Am Mittwoch, dem 2. April, stellte die in Leipzig heimische Verbundnetz Gas (VNG) ihre Bilanz für das Jahr 2024 vor. Und wie schon 2023 war das Ergebnis diesmal deutlich im positiven Bereich. 232 Millionen Euro betrug das Konzernergebnis. Und das – so stellt die Geschäftsführung fest – ist eine gute Basis für die Investitionen in die mitteldeutsche Energiezukunft. Denn bei der Dekarbonisierung der Energiebasis spielt die VNG mit ihrer Tochter Ontras eine ganz zentrale Rolle.

„Zurückblickend war 2024 ein bewegtes und bewegendes Jahr, das nicht nur für die Energiebranche, sondern für die gesamte deutsche und europäische Wirtschaft, herausfordernde Rahmenbedingungen mit sich brachte. Nichtsdestotrotz ist es uns gelungen, geschäftsbereichsübergreifend flexibel mit den dynamischen Marktbedingungen umzugehen, die Versorgungssicherheit mit Gas zu gewährleisten und das Geschäftsjahr erneut mit einem starken Ergebnis abzuschließen.

Eine gesunde Mischung aus der Strategieumsetzung ‚VNG 2030+‘ sowie dem Ergreifen von Marktchancen hat VNG diesen Erfolg ermöglicht“, resümierte Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender der VNG AG, zu Beginn der diesjährigen Bilanzpressekonferenz.

VNG hat das Geschäftsjahr 2024 mit einem adjusted EBIT, d.h. einem bereinigten operativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern, in Höhe von 321 Millionen Euro abgeschlossen (2023: 447 Millionen Euro). Das Konzernergebnis liegt mit 232 Millionen Euro (2023: 380 Millionen Euro) ebenso deutlich über den Erwartungen.

Vorstandsmitglieder der VNG AG: Bodo Rodestock, Vorstand Finanzen, Personal & IT; Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender, Hans-Joachim Polk, Vorstand Infrastruktur/Technik. Foto: Torsten Pross
Vorstandsmitglieder der VNG AG: Bodo Rodestock, Vorstand Finanzen, Personal & IT; Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender, Hans-Joachim Polk, Vorstand Infrastruktur/Technik. Foto: Torsten Pross

„Die sehr guten Ergebnisse aus den Jahren 2023 und 2024 bilden ein stabiles Fundament, auf dem wir die VNG der Zukunft bauen. Bis zum Jahr 2035 beabsichtigen wir bei entsprechenden Rahmenbedingungen bis zu 5 Milliarden Euro in Mittel- und Ostdeutschland zu investieren. Nicht zuletzt wollen wir unsere eigenen Dekarbonisierungsbestrebungen und die unserer Kunden maßgeblich unterstützen, um zugleich die industrielle Wertschöpfung in der Region zu stärken.

Dafür haben wir 2024 mit 329 Millionen Euro über alle Geschäftsbereiche hinweg, nicht nur in unser Bestandsgeschäft, sondern eben auch gezielt in das Geschäft mit erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen, investiert“, betont Bodo Rodestock, Vorstandsmitglied für Finanzen, Personal und IT der VNG AG.

Geringerer Umsatz bei gesunkenen Gaspreisen

Im Geschäftsjahr 2024 erzielte VNG einen abgerechneten Umsatz von rund 16,1 Milliarden Euro (2023: rund 23,2 Milliarden Euro), der sich insbesondere aufgrund eines deutlich gesunkenen Marktpreisniveaus reduzierte. Der VNG-Konzern beschäftigte zum 31.12.2024 insgesamt 1.939 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

„In 2024 hatten politische Entwicklungen, sei es auf nationaler, europäischer oder geopolitischer Ebene, maßgeblichen Einfluss auf die Energiemärkte. Zudem fehlen weiterhin wesentliche regulatorische Rahmenbedingungen, etwa eine verlässliche Bepreisung von CO₂-Emissionen sowie hinsichtlich der Finanzierung an internationalen Kapitalmärkten.

Dies wiederum verzögert die Investitionen in die Dekarbonisierung. Zwar halten wir an unserem strategischen Kurs in Richtung grüner Gase fest, aber solange eben jene Verlässlichkeit nicht gegeben ist, sehen wir uns weiterhin mit großen Unsicherheiten konfrontiert. Dies macht ein hohes Maß an Flexibilität und eine stetige Überprüfung unseres strategischen Rahmens erforderlich“, konstatiert Heitmüller.

Investitionen in dekarbonisierte Energiezukunft Mitteldeutschlands

„Im Sommer 2024 haben wir mit der ONTRAS-Beteiligung am bundesweiten Wasserstoff-Kernnetz den Weg für die größte Einzelinvestition unserer über 65-jährigen Unternehmenshistorie geebnet. Mit diesem bedeutenden Vorhaben im Bereich der Dekarbonisierung wollen wir die Umstellung bestehender Infrastrukturen vorantreiben und investieren unmittelbar in die Zukunftsfähigkeit des ostdeutschen Wirtschaftsstandorts“, berichtet Rodestock.

ONTRAS hat sich im gemeinsamen Kernnetz-Antrag der Gasnetzbetreiber als verantwortliches Unternehmen für zunächst rund 600 km Wasserstofftransportleitungen im mitteldeutschen Raum benannt. Gut 80 % davon sind bestehende Erdgasleitungen, die auf Wasserstoff umgestellt werden. Knapp 20 % sollen neu gebaut werden. Im Oktober 2024 hat die Bundesnetzagentur den Antrag zur Errichtung des deutschlandweiten Wasserstoff-Kernnetzes genehmigt.

„Alleine in Sachsen wollen wir für dessen Aufbau in den kommenden Jahren über ONTRAS mehr als 100 Mio. Euro investieren. Mit diesem Netz werden wichtige Industriezentren in der Region mit internationalen Erzeugern verbunden. Damit können wir nicht nur regionale Wertschöpfung verankern, sondern über ONTRAS auch aktiv einen Wettbewerbsvorteil mitgestalten“, so Rodestock weiter.

Im Energiepark Bad Lauchstädt, in dem gemeinsam mit sechs Konsortialpartnern erstmals die gesamte Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab abgebildet wird, konnten 2024 weitere wichtige Meilensteine erzielt werden: Im Januar 2024 wurde der erste Windstrom eingespeist und der Windpark, in dem acht Windräder 50 Megawatt (MW) erneuerbaren Strom erzeugen, konnte im Frühjahr fertiggestellt werden.

„Die Arbeiten laufen weiterhin auf Hochtouren, ebenso die Umstellung der bisherigen Erdgasleitung auf Wasserstoff. Noch im April wird ONTRAS mit einer 25 km Leitung von Bad Lauchstädt nach Leuna eine weitere Wertschöpfungsstufe des Energieparks in Betrieb nehmen. Diese wird zugleich das erste Teilstück des Wasserstoff-Kernnetzes in Ostdeutschland sein. Als weiteres großes Highlight steht im dritten Quartal 2025 die Inbetriebnahme und der Probebetrieb des 30 MW-Elektrolyseurs an, um im Anschluss mittels Elektrolyse jährlich 2.700 Tonnen grünen Wasserstoff zur kommerziellen Nutzung ins Netz einzuspeisen und an den Ankerkunden, die TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland, zu liefern“, berichtet Polk.

Zum Ausbau des Grüngasgeschäfts in Ostdeutschland treibt die VNG AG zudem mit der VNG H&V und dem niederländischen Wasserstoff-Unternehmen HyCC ein weiteres Vorhaben voran, um in Lutherstadt Wittenberg einen Elektrolyseur zur Erzeugung von grünem Wasserstoff zu errichten. Ab 2029 sollen jährlich etwa 50.000 Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden, um die lokal ansässige Industrie, wie etwa das Chemieunternehmen SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH, sowie durch den Anschluss an das Wasserstoff-Kernnetz auch überregionale Abnehmer, dabei zu unterstützen, Erdgas perspektivisch zu ersetzen und CO₂-Emissionen zu reduzieren.

Investitionen benötigen stabile und rechtssichere energiepolitische Rahmenbedingungen

Mit Blick auf die Dekarbonisierung sagt Heitmüller: „Damit wir unsere Strategie ‚VNG 2030+‘ sowie die damit verbundenen ambitionierten Ziele hin zu Biogas und Wasserstoff umsetzen können, brauchen wir politische Rahmenbedingungen, die stabil und rechtssicher sind und langfristige Investitionsentscheidungen ermöglichen. Deshalb setzen wir auf ein klares politisches Bekenntnis zu Wasserstoff: auf nationaler Ebene zur Stärkung von Förderinstrumenten und der Netzentgeltbefreiung von Elektrolyseuren über 2030 hinaus; auf EU-Ebene hinsichtlich einer pragmatischen Regulatorik zur Produktion von grünem und dekarbonisiertem Wasserstoff.“

„Verlässlichkeit und Stabilität zeichnet VNG seit mehr als 65 Jahren aus, indem wir eine stets sichere Versorgung mit Gas gewährleisten. Damit wir weiterhin für Energie sorgen können, die nicht nur heute, sondern auch morgen gebraucht wird, muss die neue Bundesregierung jetzt sehr schnell richtungsweisende Entscheidungen treffen. Das betrifft u.a. den Erhalt und Ausbau von Biogas- und Biomethananlagen, die Kraftwerksstrategie, das Gesetz zur Speicherung und zum Transport von Kohlendioxid sowie den rechtlichen Rahmen für den Wasserstoffhochlauf“, so Heitmüller abschließend.

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