Alles begann im November 2011, als Martin Dehli von der actori GmbH die Ergebnisse seiner Untersuchungen der Leipziger Eigenbetriebe Kultur vorstellte. Seitdem brodelt und blubbert die Diskussion um die Struktur der Eigenbetriebe. Gerade 2012 nutzten die Stadtratsfraktionen die Gelegenheit, mutige Vorschläge zu machen. Doch was wie ein Vulkan begann, entpuppte sich eher als ein Mäuse kreisender Berg. Findet zumindest die Grünen-Fraktion.

Denn als Martin Dehli 2011 seine Analyse vorstellte, stand für das Jahr 2015 ein Minus von 5,7 Millionen Euro in seiner Bilanz. So groß würde die Lücke in der Finanzierung der Leipziger Hochkultur sein, wenn die Stadt nicht noch mehr Geld für Oper, Gewandhaus, Schauspiel und Theater der Jungen Welt bereitstellen würde.

Dann wurde diskutiert, wurde auch die Schließung von Häusern und die Zusammenlegung von Sparten vorgeschlagen. Doch schon 2012 ließ Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) durchblicken, dass er für so radikale Wege nicht zu haben wäre. Entsprechend fiel dann auch der Stadtratsbeschluss vom 18. Juli 2012 aus, in dem dann zwei wichtige Dinge festgelegt wurden: Die Eigenbetriebe sollten Einsparpotenziale von 1,6 Millionen Euro erschließen. Und die zentrale Verwaltung von Oper, Gewandhaus und Schauspiel sollte zusammengelegt werden.

Dabei wurde der Oberbürgermeister beauftragt, bis zum 1. August 2015 die Gründung eines gemeinsamen Eigenbetriebes als Mehrspartenhaus unter Wahrung der künstlerischen Autonomie der einzelnen Häuser anzustreben.

Doch schon damals flammte die Diskussion darüber auf, ob diese “Generaldirektion” nicht sogar die künstlerische Eigenständigkeit und Qualität der Häuser gefährden würde. Eine Diskussion, die Burkhard Jung recht ernst nahm. In seiner Informationsvorlage, die am 12. Februar im Stadtrat behandelt wird, geht er auf das ganze Thema und die schon erzielten Spar-Beiträge ein. Die einzelnen Fusionsszenarien werden durchgespielt, zwei Fusionen wurden dann ernsthaft geprüft – die der Veraltung von Gewandhaus und Oper und die für Schauspiel und Oper. Einsparbetrag in beiden Fällen um die 1 Million Euro im Jahr.Aber die Grünen sind der Ansicht, dass trotz allem der Stadtratsbeschluss von Juli 2012 gilt. Und beantragen eine Änderung zur Vorlage. Ihr Änderungsvorschlag lautet: “In Abänderung des Beschlusses der Ratsversammlung Nr.RBV-1295/12 vom 18.07.2012 wird der Oberbürgermeister beauftragt bis zum Ende des I. Quartals 2015 einen Vorschlag zu einer gemeinsamen Verwaltungsdirektion und -struktur für die Eigenbetriebe Kultur des Gewandhauses, der Oper und des Schauspiels vorzulegen. Dieser vom Stadtrat zu bestätigende Vorschlag ist bis zum 01.07.2020 umzusetzen. Unberührt von der zentralen Verwaltung ist der Bestand und die künstlerische Autonomie der einzelnen Eigenbetriebe abzusichern.”

Der kulturpolitische Sprecher der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Wolfram Leuze, erläutert das Vorpreschen der Grünen so: “Nach dem Sächsischen Kulturraumgesetz ist die Kulturpflege eine Pflichtaufgabe für Leipzig. Die kulturelle Infrastruktur und ein attraktives kulturelles Angebot ist für Leipzig ein bedeutender Standortfaktor. Dieses Bekenntnis darf aber im Interesse eines Erhaltes der Vielfältigkeit und des Niveaus des Leipziger Kulturlebens nicht dazu führen, verkrustete Strukturen in der Organisation von Kulturbetrieben weiter zu pflegen und aufrecht zu erhalten. Insofern ist die für Mittwoch dem Stadtrat ausgehändigte Informationsvorlage außerordentlich unbefriedigend, wenn sie als Fazit einer beinahe zweijährigen Organisationsuntersuchung feststellt: Bis zum Jahre 2020 erfolgt keine Neustrukturierung der Eigenbetriebe Kultur.”

Immerhin geht auch die Informationsvorlage darauf ein, wieviele Strukturen in den drei großen Häusern nach wie vor parallel betrieben werden. Wenn nur jeweils zwei Häuser diese Funktionen verschmelzen, bleibt immer das dritte außen vor. Da müsse jetzt ein größerer Schritt getan werden, finden die Grünen.

Wolfram Leuze: “Mit diesem Stillstand ist weder den Kulturschaffenden, noch dem Leipziger Publikum, noch dem Kämmerer geholfen. Leipziger Kulturpolitik darf nicht unter dem Motto gestaltet werden: Berge kreisten, ein Mäuschen wurde geboren.”

Deshalb habe die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen den Änderungsantrag eingebracht, der unter anderem die Schaffung einer einheitlichen Verwaltungsdirektion der drei großen Leipziger Kultureigenbetriebe bis zum 1. August 2020 einfordert. Aber der Änderungsantrag der Grünen benennt auch den Widerspruch nach zwei Jahren Diskussion: “Die Ratsversammlung nimmt die Informationsvorlage mit dem Hinweis zur Kenntnis, dass der Inhalt und das Ergebnis nicht den Vorgaben der Ziff. 3 des RBV 1295/12 vom 18.07.2012 entspricht.”

Der Stadtratsbeschluss vom 18. Juli 2012: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/6250E3F205431D2CC1257A05002F3F8B/$FILE/V-ds-2229-bsdbl-rv-austausch-2.pdf

Die Informationsvorlage des OBM für den 12. Februar: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/DC795934F8308FE0C1257C40004F6579/$FILE/V-ds-3530-text.pdf

Der Änderungsantrag der Grünen als PDF zum download.

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