Eigentlich wünscht sich die Linksfraktion deutlich mehr als nur eine kommunale Richtlinie für Kunst am Bau bei kommunalen Bauvorhaben. Eigentlich will sie sogar mehr Macht für das Sachverständigenforum Kunst im öffentlichen Raum. Gibt es das überhaupt noch? Das Schweigen ist beredt. Denn worüber soll so eine Expertenrunde beraten, wenn keine öffentliche Kunst beauftragt wurde?

Das Gremium wurde 2008 eingerichtet, ist mit Vertretern aus der Kunst- und Museenszene, aus Verwaltung und Stadtrat besetzt. Die Voten sind nur beratend, sollen aber dem Stadtrat eine Orientierung bei Entscheidungen geben. Manchmal entscheidet das Gremium sehr eigenwillig – etwa als es um die Ablehnung der Wiedererrichtung des Luther-Melanchthon-Denkmals am Johannisplatz ging. Und die Verwaltung folgte blind.

Trotzdem will Mandy Gehrt, die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, das Gremium gestärkt sehen.

„Die letzte kommunale Initiative zur Realisierung von Kunst am Bau fand im Rahmen der Sanierung des soziokulturellen Zentrums ANKER in 2014 statt. Neben seltenen Wettbewerben für die Gestaltung öffentlicher Plätze befasst sich das Gremium daher zumeist mit Anfragen zu mehr oder weniger qualifizierten Ideen von Einzelpersonen, Vereinen oder Initiativen. Das Gremium kann also nur reagieren und kaum selbst agieren, selbst gestalten“, sagt sie. Und deutet damit eigentlich an, dass es in der bisherigen Form eher keinen Sinn macht. Es ist ja kein Ausschuss des Stadtrates, nicht mal eine eingesetzte Jury – wobei Leipzigs Politik ja auch schon bewiesen hat, dass man auch Jurys übertölpeln kann, wen man es richtig anstellt.

Aber wenn die Stadt sich wirklich entschließen sollte, Kunst am Bau wieder zur Regel zu machen, wird es ohne sachverständige Berater nicht gehen.

Kunst am Bau erfolgt vor allem über eine Selbstverpflichtung eines Bauherrn, einen gewissen Anteil (meist um die 1 bis 2 % ) der Baukosten für die Schaffung von Kunst am Bau zu verwenden. Bei städtischen Bauten ist logischerweise die Stadt der Bauherr. Der Antrag zielt also schlicht darauf, dass die Stadt auch endlich wieder Aufträge für Künstler ausreicht.

Der Freistaat Sachsen hat die Anwendung der Bundesrichtlinie in seiner Richtlinie für die Planung und Ausführung von Bauvorhaben des Freistaates Sachsen festgelegt. Darin steht: „Es gehört zu den Aufgaben des Freistaates, die zeitgenössische bildende Kunst zu fördern. Daher werden bei Großen Baumaßnahmen (GBM) in der Regel Leistungen an bildende Künstler vergeben, wenn Art, Zweck und Bedeutung der Baumaßnahmen dieses rechtfertigen.“ Weiter ist dort zu lesen: „Die für Kunst am Bau verfügbaren Mittel werden im Regelfall auf der Grundlage der Bauwertkosten […] ermittelt und zwar bei Bauwertkosten von 500.000 EUR mit 10.000 EUR (2 Prozent) [und bei ] Bauwertkosten von 25.000.000 EUR mit 100.000 EUR (0,4 Prozent).“

Die Landeshauptstadt Dresden hat bereits 1994 eine Richtlinie zu Kunst am Bau und im öffentlichen Raum beschlossen, die auch die Finanzierung von künstlerischen Vorhaben regelt. Auf dieser Grundlage werden in Dresden 2016 Wettbewerbe für drei Schulbauvorhaben durchgeführt.

„In Leipzig gibt es bisher weder eine kommunale Richtlinie für Kunst am Bau bei kommunalen Bauvorhaben noch eine kommunale Strategie für Kunst im öffentlichen Raum. Es existiert lediglich die ‚Durchführungsbestimmung Kunst im öffentlichen Raum‘“, stellt Mandy Gehrt fest. „Dadurch fehlt dem beratenden Sachverständigenforum Kunst im öffentlichen Raum sowohl bei Anfragen zur Realisierung von Einzelprojekten Dritter die Basis, um in einem gesamtstädtischen Kontext – im Rahmen einer Entwicklungsstrategie – entscheiden zu können, als auch die Mittel, um selbst Projekte innerhalb der Stadt strategisch zu befördern.“

Wobei eben die Frage steht: Ist das Sachverständigenforum das Gremium, das über solche Dinge entscheiden darf? Oder braucht es eine andere Form der Entscheidungsfindung?

Dass Leipzig seine Künstler am langen Arm verhungern lässt, ist schon länger Thema. Man schmückt sich gern mit ihnen, aber man schafft ihnen keinen Raum, in neuen öffentlichen Bauten in Erscheinung zu treten. Die sehen dann auch entsprechend kahl und funktional aus.

„Viele Künstler_innen, Kunstvereine und andere Akteure im Kunstbereich beklagen seit Jahren das Fehlen einer kommunalen Strategie und eines Budgets für Kunstprojekte im öffentlichen Raum und Kunst am Bau“, bilanziert die Linke-Stadträtin diesen Teil der freien Szene, der noch wesentlich weniger auffällt als etwa Musiker und Schauspieler. Und dabei hat Leipzig genug Künstlerinnen und Künstler, die Eindrucksvolles auch für öffentliche Räume schaffen könnten.

„Auch in Leipzig befinden sich viele Bauvorhaben in Planung, darunter zahlreiche Schulen. Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum würden die Ausstrahlung zum Beispiel dieser Bauvorhaben verstärken und auch regionalen Künstler_innen ein Betätigungsfeld schaffen. Außerdem sollten auch im Rahmen von städtischen Jubiläen Kunstprojekte im öffentlichen Raum eine größere Rolle spielen, da diese auf besondere Weise Diskurse eröffnen und andere Zielgruppen ansprechen können“, betont Mandy Gehrt.

Deswegen habe die Fraktion Die Linke den Antrag eingereicht, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, bis zum I. Quartal 2017 eine kommunale Richtlinie und Strategie „Kunst am Bau bei kommunalen Bauvorhaben und Kunst im öffentlichen Raum“ in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigenforum Kunst im öffentlichen Raum, dem Fachausschuss Kultur sowie den städtischen Akteuren im Bereich der Bildenden Kunst zu erarbeiten und bis zum IV. Quartal 2016 zu prüfen, bei welchen kommunalen Bauvorhaben ab 2017 Kunst am Bau geplant und realisiert werden kann.

Und da eine ehemalige Linke-Stadträtin jetzt Kulturbürgermeisterin ist, darf man gespannt sein, ob das eine zukunftsweisende Vorlage für die Leipziger Künstlerszene wird.

Der Antrag der Linksfraktion zur Kunst am Bau.

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Linksfraktion beantragt eine kommunale Richtlinie für Kunst am Bau

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