Wahlen kosten Geld. Das ist vielen Wählern gar nicht bewusst. Nicht nur die antretenden Parteien und Kandidat/-innen müssen Geld ausgeben, um genügend Werbung für sich und ihre Anliegen zu machen. Auch die Kommune hat Kosten. Und zwar nicht unerhebliche. Das Dezernat Allgemeine Verwaltung rechnet jetzt mal vor, was so eine Oberbürgermeisterwahl in Leipzig kostet.

Das tut das Dezernat nicht ganz zufällig. Denn einige Mehrkosten für diese Wahl, deren erster Wahlgang am 2. Februar 2020 stattfindet, wurden im Haushaltsplan der Stadt noch nicht berücksichtigt. Und seit der letzten Oberbürgermeisterwahl 2013 hat sich auch bei den Wählern so einiges verändert. Eigentlich ja zum Positiven. Aber auch das kostet Geld.

„Für die Oberbürgermeisterwahl 2020 sind im Haushalt Aufwendungen für einen Wahlgang in Höhe von 355.000 Euro eingestellt. Die Höhe dieser Aufwendungen orientiert sich am hälftigen IST der Aufwendungen der OBM-Wahl 2013“, stellt das Dezernat fest. Das hätte wohl so nicht passieren dürfen. Denn: „Seit 2013 kam es aus unterschiedlichen Gründen zu deutlichen Kostensteigerungen für Wahlen.“

Und diese Gründe waren ja nicht nur offensichtlich. Sie spielten ja auch schon zu den Kommunalwahlen im Mai und den Landtagswahlen im September eine Rolle.

„Die Zahl der Wahlberechtigten stieg von 435.500 auf 470.000 Personen, was sich unmittelbar auf Druck- und Portokosten auswirkt (Stimmzettel, Wahlbenachrichtigung)“, kann das Verwaltungsdezernat feststellen. Was ja direkt mit dem Wachstum der Bevölkerung von 531.000 auf derzeit knapp 598.000 zu tun hat.

Und gleichzeitig hat sich bei den letzten Wahlen auch das nächste Phänomen schon abgezeichnet: Immer mehr Wähler nutzen die Gelegenheit, per Brief zu wählen. „Das Briefwahlaufkommen wird deutlich steigen (auf geschätzt 90.000 Anträge zum 1. Wahlgang und 100.000 Anträge zum 2. Wahlgang). Gemäß § 14 Abs. 10 KomWO erhalten diejenigen Wahlberechtigten, die für den 1. Wahlgang einen Wahlschein erhalten haben, von Amts wegen zum 2. Wahlgang wiederum Wahlscheine. Daher ist das Briefwahlaufkommen beim 2. Wahlgang erwartungsgemäß besonders hoch. Das wirkt sich unmittelbar auf Druck- und Portokosten aus.“

Und das auch für Wahlen und Statistik zuständige Dezernat weist dabei auch auf die letzten Wahlen hin: „Zur Europa-/Kommunalwahl 2019 haben 78.300 Personen Briefwahlunterlagen beantragt. Das ist im Unterschied zu 2014 fast eine Verdopplung (39.700 Personen). Zur Landtagswahl 2019 werden 90.000 Briefwahlanträge erwartet (Stand zwei Wochen vor der Wahl), 2014 waren es noch 45.839.“

Und wenn mehr Wahlberechtigte in einer Stadt leben, müssen logischerweise auch mehr Wahllokale als 2013 bereitgestellt und besetzt werden. Auch das kostet. „Die Zahl der Wahlbezirke wird deutlich steigen (von 283 auf ca. 350 allgemeine Wahlbezirke und von 82 auf ca. 110 Briefwahlbezirke), was eine entsprechend höhere Zahl an ehrenamtlich tätigen Wahlhelfern erfordert und auch höhere Transport- und Mietkosten (bei Fremdobjekten) nach sich zieht.“

Und dann gab es ja auch noch zwischendurch den Beschluss, die Freiwilligen ein bisschen besser zu entschädigen: „Die Wahlhelferentschädigungssatzung wurde 2019 mit etwas höheren Entschädigungsbeträgen neu beschlossen. Zudem erhalten städtische Bedienstete ebenfalls das Erfrischungsgeld (zusätzlich zum freien Tag). Dies führt zu Kostensteigerungen.“

Und zwar – nach Berechnung des Dezernats Allgemeine Verwaltung – 470.950 Euro. Und zwar nur für den ersten Wahlgang am 2. Februar, den die Verwaltung jetzt insgesamt mit 825.950 Euro kalkuliert. Wirklich schon im Haushalt eingestellt waren bislang nur 355.000 Euro.

Der 2. Wahlgang, der unter Garantie kommen wird, wurde überhaupt noch nicht mit einem Budget untersetzt. Der wird noch einmal 552.300 Euro kosten – abzüglich der Wahlscheinvordrucke, die schon 2019 bezahlt werden, 533.300 Euro. Dass der zweite Wahlgang überhaupt noch nicht mitbedacht war, verblüfft schon.

Aus Erstattungskosten für die Landtags- und Europawahl 2019 rechnet das Dezernat noch mit mit Erstattungen von 119.550 Euro (2019) und 262.800 Euro (2020), die zumindest teilweise gegengerechnet werden können. Wie genau, das beschreibt die Vorlage nicht.

Nach Rechnung des Dezernats bleiben erst einmal 239.600 Euro, die im Jahr 2019 noch als außerplanmäßige Ausgabe zu Buche schlagen und 290.350 Euro im Haushaltsjahr 2020. Was aber beides nur Zusatzkosten für den 1. Wahlgang sind.

Beim zweiten Wahlgang bleibt der komplette Kostenblock stehen, denn irgendwie hat man in der Verwaltung nicht damit gerechnet, dass es zu einem zweiten Wahlgang kommen könnte. Aber gerade der ist bei der derzeitigen Auffächerung der politischen Stimmungslage in Leipzig mehr als zu erwarten. Eine absolute Mehrheit bei einer OBM-Wahl im ersten Wahlgang erreichte in der neueren Geschichte lediglich Wolfgang Tiefensee (SPD) im Jahr 2005 mit 67,1 Prozent. Sein Nachfolger Burkhard Jung (SPD) kam 2006 im ersten Wahlgang auf 41,6 Prozent und 2013 auf 40,2 Prozent. Beide Male war also ein zweiter Wahlgang fällig. Und es sieht nicht so aus, dass das ausgerechnet 2020 anders sein wird.

Es geht also erst einmal um etwas über 1 Million Euro, die jetzt aus diversen Kostenstellen zusammengeschaufelt werden müssen, gegen die dann vielleicht ein paar Euro aus der Kostenerstattung aus Landtags- und Europawahl gegengerechnet werden können.

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