In der Ratsversammlung am 24. Oktober ging es ja mächtig drüber und drunter. „Alles schon Wahlkampf“, schätzt FDP-Stadtrat Sven Morlok das ein, was dann beim Kampf um die LVB-Zukunft passierte. CDU und Linke hatten sich augenscheinlich abgesprochen. Beide Fraktionen votierten dafür, die Fahrpreise für zwei Jahre einzufrieren. Und außerdem – was noch gravierender ist – die 5 Millionen Euro aus dem LVV-Darlehen nicht für LVB-Investitionen zurückzulegen, sondern für Schulen und Kitas zu nutzen.

Was dann die Fraktionen von Freibeutern, Grünen und SPD dazu brachte, nach einem Weg zu suchen, wie man wenigstens schon mal die Planungen für die kommenden Baumaßnahmen mit den LVB finanzieren könnte. Gemeinsam beantragen die drei Fraktionen Investmittel von 1 Million Euro jährlich. Aber wirklich groß bauen kann man davon noch nicht.

Was der Ökolöwe nun kritisiert: „Für den öffentlichen Nahverkehr braucht es in den kommenden beiden Jahren eine Investitionsoffensive. Die Haushaltsmittel für Investitionen sind auf 10 Millionen Euro zu erhöhen. Nur so kann die Stadt neben der LVB ihren Teil der Hausaufgaben im ÖPNV erledigen.“

Denn im September hatte der Stadtrat ja erst das Nachhaltigkeitsszenario für den Verkehr beschlossen. Bis 2030 müssen damit vor allem ÖPNV-Projekte von 1 Milliarde Euro Gesamtumfang gebaut werden. Bis 2022 müssen dafür zumindest die Planungen stehen, obwohl selbst OBM Burkhard Jung so einen Investitionsstau im Jahr 2023 fürchtet. Eigentlich müsste schon vorher angefangen werden. Und das braucht ungefähr die jährliche Grundsumme, die der Ökolöwe benannt hat.

Man wird das Gefühl nicht los, dass ein Teil des Stadtrates noch nicht wirklich ahnt, was da an Investitionszwängen auf Leipzig zukommt.

Und der Ökolöwe hat auch in die anderen Verkehrsbereiche geschaut – und ist entsetzt.

„Für Radverkehrsförderung sind lediglich 5 Euro pro Einwohner und Jahr festgehalten. Die vom Stadtrat im September einstimmig beschlossene Mobilitätsstrategie erfordert hingegen 11,40 Euro pro Einwohner und Jahr für den Radverkehr. Die vom Stadtrat beauftragte Kaufprämie für Lastenräder ist ebenfalls nicht im Haushalt abgebildet“, kritisiert der Ökolöwe.

Gerade beim Radverkehr kleckert die Stadt seit Jahren. Die Radverkehrsplanung ist überfällig. Und selbst Radverbindungen, die vom Stadtrat längst beschlossen wurden, werden seit Jahren nicht gebaut.

Die Grünen haben zwar keinen Extra-Antrag zum Radwegekonzept gestellt, aber sie wollen, dass der seit Ewigkeiten geplante Radweg an der Schönauer Straße endlich gebaut wird und die Radförderung des Freistaats endlich genutzt wird.

„Mit dem Beschluss zum Bau der Radverkehrsanlage entlang der Schönauer Landstraße (Vorlage 5508) konnten nun endlich – nachdem in den Vorjahren aufgrund der Förderpraxis des LaSuV ein Mittelabruf gar nicht möglich war – für 2019 Fördermittel in diesem PSP-Element gebunden und die geplante Förderquote ungefähr erreicht werden.

Mit der angekündigten Vorlage zur Radnetzplanung (Vorlage 5155) müssen Mittel vorhanden sein, um diese dann auch umzusetzen. Damit die Fördermittel auch in 2020 und folgende Jahre abgerufen und sinnvoll (im Sinne der dann vorliegenden umfassenden Planung) investiert werden können, bedarf es entsprechender Personal- und Sachmittel“, beantragen die Grünen.

Die übrigens auch 500.000 Euro für Fußwege-Sofortmaßnahmen beantragen. Noch so ein dicker Posten. Aber Leipzig hat ja inzwischen auch einen Fußwegebeauftragten, der sich darum kümmern soll, dass sich die Konfliktstellen für Fußgänger vermindern. Aber wie soll er das machen, wenn er kein sofort einsetzbares Budget hat?

„Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist der Auffassung, dass der Fußverkehrsbeauftragte auch in die Lage versetzt werden muss, mit der Umsetzung kleinerer Sofortmaßnahmen für Fußgänger*innen auf unangemessene und nachteilige Situationen kurzfristig reagieren zu können“, schreiben die Grünen in ihrem Antrag.

„Für die Fußgänger*innen unangemessene und nachteilige Situationen können sich z. B. aus fehlenden Durchwegungen und Verbindungstreppen/-rampen, fehlenden Gehwegnasen oder plötzlich endenden Fußgängerwegen ergeben. Ziel muss es sein, für Fußgänger*innen die Möglichkeit zu schaffen, sich in unserer Stadt einfach und sicher von A nach B, auf möglichst kurzem Wege, zu bewegen.“

Was der Ökolöwe aus seiner Sicht ergänzt: „Die Sicherheit von Leipzigs Fußgängerinnen und Fußgängern erfordert ein eigenes Zebrastreifen-Programm, für das die Ökolöwen 250.000 Euro pro Jahr veranschlagen.“

Und noch etwas liegt dem Ökolöwen am Herzen, denn damit, dass Carsharing-Fahrzeuge einfach überall im Straßenraum abgestellt werden, ist der Umweltverband gar nicht so glücklich. Selbst teilAuto hat ja schon vermeldet, dass im Sinn von Verkehrsvermeidung stationsgebundene Leihautos viel wirksamer sind.

„Die Einrichtung wohnortnaher Carsharing-Stationen im öffentlichen Straßenraum fehlt komplett im Haushaltsplan“, stellt nun der Ökolöwe fest. „Wenn 2019 nur 60.000 Euro eingestellt werden, könnten im nächsten Jahr durch den lokalen Carsharing-Anbieter 60 Stationen sofort in Betrieb genommen werden. Das Stationskonzept liegt seit längerem vor.“

Was – so komprimiert gelesen – schon bedenklich klingt: Da rühmt sich Leipzigs Verwaltung zwar ständig, dass sie die umweltfreundlichen Verkehrsarten vorantreiben will. Wenn es aber dann in der Haushaltsplanung konkret wird, fehlen die wichtigsten Posten. Da muss man sich nicht wirklich darüber wundern, dass sich am Verkehrsverhalten der Leipziger nicht viel ändert.

Der Stadtrat tagt: Keine LVB-Preiserhöhungen in den nächsten beiden Jahren + Video

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