Langsam kommt Licht ins Naunhofer Gehölz. Die angeblichen Wahlmanipulateure von der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) haben einen Flyer für ihren aussichtsreichen Kandidaten Carsten Graf mit Unterstützerstimmen unter anderem des stellvertretenden Bürgermeisters in Umlauf gebracht. Das schien der örtlichen CDU überhaupt nicht zu passen. Vielleicht ja, weil ihnen nichts Gleichwertiges für ihren Kandidaten gelang?

Jedenfalls wand sich die durchaus wahlerfolgverwöhnte CDU-Kreisverband Landkreis Leipzig ans Landratsamt und fand dort offene Ohren für ihren Vorwurf der Manipulation der Wählermeinung durch die unabhängige Wählervereinigung. Beim Parteifreund und Landrat Dr. Gerhard Gey (CDU), welcher vorgestern die Naunhofer Wahlvorbereitungen stoppte.

Nun fragt sich Prof. Dr. Uwe Kulisch, seines Zeichens Dekan an der Fakultät Medien an der HTWK, in einer Stellungnahme für die Wählervereinigung zum ausgebremsten Wahlgang am 2. September, ob da eigentlich alles mit rechten Dingen zuging: “In der Begründung der Entscheidung durch den Landrat wird nun die Annahme der Amtlichkeit der Äußerung des stellv. Bürgermeisters in der Art und Weise begründet, dass der stellv. Bürgermeister die durch seine Funktion erworbenen Kenntnisse für die Wahlwerbung genutzt hat. Der Wähler erfährt dadurch, dass der Bewerber Graf u.a. Netzwerke ins Landratsamt, in die Landesdirektion, in die Ministerien und zu Abgeordneten im Landtag und im Bundestag unterhält, was ein Plus für Naunhof ist.” so Kulisch.

Dabei zitierte der Landrat einen Beschluss vom OLG Lüneburg: “Eine Äußerung ist dann als amtlich anzusehen, wenn sie ausdrücklich in einer amtlichen Eigenschaft abgegeben wird oder wenn sich aus Umständen ergibt, dass die Äußerung im Wahlkampf amtlichen Charakter hat, insbesondere dann, wenn amtliche Autorität oder eine durch das Amt erworbene Beurteilungskompetenz in Anspruch genommen wird.” – was für Landrat Gey hier mindestens durch die freundliche Äußerung des stellvertretenden Naunhofer Bürgermeisters für Graf gegeben sah. Bezüglich der Meinungsäußerungen durch die Ortsvorsteher stellt Landrat festgestellt haben, dass diese ihre Wahlempfehlung ausdrücklich in ihrer amtlichen Funktion als Ortsvorsteher abgegeben haben. Begründet wird dies, weil die Ortsvorsteher dies mit ihrem vollen Namen und ihrer amtlichen Funktion getan haben.
Prof. Dr. Uwe Kulisch stellt nun fest: “Aber gerade dies ist bei den Meinungsäußerungen zu verneinen. Weder der stellv. Bürgermeister noch die Ortsvorsteher haben die Meinungsäußerungen ausdrücklich in einer amtlichen Eigenschaft abgegeben! Gerade durch die nichtamtliche Gestaltung des Flyers und die anderen privaten Statement wird deutlich, dass es sich hier nicht um eine amtliche Mitteilung handelt!”

Das ist in der Tat schwer vorstellbar, war doch der Flyer von der UWV und der WV Ammelshain herausgegeben worden und nicht durch den Bürgermeister oder durch den Bürgermeisterkandidaten der UWV Carsten Graf.

Doch auch die Benennung der amtlichen Funktion hinter dem Namen sei bereits gerichtlich als möglich bestätigt worden: “Aber mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass Amtsbezeichnungen auch im Wahlkampf verwendet werden dürfen. Weiterhin wird durch den Landrat festgestellt, dass der stellv. Bürgermeister die durch seine Funktion erworbenen Kenntnisse für die Wahlwerbung genutzt hat. Dies ist natürlich Unsinn, da der Kandidat Graf selbst in der öffentlichen Podiumsdiskussion von seinem Netzwerk in die politischen Strukturen berichtet hat. Für die Feststellung, dass Netzwerke gut sind, bedarf es nur eines gesunden Menschenverstandes und nicht das Amt des stellv. Bürgermeisters.” so Kulisch weiter in seiner Stellungnahme.

Zudem seien, so Kulisch in der Begründung zwar viele Gerichtsentscheidungen aufgeführt, andere fehlen ihm hingegen. So gäbe es mehrere Entscheidungen der Verwaltungsgerichte (z.B. OVG Sachsen, VG Gießen, OVG Lüneburg), die deutlich machten, dass die Verwendung der Amtsbezeichnung auch im Wahlkampf zulässig ist. Die Benennung des Amtes sei demnach weder untersagt, noch verletzt dies das Neutralitätsgebot. Zudem würden die Bürger die Namen auch bei Nichtnennung wohl schnell mit den entsprechenden Ämtern in Verbindung bringen.

Und eine Werbeanzeige und ein paar Fragen bleiben am Ende für Kulisch.

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“Offensichtlich wird hier mit zweierlei Maß bewertet. Die politisch übergeordnete Gewalt in Form des Landrates stellt hier fest, dass Meinungsäußerungen von ehrenamtlichen Ortsvorstehern und ehrenamtlichen stellv. Bürgermeister nicht private sondern amtliche Meinungsäußerungen sind und verbietet damit diesen für die Gemeinschaft aktiven Bürgern den Mund. Aber genau genommen verbietet die CDU den ehrenamtlich aktiven Bürgern der Stadt die freie Meinungsäußerung, denn dies war ja mutmaßlich das Ziel der Anzeige.”

So entsteht nun bei der Unabhängigen Wählervereinigung der Eindruck, dass bei der Entscheidung spezielle Parteiinteressen der CDU stärker im Vordergrund standen, als ernsthafte Gründe und Bedenken.

Landrat Gey suchte und fand selbst die Unterstützung diverser Bürgermeister im Landkreis Leipzig bei seiner eigenen Wahl. Unter ihnen auch der Naunhofer Bürgermeister Uwe Hermann, welcher sein Amt krankheitsbedingt niederlegte, was zur anstehenden Neuwahl in Naunhof führte. Auch ohne Bezeichnung steht zu vermuten, dass die Bürger in den aufgeführten Gemeinden die Namen ihrer Bürgermeister kennen.

Nun fragen sich einige Naunhofer vielleicht, warum diese Wahl gelang und ihre verschoben wurde.
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