Ja, was war es nun: eine Spende, eine gesponserte Repräsentationsveranstaltung? So recht klar ist es auch nach dem LVZ-Artikel am Mittwoch, 22. Februar, nicht, was da den Mitarbeitern des Leipziger Finanzdezernats in der Weihnachtszeit Gutes getan wurde. Sie haben Weihnachten gefeiert. Aber auf besondere Art: Mit freundlichen Gaben der Rubin 42 GmbH.

Das ist eine Vermietungsgesellschaft mit Sitz in der Reichsstraße, mit derselben Adresse wie die Leipziger Stadtbau AG. Die ist bekannt als emsiger Immobilienentwickler in Leipzig – Stichworte: Hotel de Pologne, Hotel am Brühl, Gelände am Bayerischen Bahnhof. Und irgendwie war es so, dass sie der unter Raumnot leidenden Stadtverwaltung 2016 ganz kurzfristig helfen konnte, als die dringend neue Büros suchte – unter anderem für Mitarbeiter der im Finanzdezernat angesiedelten Stadtkasse. Die schnelle Unterkunft war gleich gegenüber vom Neuen Rathaus gefunden: in der Otto-Schill-Straße 2. Augenscheinlich konnte auch bald eingezogen werden, die Mitarbeiter arbeiteten quasi auf einer Baustelle, denn das Haus wurde auch als neues Willkommenszentrum hergerichtet.

Da sei dann die von Rubin 42 gesponserte Weihnachtsfeier so eine Art Dankeschön gewesen, erklärt nun Finanzbürgermeister Torsten Bonew in der LVZ: „Unsere Stadtkasse ist bereits im vergangenen Jahr bei laufenden Umbauarbeiten in das Gebäude umgezogen. Für das Verständnis und die Geduld unserer Mitarbeiter wollte sich der Vermieter bedanken und spendierte deshalb am 15. Dezember Glühwein und Stollen. Von den 220 Dezernatsmitarbeitern waren etwa 190 gekommen.“

Nur: Das ist als Geschenk, Zuwendung oder Spende – egal wie man es nennen mag – nicht wirklich Usus.

Der Posten von 942 Euro, die diese kleine Weihnachtsfeier kostete, tauchte dann im jüngsten Bericht der Stadtverwaltung „Entscheidung über die Annahme von Spenden, Schenkungen der Stadt Leipzig und ähnliche Zuwendungen gem. § 73 (5) SächsGemO bis Dezember 2016“ kurzzeitig auf. Ein Bericht, den die Öffentlichkeit nicht zu sehen bekommt, was dann Leipzigs Datenschutzbeauftragter Thomas Schultz via LVZ damit begründet, dass die Namen von Spendern nicht dauerhaft im Internet auftauchen sollen.

Was zumindest Sinn macht, wenn es um die vielen persönlichen Spenden der Leipziger geht: Baumspenden, Spenden für soziale Zwecke oder an Museen beispielsweise. Man gibt in der Regel aus freiem Herzen, will aber nicht unbedingt dann in aller Öffentlichkeit dafür Ruhm ernten. Die Spenden selbst haben keine persönlichen Zwecke, sollen auch keine Vorteile bringen. Deswegen gibt es seit einiger Zeit regelmäßige Spendenauflistungen für die Ratsfraktionen, damit das gewählte Gremium der Stadträte einsehen kann, was alles an die Stadt gespendet wurde und ob es mit rechten Dingen zugeht.

Da fallen dann solche Fälle wie die Zuwendung im Wert von 974 Euro an das Dezernat Finanzen auf.

Die später wieder gestrichen wurde, weil es – so Bonew – keine Spende war.

Aber für die Grünen-Fraktion fangen an dieser Stelle erst die Fragen an.

„Mit seinem gestrigen Schritt in die Öffentlichkeit, geht Finanzbürgermeister Torsten Bonew in die richtige Richtung. Bei der geschilderten Annahme von Geldern für die Ausrichtung einer Repräsentationsveranstaltung des Finanzdezernates handelt es sich dennoch um einen klaren Verstoß gegen geltende Vorschriften im Öffentlichen Dienst und Dienstanweisungen der Stadt Leipzig“, sagte am Mittwoch, 22. Februar, Dr. Nicole Lakowa, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Verstärkt werde dieser Verstoß noch dadurch, dass die Gelder von einem großen privaten Immobilienentwickler stammen.

„Zu dieser in Leipzig sehr aktiven Immobilienfirma bestehen vielfältige Beziehungen. Hier scheint die Unkenntnis oder gar das Übergehen geltender Vorschriften von Seiten des Finanzbürgermeisters unbegreiflich und stellen kein Kavaliersdelikt dar“, sagt Lakova. Immerhin ist es nicht nur die Otto-Schill-Straße 2, wo die Stadt nun auf einmal Mieter einer Firma aus der Reichsstraße ist. In für die Stadt wichtigen Arealen steckt man seit Jahren in langwierigen und für die Stadt ganz und gar nicht einfachen Abstimmungsprozessen – man denke nur an das Entwicklungsareal am Bayerischen Bahnhof oder das Grundstück für die geplante Markthalle an der Grünewaldstraße.

Eigentlich Gründe genug für eine Stadtverwaltung, Distanz und Unabhängigkeit zu wahren.

Mittlerweile ist der Eintrag aus der Spendenliste verschwunden. Dazu gebe es seit kurzer Zeit sehr kritische Gespräche zwischen Dezernat, Rechnungsprüfungsausschuss und einigen damit befassten Stadtratsmitgliedern, berichten die Grünen. Das habe dann am Ende zu einer Korrektur der entsprechenden Vorlage zur Information über Spenden geführt. Der Schwere des Vorstoßes angemessen, habe die Befassung der Gremien im Stadtrat auch dazu geführt, dass sich das mittlerweile auch zuständige Personalamt mit diesem Vorgang befasst. Der Antikorruptionsbeauftragte der Stadt sei ebenfalls eingeschaltet.

„Der Verwaltung selbst obliegt es nun, diesen Vorgang rasch aufzuarbeiten und die Verantwortungen herauszuarbeiten. Welche endgültigen Konsequenzen diese Aufarbeitung am Ende haben wird, bleibt abzuwarten“, sagt Dr. Nicole Lakowa. Denn allzu gut kommt diese gut versorgte Weihnachtsfeier nicht an, wenn die Wahl des Leipziger Finanzbürgermeisters so kurz bevorsteht. Lakova zur anstehenden Aufarbeitung des Vorgangs: „Unter den Teppich gekehrt werden oder im Sande verlaufen darf dies nicht. Es muss, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden, eine transparente Aufarbeitung erfolgen.“

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