Deutschlandweit wird über den eklatanten Wohnungsmangel in den Großstädten diskutiert. Es hat nur zum Teil mit der Wanderungsbewegung in die Citys zu tun. Der größere Teil des Problems hat mit der Förderung für Wohnraum zu tun. Seit Jahren ist zu wenig Geld für Wohnraumförderung da. Und das bisschen, das da ist, wird mit solchem bürokratischem Aufwand verteilt, dass am Ende trotzdem kaum Sozialwohnungen entstehen. Sachsen ist nur zu typisch für das Problem.

In Sachsen gab es mit Stand 31. Dezember 2018 nur noch 11.784 Sozialwohnungen. Damit ist die Zahl der Sozialwohnungen zwar im Vergleich zu 2017 um 161 Wohnungen gestiegen, wie eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Caren Lay (Die Linke) ergab. Zehn Jahre zuvor lag die Zahl allerdings noch bei 96.316 Sozialwohnungen und im Jahr 2006 gar noch bei knapp 134.000 (Gr. Anfrage Fraktion Die Linke im Bundestag, Drucksache 18/8855).

Der Rückgang der Sozialwohnungen beruht auf der Tatsache, dass die Förderung zeitlich befristet ist. Ist dieser Zeitraum abgelaufen, verliert die Wohnung ihren Status als Sozialwohnung, was nicht zwingend heißt, dass dann sofort die Mieten stark steigen müssen. Aber Großstädte wie Berlin und München erleben eben auch, dass gerade private Wohnungsvermieter dann schnell die Möglichkeiten der Mieterhöhungen nutzen, um mit den Wohnungen mehr Geld zu verdienen.

Wohnungsgenossenschaften und städtische Wohnungsgesellschaften versuchen dann zwar trotzdem, ihre Mieten möglichst niedrig zu halten, um auch Normalverdienern weiter das Wohnen zu ermöglichen. Aber das Problem verschärft sich trotzdem, wenn die modernen Arbeitsplätze fast nur noch in den Großstädten entstehen, Normalverdiener aber auf dem Wohnungsmarkt keine bezahlbaren (neuen) Wohnungen mehr finden, sondern nur noch ein Segment für Hochverdiener.

Leipzigs Verwaltung geht davon aus, dass anteilig am Neubau ein Drittel zwingend sozial geförderter Wohnraum sein müsste. Aber selbst von diesem mehr als zaghaften Ansatz ist Sachsen meilenweit entfernt, denn nicht einmal dafür reichen die vom Freistaat weitergereichten Gelder für sozialen Wohnungsbau in den Großstädten.

„161 neue Sozialwohnungen in einem Jahr im ganzen Land Sachsen ist maximal ein Tropfen auf dem sehr heißen Stein. Mit einem Schneckentempo von 161 Sozialwohnungen im Jahr gäbe es in 759 Jahren wieder so viele Sozialwohnungen in Sachsen, wie es im Jahr 2006 gegeben hat“, kommentiert die Landtagsabgeordnete Sarah Buddeberg (Die Linke) diese Entwicklung.

„Insbesondere in den Großstädten werden tausende neue Sozialwohnungen benötigt und die Zahl der Berechtigten liegt deutlich über der Zahl der Sozialwohnungen. Dabei machen andere Städte wie Wien doch vor, wie es auch gehen kann. Wohnen ist Menschenrecht und kein Luxusgut. Man muss sich entscheiden, ob man auf Seite der Menschen oder auf Seite des Profits einiger Großkonzerne steht. Wo wir stehen, ist klar.“

Es ist die Bundespolitik mit ihrer jahrelangen Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus, die die Situation derart verschärft hat. Das sorgt zwar in Leipzig inzwischen dafür, dass viele junge Familien sich jetzt preiswerten Wohnraum in den angrenzenden Landkreisen suchen. Dort besonders im Vorteil sind natürlich die Städte mit einem guten S-Bahn-Anschluss. Aber selbst beim Nahverkehr tun sich jetzt erstaunliche Probleme auf, die aus derselben Ursache herrühren: einer Politik, die seit gut 30 Jahren meinte, an den gesellschaftlich notwendigen Infrastrukturen sparen und diese Marktsegmente großenteils privaten Akteuren überlassen zu können.

Zumindest habe die Linke, so Buddeberg, in ihr Wahlprogramm eine massive Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus, einen Mietendeckel in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten und ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum geschrieben. Aber der Schlüssel zum Problem bleibt der soziale Wohnungsbau, der auch jene Wohnungen schafft, die sich ganz normal verdienende Familien in Sachsen auch leisten können.

Statt 2.000 bekommt Leipzig in den Jahren 2018/2019 doch nur 253 neue Sozialwohnungen

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