Es ist ja wertzuschätzen, dass Leipzigs Stadträtinnen und Stadträte möglichst überall dabeisein möchten, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden. So wie bei Entscheidungen zu Kunst am Bau und im öffentlichen Raum. Aber das kann auch schiefgehen, wenn dann ein neues Gremium geschaffen wird, das mit allen anderen Terminen in der Stadtratsarbeit kollidiert. Und das ist dem Beirat Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau in den letzten vier Jahren tatsächlich passiert.

Auch wenn das dann in der Stadtratsdebatte am 24. Januar so klang, als wäre das Kulturamt eher schuld daran, dass Stadträtinnen und Stadträte an den Sitzungen des Beirats nicht teilnehmen konnten.

Dabei hatte die Ratsversammlung – damals auf Antrag der CDU-Fraktion – extra beschlossen, aus dem vorher schon existierenden Sachverständigenforum Kunst im öffentlichen Raum einen regulären Beirat zu machen.

Der Unterschied ist der, dass in Beiräten des Stadtrats auch alle Fraktionen mit ihren Vertreter/-innen eingebunden sind. Doch ganz offensichtlich war genau dieser Beirat ein Beirat zu viel und die angesetzten Sitzungen des Beirats überschnitten sich regelmäßig mit Ausschuss- und Fraktionssitzungen, die – so SPD-Stadträtin Christina März – aus Sicht der entsandten Fraktionsvertreter meist höher gewichtet sind.

Zum Problem wird das eher in Fraktionen wie denen von SPD und CDU, die sowieso schon stärker belastet sind, wenn es um die Besetzung von Ausschüssen und Beiräten geht.

Immer wieder Terminüberschneidungen

Es gab also in den vier Jahren immer wieder Ärger über die Terminansetzungen, ohne dass dafür wirklich eine Lösung gefunden werden konnte. Was auch daran lag, dass natürlich auch die Fachleute, die die Stadt ja aus Expertensicht beraten sollen, terminlich gebunden werden müssen. Da kann man schon verstehen, dass das Kulturamt hier irgendwann an die Grenzen kam, alle Terminwünsche unter einen Hut zu bekommen.

Weshalb das Kulturdezernat jetzt vorschlug, den Beirat wieder aufzulösen und zurückzukehren zur Form eines Sachverständigenforums.

Denn nach wie vor geht es vor allem um die fachliche Beratung der Stadt, wenn es um Kunstobjekte im öffentlichen Raum oder die Ausstattung von Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden mit Kunst geht.

Wobei es gerade CDU-Stadträtin Andrea Niermann etwas anders sah. Für sie sind auch solche Urteilsbildungen über Kunst politisch. Da sollten die Stadtratsfraktionen also mit am Tisch sitzen, wenn man sich ein Urteil über öffentliche Kunstanschaffungen bildet. Sie wünschte sich am 24. Januar die Absetzung der Vorlage und die Beibehaltung des Beirats, obwohl es nun ausgerechnet der CDU-Fraktion sichtlich schwerfiel, die Beiratstermine wahrzunehmen.

Drei Ausschüsse sollen Vertreter entsenden

Etwas anders sahen das die Fraktionen von SPD und Freibeutern, die beide Änderungsanträge einbrachten, die auch die Entsendung von kompetenten Stadträtinnen und Stadträten in das Gremium vorsehen. Aber eben nicht aus jeder Fraktion, sondern gezielt aus den betroffenen Ausschüssen.

So wie es die SPD-Fraktion vorschlug: Neben zwei Vertreter/-innen des Fachausschusses Kultur noch eine/-n Vertreter/-in des Fachausschusses Stadtentwicklung und Bau und dazu eine/-n Vertreter/-in des Fachausschusses Jugend, Schule und Demokratie. Letzteres natürlich deshalb, damit auch die Ausstattung der Schulen mit Kunst von Stadtratsseite betrachtet werden kann.

Da gab es dann im Rededuell mit FDP-Stadtrat Sascha Matzke ein kleines Gefecht in Sachen Mathematik. Mit den zu wählende Vertretern aus den Ausschüssen kommt das Gremium dann auf 16 Mitglieder.

Es geht vor allem um fachliche Beratung

Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke verteidigte die Vorlage natürlich vehement, auch wenn sie die Bauchschmerzen aus der Ratsversammlung nur zu gut verstand. Aber es gehe nun einmal in erster Linie um fachliche Beratung für die Stadt, nicht um politische Entscheidungen.

Transparenter wolle man trotzdem arbeiten: Die Protokolle der Sitzungen sollen künftig im Ratsinformationssystem ALLRISS veröffentlicht werden, sodass auch die Fraktionen, die keinen Abgesandten im Sachverständigenforum haben, informiert darüber sind, was dort besprochen und entschieden wurde.

Eine Hürde gab es trotzdem noch: Da die (Rück-)Umwandlung des Beirats in ein Sachverständigenforum eine Änderung der Hauptsatzung bedeutet, musste nicht nur die einfache Mehrheit im Stadtrat gefunden werden, sondern die absolute. Das heißt: Von 70 amtierenden Stadträtinnen und Stadträten (plus OBM) mussten mindestens 36 für die Vorlage stimmen.

In diesem Fall die Vorlage des Kulturdezernats, in die Skadi Jennicke den gut begründeten SPD-Änderungsantrag mit übernommen hatte. Das schien am Ende doch noch einmal knapp zu werden. Das befürchtete auch OBM Burkhard Jung.

Aber die notwendige Mehrheit fand sich dann doch mit 38 Stimmen für die Veränderung, 15 dagegen und vier Ratsmitgliedern, die sich enthielten. Sodass Leipzig noch vor der Stadtratswahl wieder ein Sachverständigenforum Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau bekommt, über dessen Entscheidungsfindung man hoffentlich künftig mehr erfahren wird als in der Vergangenheit.

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