Es wird zwar gern geschimpft über die armen Ostländer, die so am Finanztropf des Bundes und der Westländer hängen. Aber dass sie auch noch etliche Finanzlasten aus der DDR-Zeit zu tragen haben, geht meistens unter. Eine dpa-Meldung thematisierte jetzt die merkliche Zurückhaltung der Bundesregierung, die Lasten der alten DDR-Sonderrenten zu übernehmen. Umso frappierender die jüngste Zahl aus einer Anfrage der Linksfraktion im Sächsischen Landtag.

Mit Verweis auf nicht vorhandene Haushaltsmittel dämpft der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, Erwartungen auf eine baldige Entlastung der ostdeutschen Länder von Zahlungen für DDR-Sonderrenten, kommentiert die Fraktion eine entsprechende Meldung der dpa.

Eigentlich gehört die Zahlung dieser Sonderrenten zu 100 Prozent ins Aufgabenfeld der Bundesregierung als Sonderlast der Deutschen Einheit. Doch tatsächlich trägt der Bund nur 40 Prozent dieser Rentenzahlungen, die restlichen 60 Prozent tragen die (ostdeutschen) Bundesländer. Und das sind immerhin 2,8 Milliarden Euro im Jahr, wovon Sachsen allein 800 Millionen Euro trägt.

Bis 2007 trugen sie sogar 66 Prozent der Kosten. Aber seit 2010 klemmt der Anteil bei 60 Prozent fest. Mit einer weiteren Absenkung hätte der Bund den ostdeutschen Ländern tatsächlich mehr finanziellen Spielraum eröffnet.

Entsprechend enttäuscht zeigt sich Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, vom Zögern der Bundesregierung: „Stand im Sondierungspapier von CDU und SPD noch, ‚der Bund wird‘ einen höheren Anteil übernehmen, heißt es nun im Koalitionsvertrag nur noch: ‚Wir wollen schrittweise einen höheren Anteil bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR übernehmen.‘

Übersetzt heißt diese bloße Willenserklärung: Höchstwahrscheinlich kommt nichts – denn die Haushaltslage könnte schon jetzt kaum besser sein. Schon jetzt gelten diese Ausgaben als nicht ‚prioritär‘ und im aktuellen Haushaltsentwurf sind keine Veränderungen vorgesehen. Ich erwarte, dass die Ost-Länder eine gemeinsame Verhandlungsposition finden und Druck auf die Bundesregierung aufbauen. Hier sehe ich den sächsischen Ministerpräsident Kretschmer und den stellvertretenden Ministerpräsidenten Dulig – zumal als Ostbeauftragten seiner Partei – in der Pflicht!“

Welche Größenordnung diese Rentenzahlungen im Haushalt des Landes Sachsen hat, hat Rico Gebhardt erst im Februar bei der Landesregierung erfragt. Demnach musste Sachsen im letzten Jahr 802,65 Millionen Euro für die Zusatz- und Sonderversorgung aufwenden (Kleine Anfrage 6/12025) – 2014 waren es noch 742 Millionen Euro gewesen.

Das zeige, so Gebhardt, wie dringend es sei, die Schieflage zwischen Bund und Ost-Ländern zu beseitigen. „Der Bund muss künftig weitgehend darauf verzichten, seine Ausgaben für die Sonderrenten bei den Ländern einzutreiben.“

„Einerseits geht es um die Rentenansprüche hunderttausender Menschen aus zahlreichen DDR-Berufsgruppen – darunter Ärzte, Apotheker, Künstler, Schriftsteller, Ballettmitglieder, Ingenieure, Polizisten oder Feuerwehrleute“, ergänzt die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion Susanne Schaper.

„Sie haben selbstverständlich das Recht auf entsprechende Leistungen. Andererseits machten die Ausgaben für DDR-Sonderrenten im Jahr 2017 schon 4,3 Prozent des gesamten sächsischen Landeshaushalts aus – ein beachtlicher Posten, und das obwohl eigentlich der Bund für Aufgaben zuständig ist, die mit der staatlichen Einheit zusammenhängen. Der Bund muss die Ost-Länder dringend entlasten – sie brauchen mehr Spielraum bei Bildung, Sozialem, Kultur oder Infrastruktur!“

800 Millionen Euro sind tatsächlich ein gehöriger Batzen Geld – etwa das 20fache dessen, was für Sozialen Wohnungsbau ausgegeben wird.

Anfrage von Rico Gebhardt (Linke) zu den DDR-Sonderrenten. Drs. 12025

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