Vergangenen Sonntag sorgte eine Aktion des Fanclubs "Rabauken" über das Zentralstadion hinaus für Aufsehen. Die Supporter hielten drei selbstgemalte Transparente hoch. Darauf war zu lesen: "Kämpa Showan - Ingen nazister pa vare gater". Zu deutsch: "Kämpfe Showan - Keine Nazis in unseren Straßen". Die Parole nimmt Bezug auf einen Malmöer Ultra, der am 8. März von Neonazis angegriffen und schwer am Kopf verletzt worden ist. L-IZ.de hat mit Mitgliedern des Fanclub gesprochen.

Wie kam euch die Idee zu der Transparent-Aktion?

Zum einen hatten wir eine Aktion geplant, die sich thematisch in die Woche gegen Rassismus einordnet. Eben letzteres gehört zu unserem Selbstverständnis als Gruppe, genau wie die Ablehnung von Homophobie, Gewalt und Diskriminierung jeglicher Art. Mit den Ereignissen des 8. März diesen Jahres in Malmö und der Attacke auf Showan Shattak gab es einen weiteren, sehr bedauernswerten Vorfall, der uns in unserem Vorhaben bestärkte. Es war für uns wichtig, unsere Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen, da Showan in seinem aufklärerischen Wirken in und um schwedische Stadien ein Vorbild darstellt und unser Selbstverständnis konform geht.

Ihr habt die Transparente ganz offiziell vor dem Spiel bei RB Leipzig angemeldet. Wie hat der Verein auf die Idee reagiert?

Die Aktion war offiziell vom Verein abgesegnet. Zur Reaktion können wir nur so viel sagen, dass der Fanbeauftrage, als Bindeglied zwischen uns und dem Verein, recht schnell sein Einverständnis erklärt hat. Welche internen Vorgänge diesbezüglich abgelaufen sind, ist uns unbekannt.

Ihr sitzt in der Fankurve am linken Rand, in Block 31. Wie haben die Zuschauer um euch herum die Banner wahrgenommen?

Beim Ausrollen der Transparente, haben sich natürlich viele Köpfe gedreht. Nach Nachfragen von Personen, die in den betroffenen Reihen saßen, was auf den Transparenten steht, halfen diese auch beim Halten. Des Weiteren wurden rings um uns und wie uns berichtet wurde auch in der restlichen Kurve die Smartphones gezückt, um in den einschlägigen Suchmaschinen nach dem Spruch zu suchen. Nach Zusammenrollen und Ende der Aktion, wurden wir mehrfach danach befragt, was zu lesen und was die Bedeutung war. Das Feedback war hier durchweg positiv.
Im Nachgang der Aktion ist vor allem durch Kommentare in Internet-Plattformen deutlich geworden, dass sich diverse Stadiongänger provoziert fühlten. Wolltet ihr mit der Aktion provozieren?

Von einer Provokation wollen wir nicht sprechen, da dieser Begriff negativ zu verstehen ist. Wir wollten mit dieser Aktion wie bereits erwähnt unsere Solidarität zum Ausdruck bringen und auf diesen Fall aufmerksam machen. Auch haben wir schwedisch als Sprache gewählt, da zum einen durch diese Mittelbarkeit die Notwendigkeit des Nachfragens, Nachdenkens oder eben Nachschlagen im Internet entsteht.

Zum anderen ist Schweden natürlich Ort der Geschehnisse und Shattaks Heimat. Nicht unfreiwillig unterstreichen wir damit natürlich auch unsere Statements als Gruppe. Interessant empfinden wir die Tatsache, dass diese Personen ihr Empfinden der Provokation anonym im Internet ausdrücken, anstatt im Stadion auf uns zu zukommen und uns ihre Meinung mitzuteilen.

Eure Kritiker meinen offensichtlich, das Stadion sei ein unpolitischer Raum, in dem für politische Botschaften kein Platz sei. Welche Gegenargumente fallen euch dazu ein?

Ganz grundsätzlich ist es nicht unsere Intention, die Kurve oder das Stadion zu politisieren. Allerdings wollen und können wir von unserem Recht Gebrauch machen, unsere Meinung zu Themen, die sich auf den Fußball und aber eben auch dessen Randerscheinungen beziehen, Kund zu tun. Um auf die Kritiker einzugehen, wollen wir festhalten, dass das Stadion grundsätzlich ein öffentlicher Raum ist in dem man sich auch politisch äußern kann.

Wir verstehen Zivilcourage und Handeln gegen menschenverachtende und diskriminierende Meinungen und Menschen, die diese vertreten, nicht als Politik. Eher verstehen wir dies als unsere Pflicht im Sinne einer humanistischen Weltsicht. Des Weiteren zeigen die jüngsten Geschehnisse, wie zum Beispiel in Duisburg, Aachen, Dortmund oder Braunschweig, dass Gruppierungen, die sich unter dem Begriff des antidemokratischen Handelns zusammenfassen lassen, versuchen in Fankurven und Vereinsstrukturen Einfluss zu gewinnen.

Solch ein Szenario wäre für uns als Teil der Kurve ein Graus. Auch deshalb wollten und wollen wir durch Aktionen, wie Transparente aufmerksam machen, damit eine solche Entwicklung bei uns keinen Einzug hält. Auch können wir nicht recht nachvollziehen, wie ein Transparent kritisiert wird, das eine gute halbe Stunde nach einem vom Verein bewusst gewählten Video gegen Rassismus, präsentiert wird.

Nehmt ihr in der Fankurve rassistische, homophobe und andere diskriminierende Schmähgesänge und Haltungen wahr?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei Heimspielen nimmt man natürlich nur sein unmittelbares Umfeld wahr. In unserem Fall den Block 31 und die anliegenden und hier auch nur das, was bedingt von Lautstärke oder Sicht möglich ist. Bei Auswärtsspielen, wo die Masse der Leute wesentlich geringer ist, nimmt man mehr wahr. Hier fielen bisher Dinge auf, die man in Bezug auf Homophobie und Diskriminierung, als “alltäglich” einordnet. Beispielsweise die Bezeichnung eines Protagonisten als “schwul” oder ähnliches.

Was uns definitiv immer wieder auffällt ist, dass sich Personen Zutritt zur Heimstätte der “Roten Bullen” oder Stadien der gastgebenden Vereine verschaffen, die Kleidung von Marken tragen, die eindeutig und bevorzugt von rechtsradikalen Kräften getragen werden, zum Beispiel “Thor Steinar”. Hier handelt es sich unserer Erfahrung nach um Einzelfälle, denen man am besten mit Meldung an Sicherheitskräfte oder Fanbeauftragten begegnet. Im Großen und Ganzen können wir allerdings festhalten, dass es keine wiederkehrenden von der Masse der Kurve getragenen Schmähgesänge gibt.

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