Die LMBV hat ein Problem. Das heißt Pleiße. Braune Pleiße. Denn braun schäumt die Pleiße, nachdem sie die einstigen Witznitzer Kippen verlassen hat. Tag für Tag führt sie eine Tonne Eisenausschwemmungen in Richtung Leipzig mit sich, die das Wasser ocker färben. Seit 2007 untersucht die LMBV das Problem. Aber die Lösung, die die Sanierungsgesellschaft am 29. November vorstellte, kam gar nicht gut an.

Das Problem entsteht kurz vor Neukieritzsch, nach dem Zusammenfluss von Pleiße und Wyhra. Die Pleiße läuft hier in einem in den 1960er Jahren gebauten künstlichen Bett, das über die Abraumkippen des damaligen Tagebaus Witznitz II führt. Was in den letzten Jahren zu einem für alle sichtbaren Problem wurde. Denn seit die Seen im Leipziger Neuseenland volllaufen, steigt der Grundwasserspiegel. Auch in den einstigen Abraumhalden. Aber weil die Sedimente dort nicht gebunden sind, spült das Grundwasser diese aus – in diesem Fall vor allem die eisenhaltigen – und spült sie beim Ablaufen in den nächsten Fluss. Das ist die Pleiße.

Seit 2007 versucht die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), für das Problem eine Lösung zu finden. Denn nach europäischer Wasserrahmenrichtlinie muss diese Verunreinigung des Flusses beendet werden, muss ein sauberer, naturnaher Zustand hergestellt werden. Aber wie?

Ein erstes Projekt läuft schon seit Jahren und soll auch fortgesetzt werden: Mit der großflächigen Anpflanzung von Luzerne auf dem Einzugsgebiet soll der Wasserabfluss in die Pleiße verringert werden. Weniger Wasserabfluss bedeutet auch: weniger Ausschwemmungen.

Das mindert das Problem, löst es aber nicht.

Untersucht hat man auch, ob man des Problems vielleicht mit aufwendigen Sickerschlitzen oder Drainagegräben Herr wird – beides ist sehr teuer, sehr langwierig. Und es löst das nächste Problem nicht: Wohin mit den Eisenschlämmen aus diesen künstlichen Anlagen?

Logisch, dass beim Bergbausanierer seit Jahren die Idee einer „Eisenfalle“ nicht aus der Diskussion kommt: Man leitet die hochbelastete Pleiße in ein stehendes Gewässer, wo sich die Fließgeschwindigkeit sofort verringert, die mitgeführten Sedimente sinken ab, das Wasser kommt am anderen Ende des Gewässers wesentlich klarer wieder heraus.

Untersucht hat man das mit dem Stausee Rötha. Aber der ist mit durchschnittlich 1 Meter Wassertiefe nicht tief genug. Die Wasser würden fast genauso belastet und genauso schnell wieder herausfließen. Und Lagerraum für die Sedimente würde auch nicht genug sein.

Die braune Pleiße (unten) am Stausee Rötha (linnks). Oben der Kahnsdorfer See und darüber der Hainer See. In der Bildmitte die Kleine Pleiße. Foto: LMBV
Die braune Pleiße (unten) am Stausee Rötha (links). Oben der Kahnsdorfer See und darüber der Hainer See. In der Bildmitte die Kleine Pleiße. Foto: LMBV

Der benachbarte Kahnsdorfer See hingegen wäre tief genug. Er würde auf einige Jahre beträchtliche Mengen des eisenhaltigen Schlammes aufnehmen können.

Die Idee, die die LMBV von der IKD Ingenieur Consult GmbH aus Dresden hat ausarbeiten lassen, sieht so aus: Am Trachauer Wehr wird die hochbelastete Pleiße abgeleitet zum Kahnsdorfer See, in den sie quasi mitsamt den mitgeführten Sedimenten hineinplumpst. Sie würde auch noch die notwendigen Alkalimengen mitbringen, um den bislang leicht sauren See nachhaltig ph-neutral zu machen. Über die Kleine Pleiße würde dann wesentlich saubereres Wasser ins Pleißebett zurückfließen.

Aus Sicht der LMBV ist dieser Weg auch deshalb attraktiv, weil man eine Art selbstregulierendes System bekäme, in das nur noch sporadisch eingegriffen werden müsste. Was auf Dauer natürlich Geld spart, auch eine Entsorgung der Eisenschlämme erübrigt sich, denn die landen ja in der „Eisenfalle“ Kahnsdorfer See.

Was das Projekt trotzdem nicht unproblematisch macht. Das wurde auch bei der Informationsveranstaltung der LMBV für die Betroffenen am benachbarten Hainer See am 29. November deutlich. Denn da der Kahnsdorfer See keinen eigenen Ablauf hat, gibt es einen Überlauf zum Hainer See, in den das Wasser des Kahnsdorfer Sees bei Hochwasser abläuft.

Logisch, dass das bei den Betreibern, Anwohnern und Nutzern des Hainer Sees Befürchtungen auslöst. Denn die Frage steht im Raum: Läuft dann auch das stark eisenhaltige Wasser der Pleiße in den Hainer See? Hat der dann also das umgelenkte Problem auf einmal selbst und die bislang erfolgreiche Seeentwicklung ist damit zu Ende?

Aus Sicht der LMBV ist das nicht so problematisch. Denn auch der Hainer See ist leicht sauer. Das Pleißewasser würde auch hier einen nötigen ph-Wert-Ausgleich schaffen. Man würde also gern zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und beide Seen mit Pleißewasser neutralisieren. Nur die Sulfate bekäme man nicht aus dem Wasser der Pleiße.

Ist also die Frage: Wird der Überlauf auch künftig nur bei Hochwasser genutzt oder dauerhaft beide Seen verbinden?

Eine nicht ganz unwichtige Frage, denn für den Hochwasserfall in der Pleiße hat IKT eigentlich ein Hochwasserschutztor am Trachauer Wehr vorgesehen. Bei Pleißehochwasser müsste das also geschlossen werden, damit der Kahnsdorfer See nicht überläuft.

Außerdem soll der Kahnsdorfer See eigentlich einen eigenen Ablauf zur Kleinen Pleiße bekommen, so dass das überschüssige Wasser in die Kleine Pleiße abläuft. Aber die LMBV möchte den Hainer See eigentlich in das Pleiße-Regime mit einbinden. Bislang wird der ph-Wert im Hainer See durch zusätzlich eingeleitetes Sümpfungswasser aus dem Tagebau Profen neutralisiert. Das soll künftig das Pleißewasser leisten.

Da bekommen natürlich einige Betroffene schon das Bild bräunlicher Wasserfluten vor Augen. Und auch die Frage wurde laut, ob man mit der Aktion jetzt nicht gleich zwei Seen, die sich schon als attraktive Seenlandschaften ausgeprägt haben, opfert, um das Eisenproblem der Pleiße zu lösen.

Und es kam natürlich die Frage auf, ob es dazu gar keine Alternativen gibt. Bislang jedenfalls gibt es keine. Ende 2017 sollen die konkreten Planungen für das Projekt vorgestellt werden.

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Vermutlich steht dieser “Lösung” die WRRL entgegen. Darüber hinaus scheint diese “Lösung” den Kahnsdorfer See zu einer Deponie zu machen. Die Eisenschlämme sollen im See bleiben. Das dürfte letztlich einige Umweltschutzgesetze betreffen.

Nicht zuletzt scheint das Verfahren auch ein Testballon für die privaten Bergbauunternehmen zu sein, die sich auch mit dem Problem auseinandersetzen müssen.
Der Staat (die LMBV ist ein bundeseigenes Unternehmen) macht hier nur den Vorreiter. Ficht auch mögliche rechtliche Auseinandersetzungen auf Steuerzahlerkosten aus.
Auf die Ergebnisse können sich dann die privaten Unternehmen berufen.

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