Im März titelte die in Magdeburg erscheinende "Volksstimme": "Sachsen-Anhalt trennt sich von Spionage-Firma". Die für die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein zuständige IT-Firma Dataport habe die Zusammenarbeit mit dem IT-Unternehmen aus den USA beendet. Oha, dachte sich da die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, das Kürzel kennst du doch.

Seit November 2013 ist es zumindest den interessierten Mediennutzern in Deutschland bekannt. Reporter der “Süddeutschen” hatten die engen Verbindungen des in Virginia ansässigen Konzerns zu CIA und NSA aufgedeckt. In ihrem Buch “Geheimer Krieg” hatten Christian Fuchs und John Goetz noch detaillierter aufgearbeitet, wie die Firma und ihre Ableger auch in Deutschland agieren. Und gerade mit staatlichen Stellen ist CSC auch in Deutschland dicke im Geschäft. Trotzdem beteuerte der Konzern, in Deutschland keine sensiblen Daten abzugreifen.

Was die genannten Bundesländer nicht davon abhielt, No-Spy-Regeln in ihre IT-Vergabevorschriften aufzunehmen. Gerade Sachsen-Anhalt, könnte man aus dem gelobten Land der Hochtechnologie, Sachsen, spotten. Hat sich Sachsens Regierung dem Thema komplett verweigert?

Zumindest einige brisante Verträge hat die Staatsregierung mit der Computer Sciences Corporation (CSC) abgeschlossen, und zwar auch schon zu Zeiten, als deren Ableger in der Dresdner Bergstraße 2 noch CSC Ploenzke AG hieß. Denn ursprünglich hatte Klaus Christian Plönzke sein Unternehmen eigenständig gegründet. Ab 1995 verkaufte er es sukzessive (wie Wikipedia schreibt) an die CSC. Bis 2006 hieß es dann auch CSC Ploenzke AG, seitdem firmiert es auch in den Vertragsabschlüssen mit dem Freistaat als CSC Solutions GmbH.

Juliane Nagel, in ihrer Fraktion auch Sprecherin für Datenschutz, wollte nun wissen, ob es Sachsen wie Sachsen-Anhalt, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein gemacht und keine neuen Vertragsabschlüsse mit CSC getroffen habe und ob eine No-Spy-Klausel in der IT-Vergaberichtlinie stehe. Da es so eine Vergabe-Richtlinie nicht gebe, könne es auch eine entsprechende Klausel nicht geben, teilte ihr nun Wirtschaftsminister Martin Dulig mit. Aber, so betont Dulig, man habe den No-Spy-Erlass des Bundesinnenministers vom 30. April 2014 und die nachfolgende Handreichung des BMI vom 19. August am 18. September 2014 allen Ressorts bekannt gegeben “mit der Empfehlung, den Erlass entsprechend anzuwenden.” Das war noch vor Duligs Zeit als Wirtschaftsminister in den letzten Tagen der Amtszeit von Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP). Dulig ist seit November im Amt.

Er erklärt in seiner Antwort an Juliane Nagel auch, dass “derzeit keine laufenden Vertragsbeziehungen des Freistaates Sachsen mit Unternehmen, die das Namenskürzel ‘CSC’ verwenden”, bestünden.

Aber er arbeitete ihr auch zumindest die Titel von neun Verträgen der sächsischen Staatsregierung mit CSC Deutschland Solutions und den Vorgänger-Firmen zu. Ohne Jahresangaben freilich und ohne vereinbarte Kosten. Darunter vier Aufträge der Landestalsperrenverwaltung – unter anderem zu einem “integrierten Informationssystem”. Das Landesamt für Finanzen hatte einen “Pflegevertrag zur Bankensoftware Payment Transaction System (PTS)”. Aber vier Verträge gab es auch direkt mit dem Herzen der sächsischen Staatsverwaltung, der Sächsischen Staatskanzlei. Da taucht das Kürzel KoBIT auf, was auf gut sächsisch Koordinierungs- und Beratungsstelle für Informations- und Kommunikationstechnik (Kobit) bedeutet. 2007 ließ sich die Staatskanzlei das Projekt 75.700 Euro kosten, 2008 dann 215.000 Euro, bevor das ganze Vorhaben ins Innenministerium abgeschoben wurde.

KoBIT war damals zentraler Bestandteil des Aufbaus des so genannten e-Governement, bei dem 45.000 PC-Arbeitsplätze der Landesregierung und 850 verschiedene Behörden vernetzt wurden. Und CSC hat dabei unter anderem die Methoden- und Technologieberatung gemacht.

Für Sachsen-Anhalt konnte die “Volksstimme” zumindest formulieren: “Dataport betonte weiter, CSC habe in den vergangenen Jahren keinen Zugang zu sensiblen Daten von Landesbehörden gehabt. Dies gelte insbesondere für Sachsen-Anhalt, da das Land erst seit einem Jahr auf die Dienste von Dataport zurückgreift.”

Ob das für Sachsen auch zutrifft, kann man natürlich nach der knappen Antwort des Ministers noch nicht sagen.

Die Kleine Anfrage von Juliane Nagel zu CSC in Sachsen.

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