Anderenorts müssen Händler, die auf einem Markt dabei sein wollen, nur angeben, welche Produkte sie anbieten, wie viel Standfläche und welche Anschlüsse sie brauchen. Aber im Freistaat Sachsen brauchen sie nun auch noch einen Persilschein. Oder besser: Sie müssen bezeugen, dass sie nichts mit Extremisten zu tun haben. Wer beim "Tag der Sachsen" in Großenhain dabei sein will, muss eine Demokratieerklärung abgeben.

Eine Blamage für Sachsens Staatsregierung, findet der Grüne-Landtagsabgeordnete Miro Jennerjahn. Während die Bundesregierung von ihrer Extremismusklausel abrückt, sollte sie im Freistaat nun auch am Tag der Sachsen 2014 in Großenhain von allen teilnehmenden Vereinen, Händlern, Gastronomen und Firmen abverlangt werden.

So war es auf der Homepage zum Tag der Sachsen 2014 in Großenhain (www.tagdersachsen2014.de) am 14. Februar 2014 zu sehen. Mittlerweile wurde die Homepage bereinigt.

“Der vom Innenminister eingeführte Gesinnungs-TÜV führt zu einer grenzenlosen Misstrauenskultur”, kritisiert Miro Jennerjahn, demokratiepolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag.

“Selbst wenn die zum Tag der Sachsen angestrebte umfassende Ausweitung des Abverlangens der sächsischen Demokratieerklärung auf den vorauseilenden Gehorsam der Stadt Großenhain zurückzuführen sein sollte, die Saat für diesen in Demokratien einmaligen Vorgang hat Innenminister Markus Ulbig (CDU) ausgebracht”, sagt der Abgeordnete. “Die politische Verantwortung für dieses Desaster liegt eindeutig beim Innenminister. Schließlich ist diese Form des Bekenntniszwangs seine Erfindung.”

“Ich erwarte, dass Innenminister Ulbig umgehend klarstellt, ob diese Ausweitung auf einer Vorgabe der Staatsregierung beruht oder von der Stadt Großenhain zu verantworten ist. Sollte die Stadt Großenhain in dieser Frage eigenmächtig gehandelt haben, wäre dies ein Zeugnis eines völlig unterentwickelten Demokratieverständnisses”, sagt Jennerjahn, der zum Vorgang eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung gerichtet hat.

“Rechtstaatliche Prinzipien dürfen nicht außer Kraft gesetzt werden. Die Unschuldsvermutung muss auch in Sachsen gelten. Wenn die Stadt Großenhain oder die Staatsregierung den Verdacht haben, dass antidemokratische Organisationen am Tag der Sachsen teilnehmen wollen, ist dies im Einzelfall nachzuweisen. Erst daran anknüpfend sind die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Es ist nicht Aufgabe der teilnehmenden Organisationen ihre Unschuld zu beweisen”, benennt der Abgeordnete den amtlich installierten Grund dafür, dass nach Vereinen und Institutionen, die sich seit Jahren für die sächsische Demokratie einsetzen, nun auch Floristen und Schausteller mit einem “Gesinnungs-TÜV” konfrontiert wurden.

“Überhaupt wäre Innenminister Ulbig gut beraten, den Gesinnungs-TÜV schnell abzuschaffen. Außer Blamagen, Misstrauen und Bürokratie hat die so genannte ‘Demokratie-Erklärung’ nichts gebracht”, so der Abgeordnete.

Kleine Anfrage MdL Miro Jennerjahn
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13824&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=201

Aufforderung zur Abgabe einer Demokratieerklärung an Händler, Gastronomen und Schausteller:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/TdS_Grossenhain_2014_Gastro.pdf
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/TdS_Grossenhain_2014_haendler.pdf
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/TdS_Grossenhain_2014_schausteller.pdf

Zu unterzeichnende Demokratieerklärung für Händler, Gastronomen und Schausteller:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Demokratieerklaerung_firmen_haendler_gastro.pdf

Aufforderung zur Abgabe einer Demokratieerklärung an Vereine, Verbände, Gruppen, Institutionen und Einzelpersonen:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/TdS_Grossenhain_2014_vereine.pdf

Zu unterzeichnende Demokratieerklärung für Vereine, Verbände, Gruppen, Institutionen und Einzelpersonen:
www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Demokratieerklaerung_Teilnahmeantrag_2014.pdf

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