Und weiter geht's mit dem Mauern und Abwiegeln, Nichtwissenwollen und Nichtsagen bei all den Vorgängen um das Terrortrio Böhnhart. Mundlos, Zschäpe, die den Bereich der sächsischen Ermuttlingsbehörden betreffen. Eigentlich wäre es längst an der Zeit, alle Erkenntnisse auf den Tisch zu packen. Doch der Sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) verweigert Auskünfte weiter mit dem Verweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren. Neugierige Abgeordnete beißen sich an ihm die Zähne aus.

Dabei steht längst fest, dass die sächsische Polizei sich stärker mit den Morden des “NSU” befasst hat, als vom zuständigen Innenminister bisher zugegeben. Das bestätigte jetzt auch eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Miro Jennerjahn, Obmann der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im 3. Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtags “Neonazistischer Terrornetzwerke in Sachsen”.

Danach führte die besondere Polizei-Aufbauorganisation “Bosporus” am 12. März 2007 eine Informationsveranstaltung zum Stand der Ermittlungen in der “Ceska-Mordserie” in Dresden durch, an der Polizeibeamte des Landeskriminalamtes und der sieben sächsischen Polizeidirektionen teilnahmen.

“Das ist wieder eine Information, die Innenminister Markus Ulbig (CDU) erst auf Nachfrage erteilt. Was will der Innenminister verbergen? Die kleckerweise Lieferung von Informationen und Akten an den Landtag ist ein unhaltbarer Zustand. Innenminister Ulbig behindert damit weiterhin die Arbeit des Untersuchungsausschusses. Ich fordere den Innenminister erneut auf, dem Ausschuss schleunigst alle Unterlagen zum ‘NSU’ zur Verfügung zu stellen”, fordert Jennerjahn.

Unter dem Begriff “Ceska-Morde” fahndete die Polizei nach den Mördern der neuen Opfer des “Nationalsozialistischen Untergrundes” (“NSU”). Federführend war die Ermittlungseinheit der Polizei “Bosporus”. Der Begriff “Ceska” -Morde bezieht sich auf die bei allen Morden benutzte Tatwaffe der Marke Ceska. In den Medien wurde aber irreführenderweise oft von den “Döner-Morden” berichtet.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte bereits mit dem Antrag “Erkenntnisse und Versäumnisse von Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft bezüglich der ‘Zwickauer Terrorzelle’ aufklären – rechtsextremistische Straftaten wirksam verhindern!” (Drs. 5/7489) umfassende Informationen gefordert. Die in der Antwort des Innenministers auf den Antrag angegebenen Maßnahmen sächsischer Behörden enden aber in den Jahren 2001/2002.

Der Hinweis darauf, dass sich auch die sächsische Polizei mit den “Ceska-Morden” beschäftigte, stammt nun wieder aus den Vernehmungen Bundestagsuntersuchungsausschusses “Rechtsterrorismus/NSU”, vor dem am 26. April der einstige Leiter der Ermittlungseinheit “Bosporus”, Wolfgang Geier aussagte. Er leitete die Ermittlungen von Juli 2005 bis Januar 2008. Im Januar 2008 wurde die Sondereinheit aufgelöst. Den letzten Mord in der Ceska-Serie hatte es am 6. April 2006 in Kassel gegeben. Nach dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn stellte das Terrortrio nach bisherigen Erkenntnissen seine Morde ein. Warum, das kann im Prozess wohl nur Beate Zschäpe sagen.

Dass die Informationsrunde der Soko “Bosporus” mit der sächsischen Polizeispitze ohne Ergebnis geblieben sein sollte, glaubt Jennerjahn nicht so recht.

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“Über diesen Vorgang hat der Innenminister weder den Innenausschuss informiert, noch hat er ihn in seinem ‘Vorläufigen Abschlussbericht’ zum Tatkomplex ‘NSU’ erwähnt”, kritisiert Jennerjahn. “Unterlagen dazu wurden nicht an den Untersuchungsausschuss übersandt, obwohl Ulbig dazu bereits aufgrund des ersten Beweisbeschlusses des Untersuchungsausschusses (ADS 2) verpflichtet wäre.”

Gerade weil Ulbig auf ein “laufendes Ermittlungsverfahren der Generalbundesanwaltschaft” verweist, sieht Jennerjahn seinen Verdacht gestärkt, dass Sachsens Innenminister noch immer Fakten und Erkenntnisse zu den Ermittlungen rund um die abgetauchte Terrorgruppe zurückhält.

“Die Frage, welche Maßnahmen sächsische Behörden aufgrund der oben genannten Informationsveranstaltung 2007 getroffen haben, wurde in der Kleinen Anfrage gleich gar nicht beantwortet”, kritisiert er.

Kleine Anfrage ‘Informationsveranstaltungen der BAO Bosporus zum Stand der Ermittlungen in der Mordserie “Ceska” in Sachsen’ (Drs 5/9587)
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=9587&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2

Der Grünen-Antrag aus dem Januar zu “Erkenntnissen und Versäumnissen von Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft bezüglich der ‘Zwickauer Terrorzelle'”:
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=7489&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

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