In einer kooperativen Initiative der Vereinigten Domstifter mit den European Heritage Volunteers, deren Weg von der Stiftung geebnet und über Monate vorbereitet worden war, engagieren sich vom 18. bis zum 29. August 2025 junge Freiwillige, 14 an der Zahl und aus unterschiedlichen Ländern, am Naumburger Dom. Ziel des Projektes ist die Dokumentation des aktuellen Zustands des Domfriedhofs. Während der Arbeiten haben die Freiwilligen ein lang verschollenes Grab entdeckt.
„Baron von Ampach war eine der prominentesten auf dem Friedhof bestatteten Persönlichkeiten von Naumburg. Erstaunlicherweise ist das Wissen über sein Begräbnis schon früh verloren gegangen. Man wusste nicht mehr, wo sich das Grab befunden hat.
Wie das Leben aber manchmal so spielt: Wir haben jetzt das Projekt mit den Volunteers und unser Stiftsarchivar, Dr. Matthias Ludwig, findet zeitgleich tatsächlich den ursprünglichen Plan des Domfriedhofs, wo das Grab von Herrn Ampach eingezeichnet ist und diese Neuigkeit führte dazu, dass wir gezielt nach dem Grab gesucht haben und da – welch Wunder – haben wir es auch gefunden, in einem sehr guten intakten Zustand“, fasst der Stiftsdirektor der Vereinigten Domstifter, Dr. Holger Kunde, den Fund zusammen.
Immanual Christian Leberecht von Ampach
Baron von Ampach (1772 bis 1831) war eine der einflussreichsten Figuren in der Naumburger Kulturlandschaft: Er gehörte zu den wichtigsten Kunstsammlern Sachsens und war 1801 bei Napoleon anwesend, gemeinsam mit einem sächsischen Gesandten.
Bemerkenswert ist, dass er die neu hervorgegangene Kunstströmung der Nazarener maßgeblich unterstützte und neun Bilder für die Christuskapelle in Naumburg in Auftrag gab, die heute noch in der Dreikönigkapelle am Naumburger Dom zu sehen sind. Immanuel von Ampach wurde in Artern geboren und wirkte als Stifts-Regierungsrat, Domherr in Naumburg und Dechant des Stiftskapitels in Wurzen.
Er gilt als einer der bedeutenden Kunst- und Münzsammler seiner Zeit und hinterließ umfangreiche Legate zugunsten religiöser Einrichtungen, Schulen und sozialer Projekte. Als Verleger, Förderer und Sammler beeinflusste er Werke der Nazarener-Schule, betreute Auftragswerke für Kirchenräume und trug zur Verbreitung religiöser Kunst bei.
Sein Nachlass umfasst Gemäldezyklen – insbesondere den Christus-Zyklus – sowie handschriftliche Vorlagen und beträchtliche Spenden für Diözesen, Stiftungen und soziale Einrichtungen.
Ampachs Lebenswerk verknüpft lokale Kulturpolitik, Kunstgeschichte und kirchliches Erbe und bietet neue Anknüpfungspunkte für Archivforschung und Restaurierungsvorhaben am Naumburger Dom. Die Fundstelle eröffnet die Möglichkeit, die Geschichte der Nazarener-Sammlung und Ampachs Rolle in der damaligen Kulturlandschaft neu zu bewerten.
Das Projekt
Das internationale Projekt mit den European Heritage Volunteers und den Vereinigten Domstiftern auf dem Naumburger Domfriedhof wird fachlich durch das Landesamt für Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt begleitet. Im Vordergrund steht eine umfassende Bestandserfassung als Grundlage für mögliche konservatorische Maßnahmen zum Erhalt dieses bedeutenden Kulturdenkmals. Darüber hinaus leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Erfassung des kulturellen Erbes sowie zum interkulturellen Austausch.
„Was passiert, wenn junge Menschen aus aller Welt zusammenkommen, um ein still gewordenes Stück Geschichte wieder ins Bewusstsein zu rücken?“, fragte sich Julita Jankowska, die in der Marketing-Abteilung der Stiftung arbeitet und das Projekt plante und koordiniert, am Anfang der Arbeiten.
Sie resümiert kurz vor dem Ende: „Wenn junge Menschen sich mit dem Kulturerbe befassen, bedeutet dass die Geschichte getragen und nicht vergessen wird, das berührt mich besonders. Dadurch ist auch der Domfriedhof in Naumburg wieder in das Bewusstsein der Leute gerückt und Geschichte ist, auch durch den Fund des Grabes von Ambach, lebendig geworden und auch wir haben damit ein Stück Geschichte geschrieben. Dass diese jungen Menschen aus so vielen unterschiedlichen Kulturen zusammenkommen, eine Gemeinschaft bilden, auch mit den Naumburgern, die hier geholfen haben, das löst auch Grenzen auf, das bewegt mich sehr.“
Die Freiwilligen des Projektes kommen aus drei verschiedenen Kontinenten. European Heritage Volunteers ist seit über zwei Jahrzehnten im Freiwilligenbereich des Kulturerbes aktiv.
Die Organisation verfolgt das Ziel, Kulturerbe und Freiwilligenarbeit enger zu vernetzen, indem sie kontinuierlich ein tieferes Verständnis beider Felder fördert und Praktika sowie Bildungsangebote entwickelt, die beide Bereiche sinnvoll miteinander verbinden.
Der Domfriedhof
Der Domfriedhof wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts zunächst für die Verstorbenen der Mariengemeinde der Domfreiheit angelegt. Schon Ende des 16. Jahrhunderts finden sich erste hohe Würdenträger des Domkapitels auf dem Friedhof, die zuvor und auch noch lange danach das Recht zur Bestattung in der Domkirche besaßen.
Bis in das 20. Jahrhundert hinein hatten Naumburger Domherren, Domprediger und höhere Verwaltungsmitarbeiter Anspruch auf eine Grabstelle. Mit der Eröffnung des neuen städtischen Friedhofs in der Weißenfelser Straße im Jahr 1901 nahm die Bedeutung des Domfriedhofs langsam ab. Aber auch danach wurden noch herausgehobene Persönlichkeiten (z.B. Domdechanten) auf dem Domfriedhof bestattet.
Seit 2014 ist der in Trägerschaft der Vereinigten Domstifter befindliche Domfriedhof als Ort der Ruhe und Besinnung für die Öffentlichkeit wieder zugänglich und seit 2016 wird er auch wieder als letzte Ruhestätte genutzt.
Mit der nach Johannes dem Täufer gewidmeten Johanneskapelle auf dem Domfriedhof besitzen die Vereinigten Domstifter einen besonderen Schatz. Die Johanneskapelle, welche sich ursprünglich auf einem Domherrenhof südlich des Doms befand, wurde zu Beginn der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von einem an der französischen Gotik geschulten Baumeister errichtet.
Seit 1864 steht die Kapelle auf dem Naumburger Domfriedhof. Im Inneren zeigt sich ein Gewölbe in drei Jochen mit kunstvoll gearbeiteten Schlusssteinen und Laubkapitellen. Der ehemalige Schlussstein der Kapelle, heute im Kreuzgang des Naumburger Doms zu sehen und als Kopie über dem Eingang zur Kapelle angebracht ist, zeigt ein Brustbild Johannes des Täufers mit Opferlamm.
Die beeindruckenden Glasfenster wurden 2014 von dem Leipziger Künstler David Schnell entworfen und gemeinsam mit den Derix Glasstudios Taunusstein umgesetzt. Dank des freundlichen Entgegenkommens des Künstlers und der Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin sowie einer großzügigen Privatspende aus Freyburg können die Fenster in der Kapelle verbleiben.
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