Infolge der Teilneuwahl zum Stadtrat im Wahlkreis 9 (Leipzig-Nord) vom 12. Oktober 2014 kam es zu deutlichen Ergebnisverschiebungen im gesamten Stadtgebiet, wobei der Leipziger Norden aufgrund gesunkener Wahlbeteiligung zwei Sitze verlor. Während die Teilneuwahl bei Grünen und Linken zu Mandatsverschiebungen in andere Wahlkreise führte, gewann die CDU ein Mandat hinzu, die SPD verlor eines. Betroffen vom Mandatsverlust waren - vorher schon absehbar - Hassan Soilihi Mzé (SPD) und Alrun Tauché (Grüne).

“Die von der Landesdirektion Leipzig angeordnete Teilneuwahl, gegen die ich bereits im Juli dieses Jahres Klage eingereicht habe, ist und bleibt falsch”, stellt Hassan Soilihi Mzé, SPD-Kandidat im Wahlkreis 3 (Leipzig-Südost) fest, der als Erster Klage eingereicht hatte.

Bei der ursprünglichen Wahl vom 25. Mai war im Wahlkreis 9 ein NPD-Bewerber angetreten, der aufgrund von Vorstrafen nicht an der Wahl hätte teilnehmen dürfen. Zwar wurde dieser Bewerber letztlich nicht gewählt, versammelte aber über anderthalbtausend Stimmen auf sich. Am 17. Juni ordnete die Landesdirektion als Rechtsaufsichtsbehörde für den Wahlkreis 9 eine Teilneuwahl an. Sie begründete diese umstrittene Entscheidung unter anderem damit, dass ihrer Meinung nach die Stimmen der NPD zum Großteil zur CDU gegangen wären, wäre die NPD von Anfang an mit keinem eigenen Wahlvorschlag angetreten.

“Die Anordnung der Neuwahl ist unverhältnismäßig. Die nachträgliche Streichung des Kandidaten hätte genügt, den Fehler zu heilen. Zudem war die Zulassung des Wahlvorschlages der NPD mangels Kenntnis von der fehlenden Wählbarkeit auch kein Wahlfehler”, erklärt Hassan Soilihi Mzé.

Letzteres sei mittlerweile sowohl der Landesdirektion als auch dem Sächsischen Innenministerium als deren unmittelbar vorgesetzter Behörde bewusst geworden. Trotzdem wurde an der Neuwahl festgehalten, um einen Gesichtsverlust der Landesdirektion zu vermeiden.
Trotz allem hat sich Soilihi Mzé in Absprache mit der zweiten Klägerin – der Grünen Alrun Tauché – entschlossen, seine Klage zurückzunehmen.

“Als ich im Juli gegen die Anordnung der Teilneuwahl Klage einreichte, habe ich das zum einen getan, um dem drohenden Wahlfrust entgegenzuwirken sowie der Stadt und den Parteien – und damit mittelbar wie unmittelbar dem Steuerzahler – Kosten zu sparen. Dieses Ziel kann nunmehr nicht länger verfolgt werden. Im Gegenteil: durch weiteres Festhalten an der Klage würde der politische und gesellschaftliche Schaden nur noch größer. Zum anderen habe ich geklagt, weil ich es unerträglich finde, dass die Bürgerinnen und Bürger für das Verhalten eines NPD-Springteufels bestraft werden”, so der SPD-Bewerber.

Die unverhältnismäßige Anordnung zur Teilneuwahl hat deutlichen Schaden hinterlassen. Der Demokratieverdruss – das zeigt die dramatisch gesunkene Wahlbeteiligung – wurde klar befördert, schätzt Hassan Soilihi Mzé ein. Auch die finanziellen Schäden sind enorm. So kostete der erneute Wahlkampf die Stadt ca. 40.000 Euro. Sichtbar werden die Auswirkungen, wenn man sich die zukünftige Vertretung des Leipziger Nordens im neuen Stadtrat anschaut: Von ursprünglich sieben Stadträtinnen und Stadträten werden jetzt nur noch fünf die Interessen der Leipzigerinnen und Leipziger des nördlichen Stadtbezirks vertreten.

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“Die Rücksprache mit verschiedenen Juristen ergab, dass das Hauptsacheverfahren am Ende wohl gewonnen werden würde. Einerseits, weil sich die Gerichte jetzt sehr gründlich mit den rechtlich-formalen Argumenten befassen würden. Andererseits, weil die massiven Folgen des Eingriffs der Landesdirektion nun unbestreitbar offen liegen”, sagt Hassan Soilihi Mzé. “Dennoch sehe ich in einem sich abzeichnenden, über mehrere Instanzen getriebenen Verwaltungsgerichtsprozess, der sich wohl über Jahre ziehen würde, keinen Mehrwert für die Interessen Leipzigs. Unsere Stadt braucht jetzt vor allem einen sich umgehend neu konstituierenden und arbeitsfähigen Stadtrat mit handlungsfähigen Mitgliedern, deren Entscheidungen nicht im Schwebezustand einer noch laufenden Anfechtung getroffen werden und damit selbst anfechtbar sind.”

Alrun Tauché zum Ergebnis der Teilneuwahl: “Das war eine sehr bittere Enttäuschung. Weil nicht wenige Wählerinnen und Wähler wollten, dass wir Grünen im Norden aktiv sind, unsere Themen und Konzepte voranbringen. Davon haben auch die zahlreichen Gespräche mit Bürgern und Initiativen, sei es zur Mobilität und Lärmschutz, Stadtentwicklung und Kultur gezeugt. Auch die Initiative, einen Frischemarkt auf dem Eutritzscher Markt zu etablieren, wurde von den Anwohnern und Geschäftsinhabern mit Wohlwollen begrüßt, während der Wahlkampfzeit mit Argwohn beobachtet und angefeindet. Die vielen Zuschriften des Bedauerns, die ich von den Bürgerinnen und Bürgern des Norden erhielt, haben gezeigt, dass die Enttäuschung zwar groß, ich aber mit meinen Konzepten und Themen ein richtiges Gespür für die Belange der Bürger hatte und habe. Denn auch der Wille der Wählerinnen und Wähler blieb bei diesem unsäglichen Procedere auf der Strecke.”

Sie betont: “Die Rücknahme der Klage erfolgte nicht aus Resignation, aber es musste abgewogen werden, ob man sich dem langwierigen Prozess der gerichtlichen Auseinandersetzung aussetzt, oder den Blick wieder nach vorn, auf neue Aufgaben richtet. Damit meine ich auch meine kommunalpolitischen Aktivitäten. Der neue Stadtrat soll endlich handlungsfähig werden und ich möchte diesen Prozess nicht behindern. Zurück bleibt allerdings das ungute Gefühl, wegen eines Nazis das Stadtratsmandat verloren zu haben.”

Und Soilihi Mzé: “Auch wenn meiner Partei und mir ein Mandat verlorengegangen ist, beeindruckt mich doch die Solidarität, die mir in den vergangenen Wochen bis heute sowohl aus der SPD als auch aus den anderen demokratischen Parteien Leipzigs entgegengebracht wurde. Das nehme ich unterm Strich sehr positiv aus diesem auch für mich persönlich außerordentlich ereignisreichen Wahljahr mit. Nicht zuletzt auch das hat mir meine Entscheidung mit Blick auf ein übergeordnetes Interesse erleichtert.”

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