Mit Geduld und Spucke geht's langsam voran im Leipziger Neuseenland. Nach fast vier Jahren Arbeit kommt jetzt auch der Beteiligungsprozess zur "Charta Leipziger Neuseenland" so langsam auf die Zielgerade. Ein Papier, zu dem Dr. Gerhard Gey, Landrat des Landkreises Leipzig und Sprecher der Steuerungsgruppe Neuseenland, am Freitag, 20. März, schon einmal sagte: "Ich glaube, dass wir damit Maßstäbe gesetzt haben."

An diesem 20. März beriet die Steuerungsgruppe ein letztes Mal über das Papier, das 2011 in einer ersten Variante veröffentlicht wurde und danach mehrere Phasen der Bürgerbeteiligung durchlief – 2013 dann auch mit Workshops in Leipzig und den beiden Landkreisen Leipzig und Nordsachsen, 2014 noch gefolgt von einer Bürgerbefragung, an der fast 1.500 Leipziger teilnahmen. In den Landkreisen gab es jeweils eine telefonische Befragung bei 500 Personen.

Aber die Runde konnte sich noch nicht dazu durchringen, das überarbeitete Papier, in das die Vorschläge aus der Bürgerbeteiligung eingeflossen sind, auch am Freitag schon zu veröffentlichen. Das soll in einer großen Vorstellungsaktion am 13. April um 17 Uhr in der Volkshochschule Leipzig passieren. Sozusagen für alle auf einmal. Mit einer großen Präsentation der Charta und der eingearbeiteten Änderungen.

Einige der alten Passagen sind tatsächlich gestrichen worden, bestätigt Angela Zabojnik, die Leipzig in der Steuerungsgruppe vertritt. Dafür sind zwei neue Thesen aufgenommen worden, bei denen man sich nun fragt, warum die nicht vorher schon drin waren.

Zwei neue Thesen

Beide stammen direkt aus den Diskussionen der Workshops. Das eine ist das Thema Kultur, das jüngst auch erst im Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im Mitteldeutschen Raum (TWGK) auftauchte, so nebenher, neben der touristischen Vermarktung der Gewässer in Mitteldeutschland. Denn es ist ja nicht der Wassertourismus, der die Region attraktiv macht, sondern die reichhaltige Kultur, die jedoch nicht wirklich gut vernetzt ist.

Und auch das Leipziger Neuseenland ist gespickt mit Kultur. Das nimmt nur kaum einer wahr, der nur an Seen, Kanälen und Flüssen unterwegs ist. Es fehlen die Hinweise, es fehlen die Verknüpfungen. Und damit verspielt diese Landschaft eine Menge Potenzial.

Ganz zu schweigen davon, dass auch an den Gewässern jede Menge Kultur zu Hause ist oder in den Sommermonaten zum Besuch einlädt. Das gilt es zu stärken.

Und die zweite neue These war zumindest in Andeutungen auch schon in der alten Fassung der Charta zu finden, nur nicht wirklich so prominent, wie sie gesetzt werden muss. Das ist das Mobile Leipziger Neuseenland. Da gibt es noch längst zu viel Wildwuchs, zu viele nicht bedachte Chancen – gerade bei der Erschließung der Seenlandschaft mit dem ÖPNV. Wer mit Bus und Bahn hinkommen will, landet oft genug im Nirwana. Und echte Chancen werden einfach nicht genutzt. Dazu gehören auch zwei vom Ökolöwen angedachte Ideen – einmal eine eigene Bahnstation für den Zwenkauer See, zum zweiten der Ausbau der Linie 9 als Seenbahn bis zum Pier 1. Das Neuseenland bezieht bislang seine Potenziale fast komplett aus der Region, nutzt aber die Möglichkeiten einer guten mobilen Vernetzung noch so gut wie gar nicht.

Jetzt noch Geduld bis zum 13. April

Am 13. April soll dann die überarbeitete Charta auch wieder online einsehbar sein. Und gleichzeitig geht das Papier in die Diskussion in den beiden Kreistagen in Nordsachen und dem Landkreis Leipzig und natürlich im Leipziger Stadtrat. Ziel ist es dabei, in allen drei Gremien zu einer Beschlussfassung zu kommen, die die “Charta Leipziger Neuseenland 2030” zu einem politisch beschlossenen Leitbild bis 2030 macht.

“Und damit auch zu einem Instrument, an dem alle Entscheidungen innerhalb des Neuseenlands sich orientieren müssen”, sagt Gerhard Gey. “Also eigentlich schon so eine Art Satzung, an der auch wir uns messen lassen müssen.”

In den Befragungen tauchten dann durchaus auch heiß diskutierte Themen wie die Elektromobilität, die Ziele der Gewässerentwicklung und die eigentliche Nutzung der Gewässer aus Sicht der Einwohner auf. “Da gab es ein paar sehr interessante Ergebnisse”, sagt Angela Zabojnik. Will aber auch über die Ergebnisse der Befragung noch nichts verraten. Alles erst am 13. April.

Bis Mai sollen die Beratungen in den beiden Kreistagen und im Leipziger Stadtrat dann abgeschlossen sein. Und wenn diese Änderungen fordern?

“Das ist für uns kein Problem”, sagt Gerhard Gey. “Das arbeiten wir dann noch ein. Aber andererseits glauben wir auch nicht, dass es jetzt noch zu wesentlichen Änderungen kommt.”

Dazu sei im Beteiligungsprozess zu vieles ernsthaft durchdiskutiert worden.

Und wenn die drei Gremien dann zugestimmt haben, soll es Ende Mai einen ganz offiziellen Showdown auf dem Markkleeberger See geben: Dann sollen die beiden Landräte Michael Czupalla (Nordsachen), Gerhard Gey (Leipzig) und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung auf der MS Markkleeberg die Charta in aller Öffentlichkeit unterschreiben und damit ratifizieren.

Das Ergebnis, so sagt Gey, soll dann auch direkt in die Regionalplanung Westsachsen einfließen und damit tatsächlich zur Handlungsgrundlage werden.

Also vormerken für alle, denen das Thema wichtig ist: 13. April, 17 Uhr in der Aula der Volkshochschule in der Löhrstraße in Leipzig.

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