Es ist eine Minderheit, aber eine, die wächst: Ein kleiner Teil der Sachsen – praktisch eine Kleinstadt groß – legt sich zunehmend Schusswaffen zu. Auch 2018 wuchs die Zahl der Schusswaffenbesitzer weiter. Waren 2017 noch 152.825 Schusswaffen in Sachsen registriert, waren es 2018 bereits 168.404 – also gut zehn Prozent mehr. So ergab es eine neue Antwort des Innenministers auf eine Grünen-Anfrage im Landtag.

Gleichzeitig stieg die Zahl der Privatpersonen in Sachsen, die Schusswaffen besitzen, von 28.782 auf 29.707 Personen – also um rund drei Prozent. So geht es aus den Antworten von Innenminister Prof. Roland Wöller (CDU) auf Kleine Anfragen des Abgeordneten Valentin Lippmann (Grüne) hervor.

„Dieser Anstieg ist alarmierend. Das Schüren von Ängsten und die Dramatisierung der Sicherheitslage entgegen tatsächlicher Fakten haben dazu einen erheblichen Beitrag geleistet, dass sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger nicht sehr sicher fühlen. Allerdings schaffen Waffen nicht mehr Sicherheit, sondern verursachen das genaue Gegenteil. Der Besitz von Waffen ist mit einem hohen Risiko behaftet und muss daher streng reglementiert werden“, erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

„Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, warum in der Stadt Chemnitz im Jahr 2018 nur eine einzige Kontrolle der Aufbewahrung von Schusswaffen stattgefunden hat. Auch in Görlitz und Mittelsachsen lag die Zahl dieser Kontrollen im einstelligen Bereich. Zwar ist die Zahl der Angestellten in den Waffenbehörden der Kommunen in den letzten Jahren gestiegen, doch ist das Kontrollniveau nach wie vor viel zu gering. Es steht in keinem Verhältnis zum Anstieg des Waffenbesitzes und der waffenrechtlichen Erlaubnisse.“

Die Zahlen:

Die Anzahl der Schusswaffenbesitzenden ist innerhalb eines Jahres von 28.782 auf 29.709 gestiegen.

Die Zahl der Personen im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist seit Dezember 2017 von insgesamt 45.579 auf 47.706 gestiegen.

Die Anzahl sogenannten Kleiner Waffenscheine stieg von 17.211 auf 18.750. Besonders eklatant ist hier der Vier-Jahres-Vergleich: Waren 2014 noch 5.301 Kleine Waffenscheine ausgestellt, verzeichnete die Staatsregierung Ende 2018 bereits 18.750. Diese berechtigen zum Führen von frei verkäuflichen Signal-, Reizstoff- und Schreckschusswaffen.

Die Anzahl registrierter Schusswaffen ist in Sachsen im letzten Jahr um gut zehn Prozent von 152.825 Schusswaffen in 2017 auf 168.404 im Jahr 2016 angestiegen.

Zudem streben immer mehr sächsische Bürgerinnen und Bürger den Besitz von Schusswaffen an. Dies kann man an der Anzahl der abgelegten Sachkundeprüfungen ‒ als Voraussetzung zur Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis ‒ ablesen. Im Jahr 2018 nahmen 320 Personen bei Schießsportvereinen und 1254 bei staatlich anerkannten Lehrgangsträgern an den Sachkundeprüfungen teil.

Im Jahr 2018 waren die Waffenbehörden mit 32,69 VzÄ (Vollzeitäquivalenten) ausgestattet.

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Das Fazit von Valentin Lippmann zu diesem Befund: „Wir Grünen fordern eine restriktive Handhabung der waffenrechtlichen Erlaubnisse und ein Tätigwerden des Innenministers. Die Zuverlässigkeit der Personen, die mit Waffen umgehen wollen, muss sehr genau geprüft werden. Auch diejenigen, die bereits eine waffenrechtliche Erlaubnis haben, müssen regelmäßig überprüft werden. Waffen gehören nicht in die Hände von Rechtsextremen, sog. Bürgerwehren oder Reichsbürgern. Für die Prüfung der Zuverlässigkeit und auch für die korrekte Aufbewahrung von Waffen brauchen wir in Sachsen endlich mehr Kontrollen und dafür das entsprechende Personal. Hier bestehen seit Jahren Defizite, auch wenn sich in Sachen Reichsbürger schon etwas getan hat. Zudem muss deutlich gemacht werden, dass der Rechtsstaat funktioniert. Dazu fordern wir Grünen schon lange eine höhere Polizeipräsenz und Revierdichte.“

Einige Sachsen rüsten sich immer häufiger mit halbautomatischen Waffen aus

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