Mancher war gekommen, um Weltpolitik zu debattieren. Doch die Veranstaltung im Leipziger Werk 2 entwickelte sich eher zu einem gelungenen Informationsabend über die Interims-Erstaufnahme in Leipzig Dölitz. Dass die Bildzeitung mal wieder falsche Zahlen (700) über die kommenden Flüchtlinge verbreitet hatte, war schnell vom Tisch und bald ging es um praktische Fragen. Vertreter der Leipziger AfD waren an diesem Abend ebenfalls vertreten und auch sie konnten ihre Fragen stellen. Ein Abend zum Nachhören. Mit einer gewissen Überraschung am Schluss.

Rund 400 werden es wohl sein, welche im hauptsächlichen Haus in der Friederikenstraße in das Asylverfahren aufgenommen werden. Eigentlich nicht genug, ab 500 beginnt eine reguläre Erstaufnahmeeinrichtung (EAE). Hier macht der Bund offenbar eine Ausnahme, bereits bei 400 wird in Leipzig-Dölitz eine offizielle Stelle mit entsprechendem Personal eingerichtet.

Dass dafür Container ohne Klimaanlagen für zirka 80 Personen aufgestellt werden, fiel bereits negativ auf, auch die Frage eventueller An- und Abreisen mit Bussen war am Abend mehrfach Thema. Ängste vor Anschlägen auf die Erstaufnahmeeinrichtung, die ärztliche Versorgung und die allgemeine Belastung im Viertel: Viele Fragen fanden statt. Manchmal blieben die Erklärungen in Absichtsbekundungen stecken.

Interessant der Beitrag eines Dölitzers zur Asylbeherbung in der Bornaischen Straße, welcher den Bauverzug im Gebäude hinterfragte. Und wer eigentlich die Asylbewerber in Deutsch unterrichtet? Weitere Themen: die Überbelegung und Schlägereien in Erstaufnahmeunterkünften in der Vergangenheit in Sachsen.

Auch die Presseberichte zu den bisherigen Erstaufnahmeeinrichtungen in Schneeberg und Chemnitz kamen zum Vorschein und wurden teils richtiggestellt, aber auch die Frage von Anwohnern, wie man sich denn nun konkret einbringen kann. Dass Personen Angst hätten, ins Werk 2 zu kommen und ihre Meinung zu sagen, wurde durch einen verlesenen Zettel eines anonym gebliebenen Bürgers Thema. Auch eine ehrenamtliche Rechtsberatung für Asylsuchende kam durch einen Anwohner als Angebot mit der Nachfrage, wo man diese denn ausführen könne. Genauso, wie die Parkplatzsituation in der Umgebung.

Eine Überraschung gab es noch am Schluss. Aus dem Interim in Dölitz könnte eine Dauereinrichtung für die Erstaufnahme werden. Und Uwe Wurlitzer (AfD) lernte gegen Ende des Abends vielleicht doch noch, was eine PKS ist. Oder, warum man sie wenigstens lesen sollte, bevor man Angst und Schrecken prognostiziert. Sein Parteikollege Christian Kriegel (AfD-Stadtrat) musste erst einmal zur Kenntnis nehmen, dass auch in Leipzig die Genfer Flüchtlingskonvention gilt.

Die Veranstaltung vom 6. Juli 2015 im Werk 2 zum Nachhören

Anmerkung d. Red.: Wir haben uns bemüht, die privaten Redner im Audio zu anonymisieren. Falls ein Leser weitere Löschungen auf dem Audio von dieser öffentlichen Veranstaltung wünscht, wenden Sie sich gern direkt an redaktion@l-iz.de. Die zwischenzeitlich schlechten Aufnahmebedingungen vor Ort bitten wir zu entschuldigen.

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