Jetzt ist es richtig offiziell. Auch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zog nun Bilanz für das Jahr 2014 und stellte fest, was die Meteorologen schon wussten: 2014 war extrem zu warm und zu trocken und auch noch das wärmste Jahr überhaupt seit Beginn der Aufzeichnungen 1881 - und damit ein Paradebeispiel für den voranschreitenden Klimawandel in Sachsen.

Zumindest in diesem Amt leugnet es keiner mehr. Auch wenn die Warnungen an die regierende Ministerriege zumeist verhallen. Ab und zu nimmt zwar ein Minister (meist der für Umwelt und Landwirtschaft verantwortliche) das Wort “Klimawandel” in den Mund. Aber an Taten fehlt es dann meistens, wenn man von den 1,4 Milliarden Euro absieht, die seit 2002 in neue Deiche und Sperrwerke an Sachsens Flüssen verbaut wurden.

Die Ergebnisse der aktuellen klimatologischen Untersuchungen hat das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie am Donnerstag, 29. Januar, gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst in Dresden vorgestellt.

Den Auswertungen zufolge sei die Jahresmitteltemperatur 2014 mit einer Abweichung von +2,1 Grad zur Klimareferenzperiode 1961-1990 extrem hoch gewesen und bestätige den Trend der Erwärmung. Besonders sticht der Winter hervor, der mit einer Abweichung von +3,2 Grad extrem zu warm und extrem zu trocken war.

Was auch bedeutet, dass viel zu wenig Wasser vom Himmel kam. Das Niederschlagsdefizit belaufe sich auf 55 Prozent, teilten die Meteorologen mit. Darüber hinaus wartete der Winter mit einem Plus von 41 Prozent mehr Sonnenstunden auf und die Schneedeckendauer im Gebirge war einen Monat kürzer als im Referenzzeitraum. Auch das Frühjahr (+2,3 Grad Abweichung) und der Herbst (+2,2 Grad Abweichung) waren extrem zu warm.

Beispiele gab es auch wieder für die zunehmende Häufigkeit von Starkniederschlägen. Solche Ereignisse gab es vor allem im Mai, Juli und September. Oft lokal sehr begrenzt, hatten sie dennoch ein erhebliches Schadenspotenzial. Auch die Kombination von nicht besonders auffälligen Wetterelementen könne zu witterungsbedingten Extremen führen, stellten die Meteorologen fest. 2014 betraf das die sehr hohe Anzahl an schwülen Tagen in den Sommermonaten.

Die besonderen Witterungsbedingungen 2014 führten zu einigen bemerkenswerten Ergebnissen. Nach dem extrem warmen Winter startete die Pflanzenwelt zum Beispiel drei bis fünf Wochen früher im Vergleich zum Klima-Referenzzeitraum. Verglichen mit dem Vorjahr setzte die Vegetation sogar 7 bis 8 Wochen früher ein. Aber da darf man sich an den langen Winter von 2012/2013 erinnern, der tatsächlich erst im April zu Ende ging.

Die Landwirtschaft erzielte trotz vermehrter Schaderreger 2014 überdurchschnittliche Erträge – beim Winterweizen waren es 20 Prozent mehr und beim Trockenmasseertrag von Wiesen sogar 30 Prozent gegenüber den durchschnittlichen Erträgen der letzten 10 Jahre. Trotz Spätfrostschäden und Grauschimmelbefall konnte im Weinbau insgesamt noch ein durchschnittlicher Mostertrag erzielt werden.

Der überaus heiße und sonnenreiche Juli begünstigte darüber hinaus eine hohe Luftschadstoffbelastung durch Ozon und Stickstoffdioxid, ein Thema, das jetzt für die sächsischen Großstädte an Bedeutung gewonnen hat. Denn seit dem 1. Januar 2015 gelten auch die strengen Grenzwerte für die Stickstoffdioxidbelastung, die eine Stadt wie Leipzig auch noch nicht im Griff hat.

Und die Grünen-Fraktion fühlt sich wieder einmal bestätigt in der Forderung nach einem echten sächsischen Klimaschutzgesetz. Einfach so weiterwursteln, das ginge überhaupt nicht, erklärt deshalb Dr. Gerd Lippold, klimapolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag: “Diese Klima-Entwicklungen zeigen vor allem eines: Sachsen ist als einer der Top-Klimasünder im internationalen Vergleich in der Pflicht, endlich etwas zu tun. Wir müssen von unseren Pro-Kopf-Emissionen von über 13 Tonnen Kohlendioxid (CO2) runter und zwar schnell.”

Die hohe CO2-Belastung wird vor allem durch die großen Braunkohlekraftwerke in der Lausitz und im Südraum Leipzig erzeugt. Und auch die im Herbst gewählte CDU/SPD-Regierung will sich von den alten CO2-Schleudern nicht trennen und an der Kohleverstromung festhalten.

“Es reicht nicht, dass das Landesamt die Lage konstatiert. Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) muss seiner Verantwortung nachkommen und handeln. Als ersten Schritt sollte die Staatsregierung den Entwurf für ein sächsisches Klimaschutzgesetz vorlegen. Unsere Eckpunkte liegen dazu vor”, sagt Lippold. Und warnt vor den teuren Folgen für ein dicht besiedeltes Land wie Sachsen: “Was folgt daraus, wenn die Häufigkeit von Extremwetterereignissen steigt? In Ländern mit teurer Infrastruktur – wie in Sachsen – bedeutet das immer größere Schadenssummen und immer teurere Versicherungen. In Entwicklungsländern bedeutet das unmittelbar: mehr Hunger, mehr Flüchtlinge und mehr Epidemien. Das zeigen u.a. die Untersuchungen von MunichRe.”

Der erste Schritt wäre nun einmal ein Ausstiegs-Fahrplan für die Kohlekraftwerke. Einfach an dieser umweltzerstörerischen Technologie festzuhalten, könne kein Weg in die Zukunft sein. Lippold: “50 Millionen Tonnen Kohlendioxid kommen aus Sachsen, davon mehr als 30 Millionen Tonnen aus der Braunkohle. CO2 verursacht nach Berechnungen des Umweltbundesamtes volkswirtschaftliche Kosten von 88 Euro je Tonne, also in Sachsen insgesamt 4,4 Milliarden Euro pro Jahr. Investitionen in den Klimaschutz sind somit auch eine Möglichkeit der Kostensenkung.”

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