Die Büchse ist geöffnet, die Diskussion beginnt wieder von vorn. Nachdem Oberbürgermeister Burkhard Jung via LVZ vorpreschte und gleich mal den Matthäikirchhof als möglichen Denkmalstandort ins Gespräch brachte, gibt es auch wieder diverse Vorschläge, was man eigentlich hinstellen könnte. Aus dem Bundestag meldete Dr. Thomas Feist schon mal volle Unterstützung. Und ein SPD-Kandidat hat einen einprägsamen Vorschlag.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Volker Kauder, habe wohl versichert, dass es nach der Bundestagswahl weiter Unterstützung für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal gebe, meldete der Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Feist.

„Dass Leipzig im Blick der Fraktionsführung geblieben ist, freut mich für meine Stadt“, betonte er. „Es liegt nun an der Stadt, sich des Themas anzunehmen. Ich bin der CDU-Stadtratsfraktion dankbar, die sich im Haushalt sichtbar dafür eingesetzt hat, dass die Stadt das Denkmal auch planen kann. Der Bund steht ausdrücklich zu seiner Zusage der Ko-Finanzierung.“

Noch weiß ja niemand, wie es aussehen könnte und ob die Stiftung Friedliche Revolution einen erfolgreichen Neustart hinbekommt, nachdem Burkhard Jung der Stiftung quasi den Hut aufgesetzt hat für die neue Wettbewerbsrunde.

In der „Bürgerumfrage 2015“ hatten die Leipzig zu einem „Erinnerungsort“ für die Friedliche Revolution eher eine geteilte Meinung. Die Gruppe derer, die einen solchen Ort für nicht so notwendig hielten, war etwas größer als die Befürwortergruppe.

Zu den Befürwortern zählt Dr. Jens Katzek, Bundestagskandidat der SPD für den Wahlkreis Leipzig-Süd. Aber wenn schon, dann in einer unverwechselbaren Gestalt.

Im Juli 2014 hat der Stadtrat das Wettbewerbsverfahren beendet, das auf einem Beschluss des Deutschen Bundestages von 2007 beruhte. Die geplanten Mittel sind in den Bundeshaushalt zurückgeführt worden. Nach 10 Jahren ist in den letzten Monaten wieder Bewegung in die Diskussion in Leipzig und Berlin gekommen.

In Berlin gibt es ja bekanntlich mehr Geld für das geplante Denkmal.

Für Dr. Jens Katzek Anlass, sich in die Diskussion in Leipzig einzubringen: „Eine Freiheitsstatue ist für mich das passende Symbol für die Friedliche Revolution 1989, die in Leipzig ihren Anfang nahm. Die 10-jährige Diskussion und zum Teil abgehobene Projektideen haben leider viel von dem Schwung und der Begeisterung für dieses Thema weggenommen. Wenn wir nicht wie beim Völkerschlachtdenkmal erst 100 Jahre vergehen lassen wollen, dann ist der vom Oberbürgermeister vorgeschlagene Ansatz richtig, stärker in der Stadtgesellschaft miteinander ins zu Gespräch kommen und eine solche Entscheidung nicht nur den Fachgremien zu überlassen.“

Bildhaft müsse so ein Denkmal schon sein. Was liegt da näher, als auf eine der bekanntesten Ikonen zurückzugreifen?

„Und“, so Jens Katzek, „hier sollten wir groß denken. So wie es die Ideengeber des Völkerschlachtdenkmals damals auch taten. Meine Haltung ist deshalb: Wir brauchen die Freiheitsstatue für Leipzig! Eine solche Statue würdigt den Einsatz der Menschen von 1989, zeigt unseren Respekt als Stadtgesellschaft vor dem Mut und der Leistung der Akteure damals – und es inspiriert, auch in Zukunft für die Freiheit des Einzelnen einzustehen.“

Aber wo stellt man so ein imposantes Bauwerk hin? Immerhin ist die Statue 46 Meter hoch, mit Sockel sogar 93 – das ist die Dimension des Völkerschlachtdenkmals, das 91 Meter erreicht. Das Hotel The Westin erreicht 95 Meter. Mächtig gewaltig, würde Egon Olsen sagen.

Und unverhofft erinnert man sich da an ein Bild des Leipziger Malers Wolfgang Mattheuer von 1973, mit dem er nachträglich seine Vision des Prager Frühlings gemalt hat. Es heißt „Hinter den sieben Bergen“ und hängt im Museum der bildenden Künste. Es zeigt eine Freiheit, die an die Freiheit in Eugène Delacroix’ Bild „Die Freiheit führt das Volk“ erinnert, doch statt einer Trikolore und eines Karabiners hält sie völlig friedliche Attribute in der Hand: Luftballons und einen Blumenstrauß, einen Frühlingsblumenstraße.

Das wäre dann tatsächlich eine Leipzig-Anspielung für Leute, die wissen, wo Leipzigs Friedliche Revolution ihre Wurzeln hat. Dietulf Sander hat den Ursprung des Motivs bis in die Jahre 1969/1970 zurückgeführt. Und auf Mattheuers Tagebuchnotiz vom September 1968: „Hinter den sieben Bergen spielt die Freiheit. / Hinfahren sollte man. / Sehen müßte man’s / mit eigenen Augen, das Schöne / die Freiheit spielt mit bunten Luftballons. / Und andere fahren hin / mit Panzern und Kanonen – / um nachzuschaun. / Und die Freiheit spielt nicht mehr am Himmel: / dort schiebt der Wind die Wolken.“

Wobei bei Sander auch der Begriff „fata morgana“ fällt. Aber es wäre schon was: Die Mattheuersche Freiheit als großes Denk-Mal in Leipzig. Eins, das auch daran erinnert, wie flüchtig sie sein kann, wenn die Menschen doch wieder vergessen, dass das so schwer Errungene ganz leicht wieder verloren gehen kann.

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Keine Kommentare bisher

Freiheitsstatue in Leipzig – wohin? Die New Yorker steht ja direkt am Hafen, wo sie alle sehen, die da hinkommen. Wo würden denn die Leute, die nach Leipzig kommen, sie sehen? Mit dem Schiff kommen sie ja eher nicht, auch kaum mit dem Flugzeug. Also müsste sie eher in der Nähe einer Autobahnabfahrt stehen, z. B. Leipzig-West, auf dem Bienitz. Da könnte man sie schön von weitem sehen…

😉

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