Eigentlich hatte schon die bestehende Leipziger Vorgartensatzung untersagt, Vorgärten zu versiegeln oder kahle Schottergärten draus zu machen. Aber viele Hauseigentümer hielten sich nicht daran, kippten tonnenweise Schotter vors Haus und setzten da und dort ein Zierbäumchen rein. Doch seit das Thema im Leipziger Stadtrat auf den Tisch kam, ändert sich das. Es wird mehr angezeigt und mehr kontrolliert. Der Linke-Stadtrat Michael Neuhaus hat nachgefragt.

Er wies extra noch einmal darauf hin, dass es in Leipzig eine klare Regelung dafür gibt: „In der Vorgartensatzung § 2 ‚Erlaubte Nutzungen Nutzungsbeschränkungen‘ heißt es in Absatz 1, dass Vorgärten gärtnerisch zu gestalten und zu erhalten sind. Dadurch ist das Anlegen und Unterhalten von sogenannten Schottergärten in Leipzig untersagt.“

Das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege hat ihm geantwortet und seinerseits darauf hingewiesen, dass auch die Sächsische Bauordnung geschotterte Vorgärten untersagt. Und diese gesetzliche Grundlage nehme man auch als Basis für die Kontrollen möglicher Verstöße.

„Bis zum Inkrafttreten einer neuen Begrünungssatzung für die Stadt Leipzig mit Festlegungen zur Freiflächengestaltung bebauter Grundstücke erfolgt eine rechtliche Prüfung auf der Grundlage von § 8 SächsBO in Verbindung mit der aktuellen Vorgartensatzung. Demnach sind die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen. Entsprechende Verfahren werden aufgrund eigener Feststellungen bzw. aufgrund von Anzeigen Dritter im Amt für Bauordnung und Denkmalpflege bearbeitet“, teilt das Amt mit.

Bis 2022 nicht extra gezählt

Ein Problem hat das Amt freilich, um die nachgewiesenen Verstöße der Vorjahre statistisch aufzuarbeiten.

„Für die Jahre 2020 bis 2022 können in diesem Kontext keine belastbaren Zahlen vorgelegt werden, da keine gesonderte Erfassung dieser spezifischen Anzeigen erfolgte. In den Vorjahren wurden überwiegend Anzeigen mit Bezug zu baulichen Anlagen (z. B. Carport im Vorgarten) registriert. Dies änderte sich mit der Ankündigung einer neuen Begrünungssatzung“, teilt das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege mit.

„Zukünftig wird eine gesonderte Erfassung der in Rede stehenden Verstöße möglich sein. Eine Durchsicht aller eingegangenen Anzeigen der letzten Jahre ist kurzfristig nicht leistbar und würde einen erheblichen Aufwand darstellen.“

Angekündigt wurde die neue Grünsatzung schon im November 2021. Es ist also nicht wirklich erklärlich, warum es für 2022 keine belastbaren Zahlen gibt.

So richtig ernst scheint das zuständige Amt die Sache auch da noch nicht genommen zu haben. Immerhin hatte man ja auch zugeben müssen, dass man praktisch kein Personal für effektive Kontrollen hatte.

2023 schon 19 Verstöße

Aber für 2023 liegen nun tatsächlich erste Zahlen vor, teilt das Bauordnungsamt mit: „Im Jahr 2023 sind bisher 23 Anzeigen bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingegangen, die sogenannte Schottergärten oder vergleichbare Sachverhalte zum Inhalt hatten.“

Und so kann auch erst für 2023 eine belastbare Anzahl von Verstößen benannt werden: „Aufgrund der oben genannten fehlenden statistischen Erhebung, kann hier für die Vorjahre keine sichere Aussage getroffen werden. Im Jahre 2023 wurden bisher 19 Verstöße festgestellt.“

Michael Neuhaus wollte dann noch konkreter wissen, wie diese Verstöße dann eigentlich geahndet wurden. Aber auch da bekommt er eher eine ausweichende Antwort: „Aufgrund der o.g. Schwierigkeiten kann zum angefragten Zeitraum keine gesicherte Aussage getroffen werden. In den aktuellen Verfahren werden regelmäßig Bußgeldverfahren eingeleitet werden, sofern eindeutige Tatbestände vorliegen.“

Was ja das Problem nicht löst. Behoben werden kann dieser geschotterte Verstoß gegen die rechtlichen Vorgaben letztlich nur, indem der ganze Schotter wieder abtransportiert wird und die Fläche tatsächlich begrünt wird.

Man ahnt schon, dass dem umweltpolitischen Sprecher der Linksfraktion da noch heftige Gefechte bevorstehen, bevor sich auch in einer gemächlichen Verwaltung das Denken über Umweltzerstörung ändert.

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Es gibt 2 Kommentare

Wirkungsvoller als alle Anzeigen, Kontrollen und Strafandrohungen gegen diese Gärten des Grauens wäre ein etabliertes mehrheitliches Meinungsbild in der Bevölkerung, dass eine solche Gartengestaltung so wenig akzeptabel ist, wie Defäkieren in der Öffentlichkeit. In manchen Ländern scheint es das zu geben. Aber da bis vor weniger als 20 Jahren selbst bei Verwaltungsbauten der öffentlichen Hand Schilfinseln im Kiesmeer und ähnlicher naturferner Designernippes noch schwer en vouge waren, wäre es wohl überheblich, baumarktkrempelaffinen Eigenheimbewohnern vorzuwerfen, es nicht besser zu machen. Die ästhetische Verarmung des Landes hat viele Mütter und Väter.

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