Bis jetzt konnte man in Leipzig noch immer den Eindruck gewinnen, dass die Anlage von Schottergärten oder andere Formen der versiegelten Privatgrundstücke nur die Sache der Grundstückseigentümer wäre. Wenn niemand klagt oder kontrolliert, sei das sowieso egal. Die Leute würden schon merken, was sie von ihren aufgeheizten und grünlosen Grundstücken haben. Aber tatsächlich ist es ein massiver Verstoß gegen die Bauordnung. Der in Leipzig bislang so gut wie nie kontrolliert wurde.

Was nach Auskunft der Verwaltung am fehlenden Kontrollpersonal liegt. Wo es keine Leute gibt, die kontrollieren können, werden diese massiven Verstöße gegen die Bauordnung eben doch geduldet. Und es gibt hunderte solcher Stein- und Kieswüsten im Stadtgebiet. Das Bauordnungsamt kommt tatsächlich erst, wenn es Hinweise auf Verstöße bekommt. Und dann auch nicht immer. Die meisten Anzeigen bei der Stadt verlieren sich im Nirwana, sodass man durchaus den Eindruck bekommen kann, dass es hier genauso zugeht wie bei den Parkverstößen in vielen Leipziger Straßen, wo seit Jahren einfach nicht kontrolliert wurde.

Was augenscheinlich auch in anderen Bundesländern derart Usus geworden ist. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Verwaltungen die Auseinandersetzung mit klagewilligen Eigenheimbesitzern meiden, obwohl die Bauordnungen aller Bundesländer dazu eine klare Sprache sprechen.

Ein gescheiterter Umdeutungsversuch in Niedersachsen

Auch in Niederachsen ging so ein Fall bis hinauf ins Oberverwaltungsgericht, welches mit einem Urteil im Januar klarmachte, dass ein „Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. Januar 2022 (Az.: 4 A 1791/21)“ rechtskräftig ist, „mit dem dieses die Klage gegen eine auf die Beseitigung von Kies aus zwei Beeten gerichtete bauaufsichtliche Verfügung der Stadt Diepholz abgewiesen hat (Az.: 1 LA 20/22).“

Damit hat sich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht erstmals mit der bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit von Schottergärten befasst. Was es gar nicht gemusst hätte, denn auch in der niedersächsischen Bauordnung steht, dass Grundstücke sich nicht in Kieslandschaften verwandeln dürfen.

Das OVG zu diesem Fall: „Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Stadtgebiet Diepholz. Im Vorgarten haben sie zwei insgesamt etwa 50 m² große Beete angelegt. Diese sind mit Kies, in den einzelne Pflanzen eingesetzt sind, bedeckt.

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob es sich bei den Beeten um Grünflächen im Sinne des § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) handelt. Nach dieser Vorschrift müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Die Grundstückseigentümer machen geltend, bei den Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl und der Höhe der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen. Jedenfalls sei ihr Garten unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum.“

Kiesbetten sind keine Grünanlagen

Genau das aber konnte auch das Niedersächsische OVG nicht sehen. Man kann nicht einfach Kiesflächen zu Grünflächen erklären, wenn ein paar wenige Zierpflanzen darauf stehen.

„Bei den Beeten der klagenden Grundstückeigentümer handele es sich nicht um Grünflächen, die durch nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Kies ergänzt würden, sondern um Kiesbeete, in die punktuell Koniferen und Sträucher sowie Bodendecker eingepflanzt seien. Grünflächen würden durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt“, stellte das Gericht trocken fest.

„Wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei der ‚grüne Charakter‘. Dies schließe Steinelemente nicht aus, wenn sie nach dem Gesamtbild nur untergeordnete Bedeutung hätten, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich mache. Dass die insgesamt nicht überbauten Flächen eines Baugrundstückes nur ‚überwiegend‘ Grünflächen sein müssten, sodass die Grünflächen hinter dem Haus der Kläger die Kiesbeete im Vorgarten erlauben würden, sei § 9 Abs. 2 NBauO nicht zu entnehmen. Ein solches Verständnis widerspreche auch der Intention des Gesetzgebers, die ‚Versteinerung der Stadt‘ auf das notwendige Ausmaß zu beschränken. – Der Beschluss ist unanfechtbar.“

Klare Regeln auch in Sachsen

Und genauso steht es auch in der sächsischen Bauordnung.

Gleich in § 8 kann man da lesen: „Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind

1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und
2. zu begrünen oder zu bepflanzen,

soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen.“

Also genauso keine Interpretationsspielräume, die irgendwie dennoch Schottergärten zulassen. Auch wenn hunderte Eigenheimbesitzer in Leipzig so tun, als gäbe es diese Spielräume. Und als gäbe es gar keine Bauordnung, nach der auch sie sich zu richten haben.

Die Anzeigen dürften sich im Amt für Bauordnung und Denkmalpflege mittlerweile stapeln, auch wenn die Abteilung noch immer unbesetzt sein sollte. Aber auch Eigenheimbesitzer haben eine Pflicht, zum Klimaschutz in der Stadt beizutragen.

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Zum Thema Steingärten haben sich ein paar ältere Leute schon einmal Gedanken gemacht um die Liebhaber von Steingärten anzuschreiben:
Liebe Anwohner, liebe Mitbewohner,
wir schreiben Sie an, da wir uns mit dem Klimawandel auseinander setzen und etwas dafür tun wollen, damit unsere Kinder und Enkel noch etwas mehr Zukunft haben. Eigentlich sollten unsere Nachkommen bessere Zukunftsaussichten haben als wir, aber das gelingt uns leider nicht mehr. Wir müssen unseren Umgang mit der Natur also in jeder Hinsicht überdenken.
Sie haben sich für die Einrichtung eines Steingarten als Vorgarten entschieden. Dafür werden Sie Ihre Gründe haben.
Sicher – ein Steingarten ist erst einmal recht pflegeleicht und übersichtlich.
Leider hat ein Steingarten einige Nachteile:
– es geht Grünfläche verloren,
– durch die Sonneneinstrahlung entsteht eine hohe Wärmspeicherung in den Steinen und nachts dann die Abstrahlung dies Wärme. Gerade im Sommer wird es zwischen den Gebäuden zu heiß für viele Menschen, so das die Räume gekühlt werden müssen,
– das Regenwasser verdunstet schneller im Stein und kann nicht gespeichert werden, es ist für die Grundwasserneubildung verloren,
– zwischen den Steinen gibt keine Nahrung für Fluginsekten und es fehlt die Bodenschicht für die Bodenlebewesen. Auch Vögel finden somit keine Nahrung und keinen Unterschlupf.
Grünflächen, auch wenn sie noch so klein sind, kühlen eher und bilden mit Blumen bestanden eine Nahrungsquelle für Insekten und Vögel.
Das wollten wir Ihnen zu bedenken geben. Vielleicht können Sie doch noch die Umgestaltung Ihres Vorgartens überdenken, aus unserer Sicht in Ihrem eigenen Interesse, aber in jedem Fall im Interesse der uns umgebenden Natur und zum Erhalt eines Stück von naturnahen Bedingungen in unseren Siedlungen und vielleicht auch im Interesse Ihrer Kinder und Enkel.

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