Manchmal hat man ja das Gefühl, auch in Leipzigs CDU-Fraktion säßen ein paar besorgte Bürger. So wie Andrea Niermann, die sich regelrecht erschrocken zeigte, als es Meldungen aus Hannover gab, dort werde man eine geschlechterneutrale Sprache in der Verwaltung einführen. Sie stellte eine Anfrage an Leipzigs Verwaltung, ob die auch dergleichen plane. Die Antwort fiel kurz und knapp aus.

„Die Stadt Hannover hat die sogenannte ‚geschlechtergerechte Sprache‘ für ihre Verwaltung eingeführt und sich über das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung hinweggesetzt“, schrieb die besorgte CDU-Stadträtin in ihrer Anfrage. „In der Grammatik der deutschen Sprache hat das grammatische Geschlecht, das Genus, nichts mit dem natürlichen Geschlecht, dem Sexus, zu tun. Indem die Stadt Hannover beides gleichsetzt, verabschiedet sie sich von der deutschen Rechtschreibung und verstößt damit bewusst gegen § 23 Abs. 1 VwVfG, wonach die Amtssprache Deutsch ist. Meine Frage: Kann ausgeschlossen werden, dass für die Leipziger Stadtverwaltung eine ‚geschlechtergerechte Sprache‘ – möglicherweise sogar nach Hannoveraner Vorbild – eingeführt wird?”

Das kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, denn es könnte ja auch der Stadtrat sein, der so etwas beschließt.

Aber der hat sich mit dem Thema auch schon mal beschäftigt. Das ist lange her. Und die Stadtverwaltung entwickelte daraufhin ein Formblatt, in dem für alle Mitarbeiter beschrieben wird, wie man in Anschreiben und Anträgen mit geschlechtergerechter Sprache umgeht.

Eigentlich müsste es heißen: geschlechtersensibler Sprache. Denn dass heute so bunt durcheinander gegendert wird, hat ja nichts damit zu tun, dass irgendjemand die besorgten Bürger zu bunten Hühnern machen will, sondern damit, dass auch und gerade Verwaltungen bei der Ansprache ihre Bürger in der Vergangenheit oft überhaupt nicht sensibel waren. Selbst da, wo die weiblichen Wortformen und Anreden eigentlich angeraten gewesen wären, wurde oft genug in männlicher Anrede drauflosgepoltert. Selbst die Duden-Redaktion hat sich mit dem Thema mehrfach und intensiv beschäftigt und kam im Grunde zum selben Ergebnis wie Leipzigs Stadtverwaltung.

Für die hat jetzt das Dezernat Allgemeine Verwaltung geantwortet. Die Übereinstimmung ist nämlich nicht zufällig.

„Die Stadtverwaltung Leipzig orientiert sich an den Vorgaben für Schriftsprache im Duden. Seit 2005 ist die Verwendung von ‚geschlechtergerechter Sprache‘ bei der Stadtverwaltung Leipzig durch die Herausgabe des Leitfadens ‚Geschlechtergerechte Sprache in der Stadtverwaltung Leipzig – Hinweise und Empfehlungen‘ geregelt (als Umsetzung vom Ratsbeschluss Nr. III/2166). Die Verwendung des sogenannten ‚Binnen-I‘ und des ‚Gendersterns‘ ist demnach nicht vorgesehen.“

„Ratsbeschluss Nr. III/2166“ bedeutet, dass es der dritte seit 1990 gewählte Stadtrat war, der sich mit diesem Thema beschäftigte. Dieser Stadtrat war von 1999 bis 2004 tätig.

Und bleibt es nun dabei? Wenn der Stadtrat nichts anderes beschließt, dann ja. Das Verwaltungsdezernat dazu: „Die Stadtverwaltung Leipzig handelt gemäß der jeweilig geltenden gesetzlichen Vorgaben. Sollten bezüglich der Fragestellung andere rechtliche Vorgaben gelten, wird die Stadtverwaltung Leipzig diese entsprechend umsetzen.“

Der Leitfaden.

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