Unheimlich schwer tut sich Leipzigs Stadtverwaltung damit, den in Leipzig existierenden Wagenplätzen einen stabilen Status zu verschaffen. Mal kommt man ein bisschen entgegen, dann schickt man wieder das Räumkommando, mal macht man Pachtverträge, mal verweigert man sie. Eine einzige Eierei, die jetzt sogar der CDU-Fraktion im Stadtrat zu bunt geworden ist. Sie beantragt jetzt: Rechtssichere und anliegerverträgliche Lösungen für Wagenplätze.

Selbst bei der CDU findet man es seltsam, dass die Stadt sich immer wieder hinter einer fehlenden gesetzlichen Rahmensetzung versteckt und damit ihr Nicht-Handeln begründet. Dabei spricht selbst simples Ordnungsdenken dafür, dass man mit den Wagenleuten umgeht wie mit jedem anderen Pachtinteressenten – und verbindliche Verträge schließt. Gerade die ewigen Ausreden der Stadt, sie könne solche Wohnzustände nicht zum akzeptierten Tatbestand machen, erzählen eigentlich ziemlich deutlich, dass es den Stadtbediensteten vor allem darum geht, die Unsicherheit der Wagenleute als Dauerzustand zu erhalten. Denn wer keinen Vertrag hat, kann auch die Stadt nicht in die Pflicht nehmen.

Das Bild hat sich nach vielen Anfragen nun auch für die CDU deutlich geklärt.

„In der Antwort auf die Anfrage F-01456 zur Ratsversammlung am 17.06.2015 informierte die Stadtverwaltung darüber, dass bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Nutzungsverträge für Wagenplätze auf städtischen Grundstücken abgeschlossen wurden. Als Gründe dafür wurden neben städtebaulichen Problemen auch benannt: ‚uneinheitliche und sich verändernde Ansprechpartner auf den Wagenplätzen‘ sowie ‚bisher keine dauerhaften, juristischen Strukturen der Wagenleute‘“, stellt die CDU-Fraktion jetzt in ihrem Antrag fest, mit dem sie die Beendigung genau dieses Zustands fordert. Denn wenn beide Seiten wollen, geht das auch. „Mit der DS-02399 wurde nunmehr der erste Mietvertrag dieser Art vorgelegt. Diese wurde mit einem eingetragenen Verein, der durch eine namentlich benannte natürliche Person vertreten wird, abgeschlossen. Der Vertrag beinhaltet u. a. die Zahlung eines monatlichen Mietzinses, Auflagen zur Ver- und Entsorgung, zur Art und Weise des Heizens, zum Brandschutz und zur Erfüllung der Meldepflicht durch alle Bewohner.“

Die Nutzer des Platzes gehen also eine ganze Reihe von Verpflichtungen ein, die für Landnutzer in Leipzig die Regel sind. Sie müssen aber auch Restriktionen befürchten, wenn sie bestimmte Auflagen nicht einhalten: „Des Weiteren kann die Stadt den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen (z.B. bei nachweislich ruhestörendem Lärm, bei nicht ordnungsgemäßer Entsorgung von Abfall und Abwasser sowie bei ungenehmigten baulichen Veränderungen). – Natürlich kommt es nun darauf an, dass die Erfüllung aller Auflagen und Vertragspflichten auch kontrolliert wird und dass die Stadt bei schwerwiegenden Verstößen auch tatsächlich von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch macht“, nimmt die CDU-Fraktion dazu Stellung. „Unter dieser Maßgabe ist einzuschätzen, dass der rechtsfreie Raum Wagenplatz Jahrtausendfeld der Vergangenheit angehört und dass die Zeit diffuser Duldungszustände zu Ende geht, zugunsten rechtssicherer Lösungen.“

Wer A sagt, müsse nun auch B sagen und den anderen geduldeten Wagenplätzen dieselben Konditionen bieten, findet die CDU. Alles andere hat auch mit Ordnungspolitik nichts zu tun: „In diesem Sinne sind nunmehr für alle andern Wagenplätze, derzeitige wie auch künftig entstehende, die städtebaulich vertretbar sind und deren Fläche nicht zur Erfüllung kommunaler Aufgaben benötigt wird, vergleichbare Mietverträge abzuschließen.“

Die Einschränkung überliest man natürlich nicht. Aber in einer Stadt, die immer neue Bauplätze für Kitas, Schulen und andere soziale Infrastrukturen braucht, kann es bei neuen Wagenplätzen tatsächlich nur um Flächen gehen, die auf diese Weise nicht dringend gebraucht werden. Ein Streitfall im Frühjahr war ja der Wagenplatz Focke 80, den die Stadt vorerst duldet – sich aber das Recht offen ließ, auf einem Teil des Geländes an der Fockestraße vielleicht eine Schule zu bauen.

Wie sich die CDU-Fraktion das Prozedere vorstellt, hat sie für den Beschlussantrag einmal durchdekliniert:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für diejenigen Wagenplätze auf städtischen Grundstücken,
– die noch nicht über Mietverträge verfügen,
– deren Fläche nicht zur Erfüllung städtischer Aufgaben benötigt wird,
– und auf denen diese Nutzungsform städtebaulich vertretbar ist,
Mietverträge nach dem Muster des Vertrags mit Wildwuchs e.V. (DS-02399) abzuschließen.

Diese Verträge beinhalten insbesondere
– ein angemessenes Nutzungsentgelt;
-Auflagen
zur ordnungsgemäßen Versorgung mit Energie und Wasser,
zur ordnungsgemäßen Entsorgung von Abwasser und Abfall,
zu umwelt- und anliegerverträglichen Heizungsformen,
zum Brandschutz,
zur Erfüllung der Meldepflicht durch alle Bewohner;
-ein Sonderkündigungsrecht der Stadt u.a. bei nachweislich ruhestörendem Lärm, bei nicht ordnungsgemäßer Entsorgung von Abfall und Abwasser und bei ungenehmigten baulichen Veränderungen.

Gleiches gilt auch für künftig neu entstehende Wagenplätze.

Das wäre zumindest mal ein Rahmen für diese besondere Wohnform, die in den üblichen deutschen Baugesetzen einfach nicht vorkommt, die aber viele Großstadtbewohner als echte Alternative zum Mieten oder dem Kauf von Immobilien betrachten. Selbst die CDU sieht heute, dass man sich dem mit bürokratischen Ausreden nicht länger verweigern kann.

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