Es gab schon viele heiße Debatten um die Friederikenstraße 37, doch schließlich kann das Malteserwerk als Betreiber nichts für die Umstände um den Verkauf der einst städtischen Immobilie. Zu Beginn grenzte daher Moderator Franz Hammer vom Kulturbüro Sachsen den Gegenstand der Veranstaltung ein. „Fragen, die Entscheidungen der Landesdirektion oder Kritik daran betreffen, haben heute leider keinen Platz, wir sind dafür die falschen Ansprechpartner.“ Statt dieser waren auf Einladung des Roten Sterns und einiger Kirchgemeinden Vertreter von Beratungsstellen und der zukünftige Heimleiter anwesend.

Tassilo Graf Wolff-Metternich stieß direkt vom Flughafen leicht verspätet zum Podium im Tanzhaus auf der Bornaischen Straße 120 hinzu. Somit oblag es Laura Thimm-Braun von der Refugee Law Clinic einen Überblick über das Asylverfahren zu geben und stellte anschließend die Arbeit der Refugee Law Clinic vor. Nach einjähriger Ausbildung in Kooperation mit der juristischen Fakultät und zwei Honorarprofessoren bereiten die Teilnehmer unter anderem die Asylbewerber auf Ihre Anhörung vor, die maßgeblich darüber entscheidet, welcher Status einem Asylbewerber zuerkannt wird. „Es ist wichtig, dass zu diesem Zeitpunkt jeder Flüchtling seine Rechte kennt“. Denn bürokratische Fallstricke, die einen berechtigten Aufenthaltstitel kosten könnten, gibt es genug. „Eine Beratung von Beginn des Asylverfahrens an ist daher wichtig, neben der Vorbereitung auf die Anhörung geht es dabei um das Lesen und Verstehen von Behördenbriefen.“

Ähnlich arbeitet im Leipziger Umland der Verein Bon Courage e.V., den Sandra Münch kurz vorstellte. Gerade in den oft dörflichen Strukturen der Wohnheime im Umland in die die Asylsuchenden weiter verteilt werden, käme es auf die Hilfe der Bevölkerung an. „Wir schicken teilweise Ratenzahlungsanträge wegen Schwarzfahrens, dabei hat nie irgendjemand den Menschen erklärt, dass sie ein Ticket lösen müssen.“ Wichtig sei aber auch bei Unsicherheiten an die entsprechenden Beratungsstellen zu verweisen, die es zum Beispiel in einer Broschüre des Vereins gesammelt gäbe. Auch für die Stadt gibt es eine solche Broschüre, das „Leipzig Infoheft“, von einer freien, selbst nicht bezeichneten, Gruppe.

Bon Courage veröffentlichte auch eine Broschüre mit Flüchtlingsgeschichten (10 Geschichten daraus sind auf L-IZ.de online nachzulesen), zu der Sandra Münch im Nachgang der Veranstaltung gegenüber L-IZ.de erläuterte: „Wir versuchen ein Bewusstsein zu schaffen, dass es um Menschen geht, die teils Schreckliches hinter sich haben. Die Diskussion auf Zahlen und Gelder zu beschränken ist unmenschlich.“

Sandra Münch von Bon Courage e.V. stellte wie zuvor Nora Trettin-Braun (l.) von Refugee Law Clinic Leipzig ihre Initiative vor. Foto: Sebastian Beyer
Sandra Münch von Bon Courage e.V. stellte wie zuvor Nora Trettin-Braun (l.) von Refugee Law Clinic Leipzig ihre Initiative vor. Foto: Sebastian Beyer

Noch aber leben keine Menschen in der Friederikenstraße 37, es wird dennoch bereits fleißig umgebaut. „Auch wir kennen den aktuellen Baufortschritt nicht aus eigenem Ansehen“, sagte Wolff-Metternich. Die Schlüsselübergabe sei für den 1. Juli, die Inbetriebnahme mit 340 Betten für den 1. August vorgesehen. Bei der vorherigen Vorstellung des Konzepts ging an einer Stelle ein leichtes Raunen durch den Saal des Tanzhauses an der Bornaischen Straße. Ein Sozialpädagoge solle sich um die Bewohner kümmern. „So lauten die Vorgaben der Landesdirektion aus der Ausschreibung“, erklärte der baldige Heimleiter etwas zerknirscht. „Wir streben aber eine zweite Kraft speziell für Kinder an, dabei müssen wir mit dem vorgegebenen Budget leben.“ Überhaupt waren die wenigen Reibungspunkte welche, für die das Malteserwerk nichts kann. Der Wachdienst zum Beispiel. Auch dieser wird nach der laufenden Ausschreibung von der Landesdirektion ausgewählt.

Eine Bürgerin fragte gezielt, was denn geschähe, würden sich Rechtsextreme unter den Wachleuten befinden, die, wie in anderen Städten, dann die Bewohner beim Zutritt drangsalierten. „Sobald wir so etwas hören, werden wir das vehement reklamieren, haben aber bei der Auswahl kein Mitspracherecht“. Auch hier ist also die Landesdirektion in der Verantwortung, vielleicht nicht den billigsten Anbieter zu wählen, sondern einen, der in der Vergangenheit nicht durch vorbestrafte Mitarbeiter auffiel.

Als Zuzünftiger Einrichtungsleiter in der Friederikenstraße 37 stellte Tassilo Graf Wolff-Metternich das Konzept des Malteserwerks vor. Foto: Sebastian Beyer
Als zukünftiger Einrichtungsleiter in der Friederikenstraße 37 stellte Tassilo Graf Wolff-Metternich das Konzept des Malteserwerks vor. Foto: Sebastian Beyer

Insgesamt aber überwogen die Hilfsangebote. Unterstützung bei der Sprachvermittlung für die zukünftigen Bewohner und die generelle Frage: „Wie kann ich helfen?“ interessierten die etwa 200 Anwesenden. Vielzählige Möglichkeiten eines ehrenamtlichen Engagements sind möglich, die Heimleitung stehe jedem Angebot offen gegenüber. Zunächst müsse aber aus Versicherungsgründen ein Ehrenamtlichen-Vertrag geschlossen werden. „Dann können Sie gerne Fußball- oder Tischtennisturniere organisieren, Malkurse oder erste Deutschkurse anbieten. Alles was Aktivität und Struktur in den Alltag bringt, ist unheimlich hilfreich nach teilweise aufreibender Flucht.“

So fleißig wie Tassilo Graf Wolff-Metternich anschließend Visitenkarten verteilte, wird er wohl von den Bürgern im Südraum etliche Mails lesen dürfen. Genauso gespannt wie auf die Angebote der Bürger dürften die anwesenden Stadträte auf die Eröffnung der Einrichtung sein. Dies waren Karsten Albrecht (CDU), Juliane Nagel, Margitta Hollick und Siegfried Schlegel (alle Die Linke) und Christopher Zenker (SPD).

Präsentationsfolie zum Konzept der Einrichtung Friederikenstraße 37 Foto: Sebastian Beyer
Foto: Sebastian Beyer

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