel Prozent der Einnahmen, die die Stadt Leipzig aus der sog. Stellplatzablöse erzielt, werden Sie zur Verbesserung des ÖPNV sowie des Rad und Fußverkehrs einsetzen?

Der Haushalt wird grundsätzlich vom Stadtrat beschlossen. Sinn der Ablöse ist jedoch, dadurch den Autoverkehr zu veringern und so Parkplätze überflüssig zu machen. Von daher sollte auch der größte Teil der Ablöse in die Förderung des ÖPNV, des Rad- und des Fußverkehrs fließen.

Werden Sie die Parkgebühren im öffentlichen Raum im Zentrum weiter erhöhen?

Ich strebe die autofreie Innenstadt an. Bereits heute gibt es kaum noch öffentliche Parkplätze in der Innenstadt, hauptsächlich auf Privatgelände, in den Parkhäusern. Diesen Trend will ich fortsetzen.

Sollte es Ihrer Meinung nach eine Ausweitung des Anwohnerparkens geben?

Ja/nein. Einerseits schafft das Anwohnerparken Verlässlichkeit und geordnete Verhältnisse, andererseits müssen auch Gäste oder Anwohner/-innen parken können, die sich ein Auto nur zu Transportzwecken gemietet oder anderweitig besorgt haben. Auf den richtigen Mix und eine entsprechende Flächenverteilung kommt es an. In problematischen Stadtteilen reichen die Parkflächen ja schon für die Anwohner nicht aus. Hier müssen neue Lösungen gesucht werden.

Wenn wir es schaffen, den Autofahrer/-innen verlässliche Parklösungen anzubieten, können wir im Gegenzug auch verlangen, dafür einen kleinen Weg in Kauf zu nehmen.
Wie soll die Verteilung der Verkehrsarten nach den zurückgelegten Wegen (Modal Split) in Leipzig im Jahr 2020 aussehen? Wie wirken Sie darauf hin?

Ich möchte die Entwicklung hin zu einem deutlich höheren Anteil für den öffentlichen Verkehr (inklusive Car-Sharing) sowie Rad- und Fußverkehr. Ich werde die Weichen so stellen, dass eine lebenswertere Stadt für alle entsteht. Je weniger Autoverkehr, umso besser. Besonders wichtig ist hier die Weiterentwicklung des STEP “Verkehr und öffentlicher Raum”, welches im Jahr 2013 seine Konzeptphase durchläuft. Für den Fußgängerverkehr in Leipzig sollte eine punktuell stärkere Abstimmung mit der Bürgerschaft selbst stattfinden. So ist auffällig, dass in Leipzig wenige Zebrastreifen für Fußgänger/-innen zu finden sind. Zebrastreifen entschleunigen und betonen den Vorrang des Fußgängerverkehrs. In anderen Städten mit aufgeprägten Zebrastreifen fühlt man sich als Fußgänger/-in deutlich sicherer und die Autofahrer/-innen sind rücksichtsvoller und automatisch auch langsamer.

Auch die Anteile der anderen Verkehrsarten für die zukünftige Entwicklung der Stadt werden in der Phase 2013 abgestimmt. Ich sehe darin bis zur Verabschiedung im Jahr 2014 eine wesentliche Möglichkeit, als gewählter Oberbürgermeister alternative Verkehrsmittel zum Auto aufzuwerten und die Attraktivität der Stadt für den Fußgängerverkehr deutlich zu steigern.

Je höher der Fußverkehrsanteil, desto lebendiger wirkt eine Stadt. Der Anteil an allen Wegen, die in Leipzig zu Fuß zurückgelegt werden, beträgt nur noch 28 %. Gründe dafür sind neben einer permanenten Benachteiligung des Fußverkehrs z.B. an Ampeln u.a. weite Wege zum Einkaufen, kostenlose Parkplätze vor der Haustür sowie verschmälerte und zugestellte Gehwege.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit das Zufußgehen wieder attraktiver wird? Wenn Sie keine Maßnahmen ergreifen wollen: Warum nicht?

Eine zentrale Verkehrsmaßnahme mit Ausstrahlkraft auf alle Wege, auch um den Fußgängerverkehr zu erhöhen, wäre eben die Umsetzung des fahrscheinlosen ÖPNV, für den ich mich einsetze. Wenn die Erreichbarkeit der einzelnen Stadtteile durch Straßenbahn und Bus für alle bequem und attraktiv gewährleistet wird, sind die Menschen eher bereit, die kurzen Wege zu den Haltestellen zu Fuß zu überbrücken, anstatt für die gesamte Strecke ins Auto zu steigen.

Eine weitere Maßnahme ist die Stärkung der Stadtteile, zu der ich schon einige erste Schritte, wie die Aufwertung der Stadtbezirksbeiräte, das Einrichten von Bürgerbüros und das Aufstellen von Litfaßsäulen, vorgeschlagen habe. Entfaltet sich in den Vierteln und Quartieren das politische Leben, dann profitiert davon auch das Stadtbild, weil mehr Menschen ihre Nachbarn besuchen oder bürgerschaftliche Projekte für ihre Viertel umsetzen.

Die Einführung von mehr Zebrastreifen, die dem Fußverkehr den Vorrang einräumen, gilt es, wie gesagt, zu diskutieren. Gerade in den Wohngebieten und eng besiedelten Quartieren sollte das umstandslos möglich sein. Es würde auch den Durchgangsverkehr deutlich verschieben und damit allgemein die fußläufige Attraktivität erhöhen.
Grundsätzlich werde ich mich als Oberbürgermeister dafür einsetzen, den Verkehr zu vermeiden, wo es möglich ist. Mein Ziel ist, dass die in Leipzig lebenden Menschen möglichst viele alltägliche Bedürfnisse fußläufig erledigen können. Das fängt bei der Erledigung der Einkäufe an und hört auch noch nicht bei einem wohnortnahen Kitaplatz auf.

Werden Sie einen Fußverkehrsbeauftragten ernennen und ein Fußverkehrskonzept für die Stadt Leipzig entwickeln?

Der Fußgängerverkehr und die Sicherheit der Fußgänger/-innen im Stadtverkehr sollten unbedingt in der Verkehrsplanung von Morgen enthalten sein. Die bisherige, vereinzelte Umsetzung von Quartiersstraßen und die Entschleunigung des motorisierten Individualverkehrs in Wohngebieten sind zwar prinzipiell zu begrüßen, greifen aber an vielen Stellen zu kurz. Besonders für große Verkehrsknotenpunkte in der Innenstadt wurden nur wenige fußgänger- und radfahrerfreundliche Lösungen gefunden. Hier sollte gerade die Sicht der fußläufigen Verkehrsteilnehmer/-innen direkt mit in die Planung integriert werden.

Um das sicherzustellen, werde ich mich für ein Fußverkehrskonzept und einen Fußverkehrsbeauftragten einsetzen.

In einigen Städten (z.B. Freiburg) gibt es als eine eigene Haushaltsstelle eine “Fußverkehrspauschale”, durch welche sich kleinere Maßnahmen zur Förderung des Fußverkehrs oder zur Gefahrenabwehr kurzfristig und einfach umsetzen lassen (z.B. ohne dass der Bauausschuss zustimmen muss), wodurch auf viele Anregungen von Bürgern/innen schnell und unbürokratisch reagiert werden kann.

Würden Sie als OBM eine “Fußverkehrspauschale” in Leipzig einführen wollen? Welchen jährlichen Betrag pro Einwohner/in halten Sie hierbei für angemessen?

Ja, eine gute Idee. Ich würde mit 10 Cent pro Einwohner und Monat anfangen und dann evaluieren, wie viel Bedarf tatsächlich besteht und die Pauschale entsprechend anpassen.

Insbesondere ältere Leipziger/innen benennen Konflikte mit dem Radverkehr als Hauptproblem (48%) bezüglich der Fußweg-Qualitäten, gefolgt von Unebenheiten (16%) und Hindernissen (12%). Gleichzeitig zeichnet sich durch die rasante Zunahme an E-Bikes und Pedelecs und die damit einhergehenden höheren Radfahr-Geschwindigkeiten eine weitere Verschärfung der Problemlage bereits ab.

Welche Strategien zur Entflechtung von Rad- und Fußverkehr und zur Sicherung der Verkehrssicherheit würden Sie als OBM verfolgen? Welche Dringlichkeit würden Sie dieser Problematik zuordnen? Was wären anzustrebende “Meilensteine”?

Tatsächlich ist die subjektiv gefühlte Beeinträchtigung von Fußgängern durch vorbeifahrende Fahrradfahrer groß. Ich selbst kenne die Angst, etwa in der Fußgängerzone von einem schnell vorbeifahrenden Fahrradfahrer umgefahren zu werden, recht gut, gerade auch in Bezug auf die Kinder. Statistisch betrachtet, ist die Gefahr als Fußgänger von einem Fahrradfahrer angefahren zu werden jedoch relativ gering. Auch bewegen sich die durch solche Unfälle verursachten Schäden bis auf einige traurige Ausnahmen in einem eher niederschwelligen Bereich. Die neuen E-Bikes führen hier allerdings mit ihrer erhöhten Geschwindigkeit zu einer Veränderung der Gefahrensituation.

Ich befürworte nicht zuletzt deshalb gesonderte Fahrradstreifen, am besten direkt auf den Straßen und nicht auf Ebene der Fußwege. Letztlich kommt es im gemeinsamen Verkehr immer auf die gegenseitige Rücksichtnahme an, das gilt für alle Verkehrsteilnehmer/-innen, eben auch für die Radfahrer, insbesondere wenn sie aus Angst vor dem Autoverkehr auf die Fußwege ausweichen, weil noch nicht ausreichend eigene Verkehrswege ausgeschrieben sind.

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