Wurde am 19. März in der Ratsversammlung schon über den Auslagerungs-Schulstandort in der Katzmannstaße teilweise sehr schräg diskutiert, so schien selbst die folgende Diskussion über die erste Fortschreibung der Schulbaustrategie in seltsames Fahrwasser zu geraten. Obwohl die Strategie für die nächsten Jahre beschreibt, welche Schulbaumaßnahmen in welcher Reihenfolge geplant und umgesetzt werden sollen. Eigentlich ein echtes Geschenk für den Stadtrat, der nun einen Überblick hat, was in Leipzigs Schulen wann passiert. Und was es kostet. Schulbürgermeisterin Vicki Felthaus stellte das Paket am 19. März vor.

Und sie erinnerte auch daran, dass die Stadt jetzt seit einigen Jahren sehr viel Geld ausgibt, um ihre Schulen auf Vordermann zubringen. Allein im Jahr 2024 waren das 227 Millionen Euro. Aktuell sind sieben Neubauten und Generalsanierungen im Gang, so Vicki Felthaus. Dass Leipzig überhaupt so unter Druck kam, neue Schulen bauen zu müssen, hat mit den deutlich gestiegenen Geburtenzahlen seit 2008 zu tun.

Damals musste die Stadt „nur“ Kitas und Schulen für 35.000 Kinder vorhalten. Binnen weniger Jahre sorgte das Bevölkerungswachstum dafür, dass es heute über 60.000 sind. „Und der geburtenstärkste Jahrgang ist gerade erst in die Schule gekommen“, so Vicki Felthaus.

Das bedeutet zwar, dass Leipzig bei den Grundschulen den Bedarf so langsam gedeckt hat. Aber auch diese Kinder werden ja älter und es ist absehbar, dass demnächst noch mehr Plätze an den Oberschulen fehlen. 80 Prozent der Leipziger Oberschulen sind deutlich überbelegt, konstatiert Felthaus.

Herr Karsten Albrecht (CDU) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer
Karsten Albrecht (CDU) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer

Die Mahnungen aus dem Stadtrat, es sei jetzt genug mit Schulenbauen, kommen noch zu früh. Und der Wunsch von CDU-Stadtrat nach einer „Leipzig Schule“ von der Stange kommt zu spät. Ein neues großes Schulbauprogramm mit „Leipzig Schulen“ wird Leipzig nicht auflegen. Die Fortschreibung der Schulbaustrategie beinhaltet deshalb einen radikalen Schwerpunktwechsel – vom Neubau hin zur Sanierung der Bestandsschulen.

Von denen sind 41 Prozent in einem Zustand, dass sie dringend saniert werden müssen. Die Zeit läuft, denn auch diese Schulen müssen bauliche Mindeststandards erfüllen, damit sie eine Betriebsgenehmigung bekommen oder behalten. Zwei Schulen erlebten in der letzten Zeit, dass sie für den Betrieb ganz oder teilweise gesperrt werden mussten. Was die Probleme der Überbelegung in den verbliebene Schulen noch verschärft.

Der Zustand der Leipziger Schulen. Grafik: Stadt Leipzig
Zustand der Leipziger Schulen. Grafik: Stadt Leipzig

Im Oberschulbereich fehlen bis 2031 / 2032 jährlich 89 Klassen, so die Schulbürgermeisterin. Das sind rechnerisch fünf dreizügige Oberschulen. Und so ist die Fortschreibung der Schulbaustrategie erstmals eine Mischung aus noch notwendigem Neubau und nun beginnender Generalsanierung für Bestandsschulen. Die aber nicht während des Betriebs saniert werden sollen, wie Vicki Felthaus betonte.

Damit sie saniert werden können, müssen Schüler und Lehrer für die Zeit der Sanierung in eine Auslagerungsschule umziehen. Genau so eine, wie sie in der Katzmannstraße geplant ist. Auf ehemaligen Garagenhöfen. Ein echtes Streitthema.

Das auch in der Diskussion zur Schulbaustrategie noch schwelte. Aber diesmal übernahm die Verwaltung dazu einen Änderungsantrag der CDU-Fraktion. Denn während an der Katzmannstraße dringend gebaut werden muss, um zum Beispiel ab 2027 die Sanierung der Paul-Robeson-Schule in Lindenthal zu ermöglichen, haben die anderen Auslagerungsstandorte noch ein wenig zeitlichen Puffer, können also noch einmal überprüft werden, ob dafür tatsächlich Garagenhöfe vorgesehen werden sollen oder auch andere Grundstücke zur Verfügung stünden.

Diese Prüfung sagte Vicki Felthaus zu – sogar umgehend. Denn natürlich muss auch hier geplant werden. Womit zumindest schon einmal ein Problem entschärft war, das die Zustimmung der Ratsversammlung zur Gesamtstrategie gefährdete.

Geld für noch mehr Sanierung ist nicht da

Was dann freilich genau Cornelia Falken von der Linksfraktion vermisste, erschloss sich einfach nicht. Die Klage über die lange Latte von Schulen, die überreif für eine Sanierung sind, kann es nicht wirklich sein, wo jetzt überhaupt erst einmal systematisch in die Sanierung des Bestands gegangen wird. Und das für eine Menge Geld, wenn man den ohnehin schon knappen Haushalt der Stadt und die bislang fehlenden Fördermittel vom Freistaat bedenkt.

Cornelia Falken deutete zwar an, sie befürchte Verschiebungen mehrerer Bauprojekte aus der Gesamtvorlage. Aber beharrlich erklärte Finanzbürgermeister Torsten Bonew, dass auch bei Bauverzögerungen kein einziges Projekt verschoben wird. Was sich verschiebe, seien lediglich die dafür in den Haushalt eingestellten Summen.

Frau Cornelia Falken (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer
Cornelia Falken (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer

So viel wie 2024 kann Leipzig zwar in den nächsten Jahren nicht in Schulen investieren. Aber für 2025 sind zum Beispiel 171 Millionen Euro geplant, 2026 dann 178 Millionen Euro. Und wenn Leipzig finanziell nicht in die Knie geht, stehen in den Folgejahren 190 und 197 Millionen Euro im Plan. Welche Probleme nun die BSW-Fraktion in der vorgelegten Schulbaustrategie sah, vermochte BSW-Stadtrat Jörg Kachel in zwei Sätzen irgendwie doch nicht zu erklären.

Ganz ähnlich, wie auch AfD-Stadtrat Christian Kriegel nicht wirklich erklären konnte, was genau der AfD-Fraktion an der Vorlage nicht gefiel – außer dass er die üblichen Animositäten gegen die energetischen Baunormen vorbrachte, die das Bauen verteuern und verlängern würden.

Herr Thomas Kachel (BSW) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer
Thomas Kachel (BSW) im Leipziger Stadtrat am 19.03.25. Foto: Jan Kaefer

Eine saure Zitrone gab es für Engelsdorf: Die Pläne für das dortige Gymnasium haben sich aus dem Jahr 2024 ins Jahr 2027 verschoben. Und ein Antrag aus dem Ortschaftsrat Engelsdorf, diese Verschiebung zurückzunehmen, fand am 19. März auch keine Mehrheit und wurde mit 14:38 Stimmen abgelehnt.

Am Ende doch noch ein deutliches Votum

Mehr Erfolg hatte die Linksfraktion mit einem acht Punkte umfassenden Antrag, aus dem die ersten beiden Antragspunkte, in denen es um deutlich mehr Geld für die Sanierung der Schulen ging, freilich von Cornelia Falken zurückgezogen wurden, denn diese waren schon in der Haushaltsabstimmung am 12. März abgelehnt worden. Das Geld ist schlichtweg nicht da.

Dafür fanden die anderen sechs Antragspunkte eine Zustimmung in der Ratsversammlung. Darin ging es u. a. um eine jährliche Nachschärfung der Bedarfsprognose. Denn nach den Jahren des stetigen Zuwachses an Geburten und damit Schulkindern, deutet sich nun eine Zeit an, in der Leipzig viel wenige Kinder hat, sich also die Bedarfe – wie im Kita-Bereich – auch im Schulbereich wieder verringern können. Das mahnte auch CDU-Stadtrat Karsten Albrecht an. Genauso wie eine jährliche Neujustierung der Schulbaustrategie, damit die Stadt flexibel reagieren kann.

Als es dann um die Abstimmung zur Vorlage ging, enthielten sich sowohl AfD- als BSW-Fraktion der Stimme, die Linksfraktion stimmte dagegen, was sich nach den positiven Voten für den eigenen Änderungsantrag nicht wirklich erklärte. Trotzdem gab es am Ende eine Mehrheit für die Schulbaustrategie von 37:11:18 Stimmen, sodass Leipzig jetzt einen auch für die Ratsfraktionen nachlesbaren Fahrplan hat, wann welche Schule gebaut und saniert werden soll. Jetzt muss auch abgearbeitet werden.

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Es gibt 2 Kommentare

Lieber Herr Julke,
wo läßt sich der Bau- und Sanierungsplan nachlesen?

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