Zum Abschluss der fünf Sitzungen des 3. Untersuchungsausschusses (neonazistische Terrornetzwerke) des 5. Sächsischen Landtags, sieht Miro Jennerjahn, der als Obmann der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen in diesem Ausschuss sitzt, den Verdacht gegen die sächsischen Verfassungsschützer erhärtet: Der hat wichtige Informationen aus dem NSU-Umfeld nicht an den Staatsschutz weitergegeben.

“Nach den intensiven Befragungen besteht der Verdacht, dass trotz aktiver Nachfrage des Staatsschutzes der Polizeidirektion Chemnitz über das vorhandene Wissen des Landesamtes für Verfassungsschutzes (LfV) über einen Führungskader des sächsischen Blood & Honour-Ablegers relevante Informationen nicht herausgegeben wurden. Dies betrifft insbesondere die Information, dass der betreffende Führungskader auf der Suche nach einer Waffe für das NSU-Trio sei, mit der das Trio plane, einen weiteren Überfall zu begehen. Die Arbeit des sächsischen Verfassungsschutzes erscheint einmal mehr in einem fragwürdigen Licht”, sagt Jennerjahn.

Mehr zum Thema:

Sachsens Verfassungsschutzbericht 2012: Aus Behördenversagen noch immer nichts gelernt
Eigentlich wäre spätestens der …

Wegen des Verdachts der Falschaussage vor dem NSU-Untersuchungsausschuss: Grüne erstatten Strafanzeige gegen Ex-Verfassungsschutz-Chefs
Mit Schreiben vom 24. Juni haben …

Blut und Ehre: Der “NSU” hat eine lange und blutige Vorgeschichte
Der Titel ist falsch …

Ein Grund auch für das Versagen der sächsischen Behörden: “Die zum Zeitpunkt des Untertauchens des Trios Bönhardt, Mundlos und Zschäpe sehr komplexe Struktur der sächsischen Polizei scheint einen relevanten Anteil daran gehabt zu haben, dass dem Trio nicht früher Einhalt geboten werden konnte. Mit dem Landeskriminalamt, den Polizeipräsidien und den nachgeordneten Polizeidirektionen gab es sehr ausdifferenzierte Strukturen, die jeweils eigenständige Staatsschutzdezernate unterhielten. In dieser Strukturvielfalt sind nach meinem Eindruck die Informationen zu dem Trio nicht systematisch genug zusammengeführt und ausgewertet worden.”

Und auch vorhandene Kompetenzen fragte man gar nicht erst ab. Jennerjahn: “Hinzu kommt, dass in dem Bestreben den Mitwisserkreis bei verdeckten Maßnahmen, wie denen die im Mai 2000 und im September/Oktober 2000 in Chemnitz, möglichst klein zu halten, Fachwissen von Beamten vor Ort nicht in ausreichendem Maße abgefordert wurde. – In den zurückliegenden Tagen konnten wir leider nicht klären, mit welcher Motivlage das Berliner Landeskriminalamt Thomas S. als V-Person geführt hat und inwieweit sächsische Behörden darüber Kenntnis hatten. Hier ergibt sich für mich weiterer Fragebedarf.”

Offen ist jetzt noch, wie es weitergeht im Untersuchungsausschuss. “Durch konzentrierte Arbeit der vergangenen fünf Tage ist es in kurzer Zeit gelungen, viele Zeugen zu befragen. So konnten Widersprüche und Unstimmigkeiten in Aussagen leichter aufgeklärt werden”, sagt Jennerjahn. “Ich hoffe, dass sich die Mitglieder im Untersuchungsausschuss im ersten Quartal 2014 erneut auf dieses Modell der Zeugeneinvernahme verständigen können.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar