Nein, das Profilieren ist nicht so seine Sache. Schon gar nicht in Umweltfragen. Wenn es um Umwelt in Sachsen geht, liebt der sächsische Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) die weisende Geste nach Berlin: Sollen die mal machen. So reagiert er auch auf den Grünen-Antrag, das Insektensterben in Sachsen einmal wissenschaftlich zu untersuchen. Sein Motto: Wasch mir den Pelz ...

Die Grünen hatten – nach all den alarmierenden Nachrichten zum Insektenschwund, die im Sommer bekannt wurden – beantragt, eine sächsische Langzeitstudie zu den Ursachen des Insektensterbens in Sachsen aufzulegen. Forschungseinrichtungen dafür gibt es ja, wenn man nur an die Institutionen im Forschungsverbund iDiV denkt.

Was dem Minister wahrscheinlich schon einen Schritt zu weit ging, war die Forderung, „die Ausrichtung der Richtlinie Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen auf Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt insbesondere der Insekten zu überprüfen und diese entsprechend anzupassen“. Das greift in das Ressort ein, in dem er lieber nicht handgreiflich werden möchte: die sächsische Landwirtschaftspolitik.

Denn alles deutet darauf hin, dass es die straff intensivierte Landwirtschaft mit all ihren negativen Begleitumständen von Überdüngung, Landbereinigung bis Glyphosateinsatz ist, die den (flugfähigen) Insekten die Lebensgrundlagen entzogen hat.

Wenn Schmidt zu dem Thema angefragt wird, beteuert er ja immer wieder, wie emsig man sich um Blühwiesen und ähnliche EU-geförderte Projekte bemüht.

Eigentlich ein Punkt, an dem jeder vernünftige Minister sofort auch ein wissenschaftliches Monitoring ansetzt, um die Erfolge dieser Maßnahmen auch zu messen. Aber nicht in Sachsen. Man macht ja.

In der Logik des sächsischen Landwirtschaftsministers heißt das (in Bezug auf die zugrunde liegenden Krefelder Forschungsergebnisse): „Der Studienansatz war nicht geeignet, Art und Umfang möglicher landwirtschaftlicher Auslöser zu bestimmen. Das heißt, eine wissenschaftliche Analyse zu den Auslösern des Biomasserückgangs bei Fluginsekten steht aus. Die Staatsregierung hält es nicht für zielführend, diesen Forschungsbedarf durch kurzfristig eingeleitete Studien in den Ländern zu beheben.“

Stimmt schon.

Vielleicht werden wir noch erschrecken, wenn sich irgendwann einmal wirklich Wissenschaftler mit den Ursachen des Insektensterbens beschäftigen, dass es nicht nur eine Ursache gibt – sondern viele – und alle haben sie mit menschlicher Maßlosigkeit zu tun.

Die sächsische Staatsregierung, so Schmidt, sei „vielmehr der Auffassung, dass ein komplexer Forschungsansatz erforderlich ist, der ökosystemar, langfristig und länderübergreifend ausgerichtet sein und der in Federführung des Bundes aufgestellt und implementiert werden sollte. Aus diesem Grund haben die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder die Bundesregierung auf der 89. Umweltministerkonferenz am 17. November 2017 in Potsdam gebeten, das Bundesamt für Naturschutz mit der Erarbeitung eines einheitlichen Methodenleitfadens ‚Insektenmonitoring‘ zu beauftragen. Dieser sollte den Bundesländern sobald als möglich, spätestens jedoch bis 1. März 2019 vorliegen.“

Regelrecht bürokratisch reagiert Thomas Schmidt in seiner Stellungnahme auf die Grünen-Forderung, dass die Landesregierung jährlich über die Zwischenergebnisse
der Forschungsarbeiten im Landtag berichten solle. Wo kämen wir da hin? – „Derartige Berichte erübrigen sich, weil a) eine umgehend initiierte landesspezifische Studie zum Insektensterben nicht erforderlich und sinnvoll ist, wie zu 1. näher ausgeführt wird und b) bereits heute Forschungsergebnisse Eingang in Maßnahmen des Insektenschutzes finden und die Maßnahmen der RL AUK/2015 auf den Insektenschutz ausgerichtet sind.“

Die AUK/2015 ist die Richtlinie „Agrarumwelt- und Klimamaßnahme“, mit der vor allem Artenschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft gefördert werden – Blühflächen, artenreiches Grünland, naturschützende Hütehaltung usw.

Man merkt schon, dass der Agrarminister über diese Fördermaßnahmen ungern hinausdenken möchte. Aber wie gesagt: Es fehlt ein Monitoring. Kein Mensch weiß, ob diese Maßnahmen tatsächlich das Insektenaufkommen wieder verbessern. Und ob der Bund sich aufrafft, so eine bundesweite Forschung zu initiieren, ist gerade bei der gegenwärtigen Hängepartie in der Regierungsbildung völlig offen.

Die Stellungnahme der Staatsregierung zum Grünen-Antrag. Drs. 11192

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