LZ/Ausgabe 47Noch nie hat in Sachsen bei den Bundestagswahlen seit 1990 eine andere Partei als die CDU oder mit wenigen Ausnahmen die SPD ein Direktmandat gewonnen. Auch 2017 könnte den Christdemokraten wie bereits 2013 in allen 16 sächsischen Wahlkreisen ein Durchmarsch gelingen, da die Sozialdemokraten noch immer im Freistaat besonders schlecht aufgestellt sind. Vor allem aber zeigen die 12,5 Prozent der SPD bei den zurückliegenden Landtagswahlen 2014: die Sachsen wählen eher noch linke Kandidaten, was die Linkspartei mit 18,9 Prozent zur zweitstärksten Kraft machte.

Auch bei den Bundestagwahlen 2009 und 2013 konnte die Leipziger Linke mit dem parteilosen Kandidaten Mike Nagler zweimal einen Achtungserfolg erzielen, als der SPD-Kandidat und Ex-OBM Wolfgang Tiefensee mit dem dritten Platz bei den Erstimmen Vorlieb nehmen musste. Der Abstand zum Gewinner Thomas Feist, der im eher linken Leipziger SĂĽden wenig ĂĽberraschend nie die besten Direktwahlergebnisse in Sachsen fĂĽr die CDU einfuhr, betrug 2013 weniger als 10 Prozent und 2009 sogar nur 3,5 Prozent.

Bei den Landtagswahlen 2014 gelang der Linkspartei mit dem Gewinn des Direktmandats durch Juliane Nagel im Leipziger Süden dann sogar ein echter Paukenschlag; das linke Lager im parteipolitischen Spektrum von rot-rot-grün konnte sich einigen und verhalf ihr gegen den CDU-Kandidaten zu einem deutlichen Sieg. Auf eine ähnliche Überraschung hofft die Linke nun offenbar auch am 24. September mit ihrem Kandidaten Sören Pellmann.

Der Vorsitzende der linken Stadtratsfraktion gilt als politisch erfahren und leistet seit Monaten einen lautstarken Wahlkampf mit rotem Bär und einer Termineflut im gesamten Wahlkreis. Unstrittig dürfte das linke Lager in den insgesamt 31 Ortsteilen bei über 50 Prozent so oder so erneut deutlich stärker als die CDU abschneiden. Der CDU-Kandidat kann also, wie bei den vorangegangenen Wahlen, nur darauf hoffen, dass sich Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen erneut wechselseitig bei den Erststimmen „kannibalisieren“. Eine Konstellation, die meist schon bei knapp über 30 Prozent Erststimmen für einen erneuten Einzug in den Bundestag reicht.

Pellmann versucht nun genau diesen Effekt im Schlussspurt des Wahlkampfes zu thematisieren. Unter dem Slogan „Siehst Du auch schwarz?“ versuchen jetzt Pellmann und seine Unterstützer mit einer speziellen Karten- und Plakataktion auf diese brisante Konstellation aufmerksam zu machen. Eine klassische Erststimmenkampagne, die weniger die CDU selbst, sondern das rot-rot-grüne Spektrum im Wahlkreis ansprechen soll.

Dass der CDU-Kandidat die Herausforderung augenscheinlich sehr ernst nimmt, zeigt nicht zuletzt die enorme Anzahl von Plakatwänden im Wahlkreis. Auf das Ergebnis im Wahlkreis Leipzig II (153) vor allem bei der Erststimmenauswertung darf man jedenfalls sehr gespannt sein. In jedem Fall handelt es sich wohl um das interessanteste Duell der anstehenden Bundestagswahlen am 24. September 2017 in den Leipziger Wahlkreisen 152 und 153.

Dort im Leipziger Norden wiederum kann sich Jens Lehmann wohl auf einen sicheren Bundestagseinzug freuen. Für gewöhnlich gilt die CDU-Direktkandidatur über die Erststimme hier als eine sichere Bank. Sie brachte Lehmanns Vorgängerin Bettina Kudla acht Jahre Bundestag und stets Ergebnisse über 40 Prozent ein.

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Ein Blitzlicht in einen drögen Wahlkampf, in dem alle ungelösten Probleme unter den Tisch gelächelt werden

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