Am Beispiel Katholikentag hat Leipzig eigentlich durchexerziert, wie man Tourismusförderung nicht macht. Die Stadt hat 1 Million Euro hingegeben, damit ein publikumsträchtiges Ereignis stattfindet, das sowieso in Leipzig stattgefunden hätte, weil Leipzig eine attraktive Stadt ist. Aber in Sachen Tourismus tut Leipzigs Verwaltung immer noch so, als wäre Leipzig ein Aschenputtel, um das alle Welt einen Bogen macht.

Aufwendig werden gewaltige Werbekampagnen gefahren, um lauter Einzelereignisse überregional zu bewerben, die extra Bus-Kolonnen in die Stadt spülen sollen. Obwohl jede einzelne Umfrage unter Leipzig-Gästen zeigt: Die Leute kommen nicht wegen einzelner Ereignisse, sondern wegen der Stadt selbst, die in den letzten 15 Jahren wieder einen Ruf bekommen hat als Sehenswürdigkeit.

Und das liegt auch daran, dass die Leipziger im Lauf der Jahre nicht nur den Gründerzeitbestand wieder hübsch gemacht haben und attraktive Neubauten die gemütliche Innenstadt ergänzen. Die Stadt hat auch richtig viel Geld in touristische Infrastrukturen gesteckt.

Was man einfach vergisst, wenn regelmäßig das Gejammer über den „fehlenden“ Wassertourismus einsetzt.

Aber selbst die gekauften Gutachten zum „Wassertourismus“ haben Zahlen zur Grundlage, die allesamt belegen, dass es im mitteldeutschen Revier einen Tourismus gibt, der alles andere mitzieht: Das ist der Städtetourismus. Wer in Leipzig mehrere Tage verbringt, der will ein kompaktes und reiches Stadtgefühl. Und bekommt es mit einer bunten und dichten Gastronomieszene, mit dem Tourismus-Magneten Nr. 1, dem Zoo, mit so viel Kultur auf engstem Raum, wie sie auch keine andere deutsche Großstadt zu bieten hat – mit Musik, Theater, Kabarett, Kunst, Museen.

Ehrlich?

Keine andere Stadt hat im Lauf der letzten 25 Jahre so viel Geld in touristische Infrastrukturen investiert wie Leipzig.

Eigentlich ist es jetzt an der Zeit, die Leipzig-Besucher ein klein wenig an diesen Kosten zu beteiligen. Denn die meisten dieser Infrastrukturen sind naturgemäß Zuschussgeschäfte – von den immer wieder kritisierten Theaterhäusern bis zu den Museen.

Aber Fakt ist auch: Wenn Leipzig nicht so eine kompakte Mischung vorhält, verliert es seinen guten Ruf, dass man hier auch dann etwas erleben kann, wenn nicht gerade Bachfest, Wave Gotik Treffen oder Weihnachtsmarkt ist.

Trotzdem hat der sehr vorsichtige Vorstoß der SPD-Fraktion, in Leipzig eine Gästetaxe einzuführen, in den einschlägigen Empörungsmedien wieder einen Sturm der Wasserspritzer ausgelöst. Und das, obwohl die SPD sehr genau erklärt hat, worin sich ihr Vorstoß von dem Antrag der Linksfraktion, eine Bettensteuer zu erheben, unterscheidet.

„Niemand will einfach nur Gäste abkassieren. Uns geht es vielmehr um eine faire Beteiligung aller an der Unterhaltung von Einrichtungen wie Oper, Gewandhaus oder Zoo. Diese Einrichtungen werden eben auch von vielen Touristen gern genutzt“, betont SPD Fraktionsvize Heiko Oßwald und bittet um eine Versachlichung der Debatte. „Warum sollen dann die Leipziger Bürger alleine die finanziellen Lasten dafür tragen?“, fragt Heiko Oßwald und begründet damit den Vorstoß seiner Fraktion, eine Gästetaxe in Leipzig einzuführen.“

Das Peinliche an der Debatte ist: Dieselben Kombattanten, die sich jetzt über den SPD-Antrag empören, schimpfen beim nächsten Mal über die (zu) hohen Zuschüsse der Stadt für ihre großen Theater- und Musikhäuser. Können diese Leute nicht rechnen?

Warum kommen die Anträge jetzt?

Nachdem im September der Sächsische Landtag das Sächsische Kommunalabgabengesetz geändert hat, kann eine Kommune neben der klassischen Bettensteuer nun auch eine Gästetaxe erheben. Nachdem mit Urteil des OVG Bautzen vom 06.10.2016 die Beherbergungssteuersatzung der Stadt Dresden weitestgehend für rechtmäßig erklärt wurde, fordert die Fraktion Die Linke im Stadtrat zu Leipzig die Einführung einer Beherbergungssteuer für touristische Übernachtungen nach Dresdner Vorbild.

In seiner Septembersitzung hat der Sächsische Landtag das Sächsische Kommunalabgabengesetz entsprechend geändert. Künftig können alle Kommunen die eine touristische Infrastruktur unterhalten, eine Gästetaxe (§ 34 SächsKAG) und eine Tourismusabgabe (§ 35 SächsKAG) erheben.

Der Nachteil der Tourismusabgabe

Während die Tourismusabgabe von Unternehmen erhoben wird, die vom Tourismus profitieren, werden die Gästetaxe und die Beherbergungssteuer vom Gast erhoben, der pro Übernachtung zahlt. Gästetaxe und Tourismusabgabe sind als kommunale Sonderabgaben nur zweckgebunden zur Deckung für Aufwendungen im Tourismusbereich zu verwenden, während die Beherbergungssteuer als kommunale Aufwandssteuer in den allgemeinen Haushalt fließt. Die Beherbergungssteuer darf nur für private Übernachtungen erhoben werden. Daher müssen die Beherbergungsbetriebe in teils aufwendigen Verfahren ihre Gäste abfragen, ob diese aus privaten oder dienstlichen Gründen übernachten. Die Gästetaxe darf auf alle Übernachtungen erhoben werden.

Bei Gästetaxe und Tourismusabgabe muss die Kommune aus Gründen der Transparenz eine Kalkulation erstellen, um nachzuweisen, in welcher Höhe ihr tatsächlich Aufwendungen für den Tourismus entstanden sind.

Was ist der Fehler an der Bettensteuer?

Heiko Oßwald: „Die Bettensteuer, oder auch Beherbergungssteuer genannt, darf nur für private Übernachtungen erhoben werden. Die Beherbergungsbetriebe müssen in teils aufwendigen Verfahren bei ihren Gästen abfragen, ob diese aus privaten oder dienstlichen Gründen übernachten. Wir haben uns daher ganz bewusst für die Gästetaxe entschieden, da diese auf alle Übernachtungen erhoben werden darf und die Hotels oder Pensionen hier eben  kein umfangreiches Erhebungsverfahren durchführen müssen.“

Vorteil der Gästetaxe

Aufwendige Kontrollen der Kommune, wer dienstlich oder privat übernachtet, entfallen somit und das Einnahmeaufkommen fällt dadurch auch höher aus. Allerdings dürfen die über eine Gästetaxe eingenommenen Gelder nur zweckgebunden für touristischen Aufwand der Kommune verwendet werden. Darin eingeschlossen ist die Finanzierung einer sogenannten Gästecard, die Touristen einen ermäßigten Eintritt beispielsweise bei kulturellen Einrichtungen oder die verbilligte Nutzung des ÖPNV ermöglichen würde.

„Durch die Zweckbindung der Gästetaxe für touristische Aufwendungen der Stadt erhöht sich aus unserer Sicht die Akzeptanz dieser Abgabe bei Gästen und touristischen Einrichtungen. Wenn sich die betroffenen Verbände wie Dehoga, IHK und LTM bei der Gestaltung einer ansprechenden Gästecard einbringen, könnte das sogar die Attraktivität Leipzigs für Übernachtungsgäste erhöhen. Eine Gästetaxe wäre eine echte Chance, die touristische Infrastruktur auszubauen und den Tourismus in Leipzig weiter zu fördern“, betont Heiko Oßwald.

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