„Der Oberbürgermeister prüft, sich beim Freistaat Sachsen für die Abschaffung der Waffenverbotszone einzusetzen“, hatte die Freibeuter-Fraktion im November beantragt. Und das Leipziger Ordnungsamt lehnte das Anliegen dann in seiner Stellungnahme umgehend ab. Man wolle erst einmal die Ergebnisse der Evaluierung abwarten. Aber eigentlich duckte sich das Amt mal wieder weg. Denn in der Erläuterung schiebt es alle Verantwortung auf das Innenministerium.

Sodass die Stellungnahme eigentlich keine Stellungnahme ist, eher eine Anmaßung eines Amtes, das mit Einrichtung und Kontrolle der Waffenverbotszone überhaupt nichts zu tun hat. Denn die ist ein polizeiliches Instrument, mit dem Sachsens Innenminister in Leipzig seine Sicht auf Ordnungspolitik durchzudrücken versucht. Mit mehr als mageren Ergebnissen.

Das Ordnungsamt jedenfalls tat so, als könne es so etwas einfach entscheiden und ablehnen: „Die Stadt Leipzig hat sich bereits im aktuell noch laufenden Evaluierungsprozess der Waffenverbotszone in Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf im Sinne des Stadtratsbeschlusses VI-A-08198-NF-03 vom 07.11.2020 eingesetzt. Die im Rahmen der Evaluierung durchgeführten Befragungen und Experteninterviews sind abgeschlossen und werden aktuell ausgewertet. Die weitere Vorgehensweise soll sich am Ergebnis der Evaluation ausrichten.“

In der Begründung liest man dann aber, dass nicht die Stadt Leipzig entscheidet, wie mit den Ergebnissen der Evaluation umgegangen wird, sondern der Innenminister in Dresden: „Aktuell ist in dem Evaluierungsprozess die Phase der Datenerhebung abgeschlossen. Es erfolgt momentan die Auswertung der Daten und die Erstellung des wissenschaftlichen Ergebnisberichtes. Auf Grundlage des Ergebnisberichtes wird durch das SMI entschieden, wie mit der Waffenverbotszone perspektivisch verfahren wird. Somit hat die Stadt Leipzig zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr die Möglichkeit, sich für die Abschaffung der Waffenverbotszone einzusetzen.“

Das ist – was die politischen Entscheidungsebenen betrifft – schon mehr als eine Anmaßung: Ein Amt sagt dem gewählten Gremium der Stadt, dass es keine Möglichkeit hätte, sich für die Abschaffung einer derart politisch motivierten Kontrollzone einzusetzen.

Das erzählt jedenfalls eine Menge über das Demokratieverständnis im Leipziger Ordnungsamt.

Die Freibeuter-Fraktion sieht gar nicht ein, warum sich eine Stadt wie Leipzig darauf einlassen soll, dass allein das sächsische Innenministerium (das die Waffenverbotszone ja vor zwei Jahren auch eingerichtet hat) allein entscheiden soll, ob die Sonderkontrollzone bleibt oder nicht.

Und so beantragen die Freibeuter jetzt in einer Neufassung ihres Antrags: „Die Stadt Leipzig spricht sich im Rahmen des Evaluierungsprozesses für die Abschaffung der Waffenverbotszone aus. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Sächsischen Staatsministerium des Inneren, die Meinung der Stadt Leipzig zur Waffenverbotszone im laufenden Evaluierungsprozess zu übermitteln.“

Denn wenn das Innenministerium allein entscheidet, wird es ganz polizeilich denken: Mehr Kontrollen bringen mehr Delikte zum Vorschein, also sind sie gut.

Auch wenn das an der tatsächlichen Kriminalität im Ortsteil gar nichts ändert und bestenfalls ein Placebo für brave Bürger ist, die glauben, mehr Polizeikontrollen würden die Welt sicherer machen.

Aus Sicht einer Stadt, die soziale Brennpunktquartiere aufwerten will, macht so eine Kontrollzone überhaupt keinen Sinn. Weshalb die Freibeuter auch feststellen: „Die Stadt Leipzig setzt sich nach eigenen Aussagen im laufenden Evaluierungsprozess der Waffenverbotszone in Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf im Sinne des Stadtratsbeschlusses VI-A-08198-NF-03 vom 07.11.2020 ein. Eine Positionierung der Stadt Leipzig zur Waffenverbotszone lässt der Verwaltungsstandpunkt zum vorliegenden Antrag jedoch bisher offen. Die Meinung der Stadt Leipzig zur Waffenverbotszone erscheint für den Evaluierungsprozess allerdings von besonderem Interesse. Insofern ist eine Mitteilung der Meinung der Stadt Leipzig an das Sächsische Staatsministerium des Innern im laufenden Evaluierungsprozess erforderlich.“

Vielleicht ist sogar noch deutlicher zu benennen: Das Ordnungsamt ist ganz und gar nicht die politische Einheit in Leipzig, die so eine – politische – Positionierung vornehmen kann. Das ist im Normalfall entweder der OBM, der Stadtrat oder – im besten Fall – sind es beide gemeinsam. Denn das sind die gewählten politischen Vertreter der Stadt, nicht der überforderte Ordnungsamtschef.

Evaluation der Waffenverbotszone: Muss sich Leipzig diesen Kontrollzugriff des CDU-Innenministers jetzt dauerhaft gefallen lassen?

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