Wir haben an dieser Stelle schon ein paar Mal über die kleine Naumburger Straßenbahn berichtet und die Erfolge, die die Naumburger bei der Revitalisierung der 125 Jahre alten Straßenbahn haben. Sie ist nicht unbedingt das Rückgrat des Naumburger Verkehrs, so wie die Straßenbahn in Leipzig. Aber seit dem 125-jährigen Jubiläum im letzten Jahr wird sie immer mehr zu einer echten Attraktion für Einheimische und Besucher.

2017 gab es ja mit über 150.000 Jahrgästen einen neuen Höchstwert. Zum Vergleich Leipzig: 156 Millionen Fahrgäste.

Aber dafür kann man in Naumburg mit richtig historischem Straßenbahnmaterial fahren (so wie an den Schausonntagen, wenn der Historische Straßenbahnhof in Leipzig einlädt). Und das ohne Stress in einer vom Verkehr belasteten Stadt.

Die Naumburger Straßenbahn hat nun auch in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 im Linienverkehr 84.400 Fahrgäste befördert. Im Vorjahr waren es zu dem Zeitpunkt erst 68.000. Das bedeutet eine Steigerung um über 20 Prozent und einen neuen Rekord, freut sich die Naumburger Straßenbahn GmbH, die die Straßenbahn betreibt und auch den abgebildeten „Lindner“-Straßenbahnwagen von 1928 auf die Strecke schickt.

In den Monaten Januar und Februar, ohne nennenswerten Tourismusverkehr, lag die Steigerung sogar bei 25 Prozent. Im soeben vergangenen Monat Juni erreichte die Naumburger Straßenbahn erstmals seit der Wiederinbetriebnahme 2007 den Monatswert von 20.000 Fahrgästen, somit ebenfalls einen Rekord. Der Verkehr während des Hussiten-Kirschfests (21. bis 25. Juni) ergab den neuen Höchstwert von 6.800 Fahrgästen während der fünf Festtage (Vorjahr 6.400).

Die Straßenbahner freuen sich sehr über das Erreichen dieser Rekordzahlen. Denn in den ersten drei Betriebsjahren der wieder flottgemachten Straßenbahn, 2007 bis 2009, lag die Fahrgastzahl für das gesamte Jahr jeweils unterhalb 80.000 Fahrgästen.

„Und nun ist diese Zahl schon als Halbjahresergebnis übertroffen worden“, freut sich Andreas Messerli. Für das gesamte Jahr 2018 werden nach neuester Hochrechnung mindestens 170.000 Fahrgäste erwartet; im vergangenen Jahr sind 152.500 erreicht worden. Und 2015 waren die Straßenbahner noch stolz auf die knapp überschrittene Zahl von 100.000 Fahrgästen im gesamten Jahr.

„Für diesen Anstieg gibt es verschiedenste Gründe“, so Messerli. „Wichtig ist die am 1. Dezember 2017 eröffnete Streckenerweiterung zum Salztor; diese neue Endhaltestelle wird sehr gut angenommen. Die starke Steigerung während der Monate ohne viele Touristen zeigt zudem, dass die Straßenbahn mehr Naumburger Stammfahrgäste gewinnen konnte. Aber auch die Anzahl Touristen, die sich an den eingesetzten historischen Wagen erfreuen, nimmt stetig zu. Diese Zahl wird hoffentlich weiter steigen, dank der Aufnahme des Naumburger Doms auf die Liste der UNESCO-Welterbestätten am vergangenen Sonntag, 2. Juli.“

Vorher gab es schon zwei Anläufe, den Dom mit den berühmten Stifterfiguren ins UNESCO-Weltkulturerbe aufnehmen zu lassen. Nun ist es endlich gelungen. Womit Naumburg noch ein paar Stufen mehr Aufmerksamkeit im Reigen der historischen Städte in Mitteldeutschland bekommen wird und das leidige Wassertouristische Konzept für die Region ad absurdum führt, mit dem die Möchtegerntouristiker glauben, die Region als Wasserdorado vermarkten zu können, während allein die historisch eindrucksvollen Städte schon für einen wachsenden Tourismus sorgen.

Und in Naumburg verbindet sich das mit dem Erlebnis einer freundlichen alten Straßenbahn, die im Stadtbild auch immer präsenter wird.

Zurzeit ist bereits die nächste Streckenverlängerung im Bau: Die heutige Haltestelle „Hauptbahnhof“ wird von der Bahnhofstraße wieder auf den Bahnhofsvorplatz/Aachener Platz verlegt, eine Verlängerung um rund 90 Meter. Damit kommt die Haltestelle wieder dahin, wo sie sich schon von 1892 bis 1991 befand. Die Eröffnung ist für Ende August 2018 vorgesehen.

Und mit dem abgebildeten Straßenbahnwagen kann man in nächster Zeit wirklich fahren, verspricht Messerli: Es ist der Triebwagen Nummer 17. Dieser 90-jährige Wagen wird an den kommenden Sonntagen im Liniendienst fahren. Es ist deutschlandweit der älteste Wagen, der regelmäßig im Liniendienst eingesetzt wird.

Als nähere Erläuterung zum Einsatz des „Lindner“-Wagens:

An den zwei kommenden Sonntagen, 8. und 15. Juli pendelt er im regulären Fahrplantakt zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt. Die öffentlichen Fahrten mit dem 90-jährigen Wagen finden von 13:50 bis 17:07 Uhr statt. Vorher und nachher fährt ein anderer Wagen. Der Einsatz im Liniendienst stellt für die Straßenbahner eine kleine Herausforderung dar: Für die Türöffnung gibt es keinen Knopf, sondern Handarbeit ist gefragt, also Klinke drücken und Aufschieben.

Die Eingänge sind ziemlich schmal gebaut, die Breite beträgt nur 59 Zentimeter. Die heutigen Kinderwagen passen nicht durch, außer wenn sie zusammengeklappt werden können. Und mehrere Stufen führen ins Wageninnere – anders als bei den heutigen Niederflurwagen in den Großstädten. Um die Fahrgäste zu unterstützen, ist deshalb ein Schaffner an Bord.

Naumburger Straßenbahn: Rekord – über 150.000 Straßenbahn-Fahrgäste im Jahr 2017

Naumburger Straßenbahn: Rekord – über 150.000 Straßenbahn-Fahrgäste im Jahr 2017

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