So richtig gefiel CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski die Wahlbeteiligung zum Jugendparlament nicht. „Trotz aufwendiger Kampagne hat die Wahlbeteiligung bei der Jugendparlamentswahl erneut die 10%-Marke nicht erreicht“, schreibt er in einer Stadtratsanfrage dazu. „Offensichtlich gibt es ein generelles Akzeptanzproblem bei denen, deren Interessen das Jugendparlament eigentlich vertreten soll.“

Und so ganz grundlos fragte er ja auch nicht. Denn es ist bei den jungen Leuten ja genauso wie den älteren: Zur Wahl geht man dann, wenn einen die Themen interessieren und man sich davon wenigstens ein bisschen politische Wirkung verspricht.

Maciejewski: „Das Wahlergebnis deutet auch auf eine unterschiedliche Akzeptanz in den einzelnen Stadtbezirken hin. Während Mitte und Südwest jeweils vier der insgesamt 20 Jugendparlamentarier stellt, sind drei Stadtbezirke mit nur einem Jugendparlamentarier vertreten. West/Grünau, der Stadtbezirk mit der höchsten Jugendquote in Leipzig, hat überhaupt keinen Vertreter im Jugendparlament. Vor der Beschlussfassung zur Einrichtung des Jugendparlaments im Jahr 2014 wurde unter anderem darüber diskutiert, ob das JuPa-Wahlrecht auf Jugendliche beschränkt oder auch auf ohnehin schon wahlberechtigte Volljährige bis zum 21. Lebensjahr erstreckt werden sollte. Gerade vor diesem Hintergrund ist m.E. auch die Wahlbeteiligung in den einzelnen Altersgruppen zu beleuchten.“

Aber genau so eine detaillierte Erfassung sei nicht möglich, teilt der Oberbürgermeister selbst jetzt in seiner Antwort mit: „Statistische Auswertungen zur Wahlbeteiligung sind bei der Jugendparlamentswahl im Gegensatz zu Parlaments- oder Kommunalwahlen grundsätzlich nicht möglich. Die Jugendparlamentswahl wird als reine Online-Wahl durchgeführt. Verfahrensbedingt stehen keinerlei Informationen zur Verfügung, die eine Auswertung der Wahlbeteiligung nach Altersgruppen oder nach Stadtbezirken zulassen.“

Das heißt: Die jungen Leute in Grünau können durchaus auch die Kandidat/-innen in Mitte oder Südwest gewählt haben, wenn ihnen deren Programm gefallen hat oder der Auftritt.

Ergebnisse der Wahlen zum Leipziger Jugendparlament. Grafik: Stadt Leipzig
Ergebnisse der Wahlen zum Leipziger Jugendparlament. Grafik: Stadt Leipzig

Andererseits konnte die Wahlbeteiligung 2019 schon deutlich gesteigert werden, wie der OBM feststellt: „Das Ergebnis einer höheren Wahlbeteiligung von 7,7 % ist als Erfolg der intensiven Bemühungen des Jugendparlaments zur Steigerung des Bekanntheitsgrads zu werten und zu würdigen. Ein ‚generelles Akzeptanzproblem‘ wird seitens der Stadtverwaltung nicht erkannt. Vergleichszahlen von Jugendparlaments- oder Jugendratswahlen aus anderen Kommunen (z. B. Wuppertal Wahlbeteiligung 2018 8,01 %, 2015 4,16 %, 2013 3,6 % oder Wiesbaden 2018: 8,5 %) zeigen eine ähnliche Situation wie in Leipzig.“

Und bedenken sollte man vielleicht auch, dass das politische Interesse und die Bereitschaft, sich politisch zu engagieren, ja im Jugendalter erst wächst. Es gibt die hochinvolvierten und sehr aktiven Jugendlichen, die auch schon wissen, was sie erreichen wollen. Und es gibt natürlich auch viele, die sich eben noch gar nicht für Politik und Parlamentsarbeit interessieren. Und natürlich fällt auf, dass gerade Gymnasiasten deutlich aktiver sind, denn auch Stadtpolitik erfordert erst einmal eine Menge Zeit, um sich in Themen einzuarbeiten, und ein bisschen mehr als nur „find ich toll“ oder „ist doch cool“.

Vielleicht überschätzen ja altgediente Parlamentarier den „sex appeal“ politischer Arbeit. Wer sich wirklich ernsthaft politisch beschäftigt, bindet sich eine ganze Menge Zeit und Arbeit ans Bein. So gesehen ist ein Jugendparlament auch eine echte Herausforderung.

Wobei natürlich Maciejewskis Frage berechtigt ist: Kann man die Beteiligung erhöhen? Könnte man da etwas besser machen?

Ja, stimmt ihm der OBM zu: „Um den Wahlzeitraum der Jugendparlamentswahl eher bewerben zu können, ist eine frühzeitigere Information des Stadtrats zu empfehlen (Beispiel: Wahl 2021 im Frühjahr, Information des Stadtrats im Herbst 2020). Dadurch vergrößert sich das Zeitfenster für Öffentlichkeitsarbeit und Projektdurchführung zur Jugendparlamentswahl. Die Verwaltungsführung unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit und wird dieses Engagement fortführen. Darüber hinaus könnten die Fraktionsvertreter des Jugendbeirats zur Bewerbung der Jugendparlamentswahl stärker eingebunden werden.“

Man kann also durchaus noch ein bisschen mehr machen, um die jungen Leipziger zum Mitmachen zu bewegen und damit auch den von ihnen Gewählten den Rücken zu stärken.

Leipziger Zeitung: Wo ein Wille ist … zwei Wahlen stehen vor der Tür

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