Nicht nur mit den normalen Menschen im Stadtbild hat Bundeskanzler Friedrich Merz ein Problem. Er hat auch eins mit den armen Socken, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Unterstellt ihnen Faulheit, will die Sanktionen wieder verschärfen. Und beweist damit, dass er vom Leben in den unteren Etagen der Gesellschaft keine Ahnung hat. Wirklich keine.
Dazu gehört auch eine neue Zahl aus Sachsen: Die Zahl der arbeitenden Menschen, die wegen ihres geringen Lohns mit Bürgergeld „aufstocken“ müssen, ist in Sachsen wieder gestiegen. Laut der jüngsten Anfrage von Susanne Schaper, Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, zu diesem Thema liegt sie bei knapp 37.000 (Drucksache 8/4077).
„Ob die Sozialleistung Hartz IV, Bürgergeld oder Grundsicherung heißt: Wer eine schwere Zeit durchmacht, verdient ein menschenwürdiges Existenzminimum“, benennt Susanne Schaper etwas eigentlich Selbstverständliches. „Das hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgelegt. Es gibt Menschen, die sich total verweigern, aber deren Zahl ist verschwindend gering. 2024 erhielt gerade mal ein Prozent der sächsischen Bürgergeld-Beziehenden eine Sanktion (Drucksache 8/2280)!“
Da muss sich niemand darüber wundern, dass das gesellschaftliche Klima immer weiter kippt. Denn statt eine belastbare Sozialpolitik zu machen und die Finanzierung der Sozialsysteme wieder in Ordnung zu bringen, sucht die Union nach Schuldigen für die finanzielle Schieflage der Republik ganz unten, erklärt gerade die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind und sich nicht wehren können, regelrecht zu Schmarotzern.
Mehr Verachtung geht kaum noch.
Arm trotz Arbeit, immer noch
„Wir erleben bei diesem Thema eine Debatte, an deren Vergiftung sich sogar der Bundeskanzler beteiligt – so als wären die Millionen Menschen, die Bürgergeld brauchen, faul und würden im Luxus leben. Das ist unsäglich und ungerecht gegenüber den Betroffenen. Die übergroße Mehrheit bemüht sich darum, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Tatsächlich sind viele von ihnen berufstätig, in Weiterbildung oder berufsunfähig erkrankt. Außerdem werden oft sogar Kinder und Jugendliche zum Kreis der Betroffenen gezählt, auch sie leiden unter der Stigmatisierung“, stellt Susanne Schaper fest.
Und sie wird noch deutlicher beim Benennen dessen, worum es eigentlich geht: „Es ist ein Unding, dass so viele Menschen im Freistaat Bürgergeld brauchen, obwohl sie arbeiten. Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihren Beschäftigten einen ordentlichen Lohn vorenthalten, werden bisher von der Allgemeinheit alimentiert. Das können und dürfen wir uns als Gesellschaft nicht länger leisten!
Sachsen darf kein Niedriglohnland mehr sein – dafür muss die Regierung Druck machen. Dazu gehört ein Vergabegesetz, das staatliche Aufträge an gute Löhne bindet. Die Tarifbindung muss erhöht werden, mehr Tarifverträge sollten für allgemeinverbindlich erklärt werden. Ohne gute Einkommen gewinnt kein Betrieb Fachkräfte. Ohne guten Lohn droht Armut auch im Alter.“
Natürlich ist der neue Zugriff auf die Bürgergeldempfänger auch einer der Versuche der Union, davon abzulenken, dass es in der Bundesrepublik immer ungerechter zugeht und gerade die Union eine Debatte über gerechte und auskömmliche Steuern, die den Staat wieder auf ein festes Fundament stellen, scheut wie der Teufel das Weihwasser. Also stiftet man lieber vergiftete Debatten über jene an, die sich gegen Kürzungen und Zumutungen nicht wehren können.
„Infolge der vergifteten Debatte wollen CDU und SPD jetzt wieder stärker das Vermögen der Betroffenen angreifen, was deren Lebensleistung entwertet“, sagt Susanne Schaper. „Wer nach Jahrzehnten im Job arbeitslos wird, erhält für einige Zeit Arbeitslosengeld, danach droht unmittelbar der soziale Abstieg. Dafür sollte sich keine Regierung feiern.“
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Ist Susanne Schaper nicht von der Partei die den Blackrocker auf den Thron geholfen hat? Und jetzt herrscht eben jener, unerwartbar agierend wie, na ja, eben ein ex Blackrocker so agiert. Arm, trotz , Die Linke.