Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nennt das 6-Punkte-Programm einen "Aufruf für mehr Demokratie". Ein Bündnis namens "Bürgermeister für Beteiligung" soll im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 geschmiedet werden. Das Vorhaben: "Im Bündnis rufen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Deutschland die Wählerinnen und Wähler auf, bei der Bundestagswahl am 22. September für Kandidaten zu stimmen, die sich glaubhaft für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung einsetzen". Der Leipziger Oberbürgermeister hat erstmal nicht unterschrieben.

Es ist ein ziemlicher Brocken, den da der BUND fertiggestellt hat. Unter Verweis auf Stuttgart 21 und weitere Großprojekte in Deutschland hat die Organisation die Worte “verpflichtend” und “verbindlich” vor die “Bürgerbeteiligung gesetzt und in sechs Punkten skizziert, wie sich diese Anforderungen umsetzen ließen. Im Kern geht es um eine frühzeitige, gesetzlich erforderliche Einbindung der Bürger bei den Planungen von Großprojekten und die Neuregelungen für die Notwendigkeiten von Bürgerentscheiden auf Kommunaler Ebene ebenso wie auf Landes- und Bundesebene. Kurz gesagt: Nicht von oben nach unten soll geplant, konzipiert und gebaut werden, sondern von unten nach oben.

“Unter anderem enthält das Programm die Forderung nach einer standardisierten und frühzeitigen Einbeziehung der Bürger in Form einer ergebnisoffenen Grundsatzanhörung. Der BUND erwartet hiervon eine Senkung der Planungskosten, da Fehlplanungen weniger wahrscheinlich würden”, so der BUND zum Vorhaben. In konkreten Beispielen wird dabei dargelegt, wie zum Beispiel Einspruchsfristen derzeit gehandhabt werden. Und warum es so den Bürgern eher erschwert, denn möglich gemacht wird, bei größeren Vorhaben frühzeitig mitzudenken und sich einzubringen.

So kritisiert die Umweltorganisation unter anderem die derzeitigen Möglichkeiten verbindliche Einsprüche binnen von zwei Wochen nach vier Wochen Einsichtnahmemöglichkeit in Planungsunterlagen zu nehmen und verweisen dabei unter anderem auf gesamt 62 Aktenordner zum Ausbau des Frankfurter Flughafens, welche dabei von Interessierten gesichtet werden mussten. Dies übersteigt auch mal schnell die Möglichkeiten von Initiativen, ohne Rechtsbeistand und damit oft hohen Kosten, ist eine Beteiligung an den Planung so kaum möglich.

Mit einer sogenannten Grundsatzanhörung sollen diese Probleme in den späteren Verfahrensschritten vermieden und eine frühzeitige Meinungsbildung verbessert werden.
Dass dazu Eingriffe in bestehende Gesetze nötig sind, ist auch dem BUND klar. So heißt es in der Mitteilung: “Konkret fordert der BUND die verbindliche Prüfung von ökologischen Alternativen bei Großprojekten, ein Transparenzgesetz zur Offenlegung behördlicher Planungsunterlagen sowie die Einführung eines bundesweiten Volksentscheides. Der Zeitpunkt kurz vor der Bundestagswahl wurde dabei bewusst gewählt” wie der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger zu verstehen gibt. Weiter heißt es seitens des BUND: “Bürgerbeteiligung muss in Deutschland verbindlicher geregelt werden. […] Bei der Bundestagswahl im September geht es auch darum, ob die Politik demokratischer und transparenter wird.” Gerade die Debatten um Großprojekte wie Stuttgart 21 und den Berliner Großflughafen hätten allen Beteiligten gezeigt, wo die Defizite aktueller Planungsverfahren liegen, so Weiger.

Vielleicht hat der Leipziger Oberbürgermeister ja an die gerade anlaufenden Überlegungen und eher leisen Planungen zum Ausbau des Elster-Saale-Kanals gedacht, als er sich der Vorwahlinitiative des BUND nicht anschloss?

Martin Hilbrecht, BUND-Vorsitzender in Leipzig jedenfalls ist eher konsterniert ob der Absage: “Unser Bürgermeister stellt sich nicht den Herausforderungen der Zeit. Burkhard Jung hat nicht erkannt, dass wir mehr Demokratie in Deutschland brauchen. Wer für BürgerInnen plant, muss mit BürgerInnen planen. Dass es der Oberbürgermeister mit Beteiligung und Transparenz nicht ernst meint, sieht man an diesem Beispiel.”

Auch beim “Ob” und nicht nur beim “Wie” eines Projektes sollten BürgerInnen nach Meinung des Leipziger BUND-Vorsitzenden mitreden können, prominente Beispiele für die Ergebnisse derzeitiger Planungsabläufe gäbe es genug. “Auch in Leipzig und den anstehenden Aufgaben ist eine umfassende Beteiligung Grundvoraussetzung für das Gelingen der Projekte”, so Hilbrecht.
Der KandidatInnen-Check des BUND: Der BUND hat im Vorfeld der Bundestagswahl rund 1.500 Kandidaten aller 299 Wahlkreise befragt. Dabei wurden die Meinungen der PolitikerInnen der sechs im Bundestag vertretenen Parteien zu wichtigen ökologischen Themen wie Energiewende, Massentierhaltung oder Bürgerbeteiligung erfragt.

Die Ergebnisse finden Sie unter
www.bund.net/kandidatencheck

Weitere Infos unter
www.bund.net/buergerbeteiligung

Link zum 6-Punkteplan des BUND für mehr Bürgerbeteiligung
www.bund.net | Buergerbeteiligung Sechs Punkte / PDF

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