Am 17. Dezember hat der Sächsische Landtag über den Grünen-Antrag "Haushaltstransparenz über Nebenhaushalte herstellen und Budgetrecht des Landtags stärken" debattiert. Es ging um das Budgetrecht des Landtags, um die Schattenhaushalte des Finanzministers und die höchst seltsame Beteiligungspolitik der Staatsregierung. Da ging es auch um den Flughafen Leipzig/Halle.

Der Freistaat Sachsen ist mit 76,64 Prozent Hauptanteilseigner über die Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG). Er bestimmt, was dort gemacht wird und was nicht. Doch auch sechs Jahre nach Eröffnung der Start- und Landebahn Süd erwirtschaftet der Flughafen keinen Gewinn, nicht einmal eine schwarze Null. Für die zweistelligen Millionenverluste müssen die Anteilseigner einstehen, auch die Stadt Leipzig, die noch mit 2,1 Prozent an der MFAG beteiligt ist.

In ihrer Landtagsrede ging Eva Jähnigen, Verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, auch auf die Finanzierungsprobleme des Flughafens Leipzig/Halle ein. Und zwar unter dem Aspekt der Transparenz. Immerhin sind es Steuergelder, die dort verausgabt wurden. Allein die neue Start- und Landebahn Süd kostete 350 Millionen Euro. Und die Ansiedlung von DHL in Schkeuditz subventionierte der Freistaat mit 71 Millionen Euro. Alles Zahlen, die man mitdenken muss, wenn von den neuen Arbeitsplätzen am Flughafen geschwärmt wird.

Nur findet man keine transparenten Unternehmensberichte der MFAG, die dem Steuerzahler Jahr für Jahr zeigen, wie mit seinem Geld gewirtschaftet wurde, welche Effekte man erzielte und wo man dabei ist, aus dem eingesetzten Kapital auch wieder eine Refinanzierung für das Land zu erwirtschaften. Anders machen wirtschaftliche Subventionen keinen Sinn.

“In den letzten Monaten ist in diesem Landtag immer wieder die Transparenz bei kommunaler Unternehmenstätigkeit eingefordert worden. Das ist zweifelsohne richtig”, stellte Eva Jähnigen am 17. Dezember in ihrer Landtagsrede fest. “Aber: kommunale Unternehmen sind zu Transparenz längst verpflichtet. Jährlich müssen sie detaillierte Berichte öffentlich vorlegen – und das ist gut so. Dafür gibt es eine rechtsaufsichtliche Kontrolle. Doch der Freistaat sollte nicht von seinen Kommunen fordern, was er nicht selbst einhalten will.”

So ein Beteiligungsbericht sei übrigens meistens sehr erhellend, stellte Jähnigen fest und konnte dem Beteiligungsbericht der Landeshauptstadt Dresden (die Stadt Dresden hält 2,52 Prozent an der MFAG und ist damit indirekt ebenfalls am Flughafen Leipzig/Halle beteiligt) Folgendes entnehmen: “Die Flughafengesellschaft kommt trotz der umfangreichen Investitionen mit mehreren Hundert Millionen nicht aus den Roten Zahlen heraus. Sie übernimmt die Verluste der beiden Flughäfen Dresden und Leipzig. Im letzten vorgelegten Bericht des Freistaates – eben vom Jahr 2008 – ist man noch optimistisch und verweist darauf, dass der Flugverkehr eine ‘Wachstumsindustrie’ sei.”Das war 2008. Die Startbahn Süd war noch nagelneu. DHL flog sich gerade warm. Der Luftfrachtumschlag war binnen Jahresfrist von 101.000 auf 442.000 Tonnen angestiegen. Im November 2013 meldete der Flughafen schon 813.802 Tonnen – man fliegt also Richtung 900.000 Tonnen. Nun ist zwar die Luftfrachtmenge gestiegen – einen Überschuss aber hat der Flughafen nicht mal in Sichtweite.

“Gewachsen sind lediglich die Verluste der Gesellschaft”, stellte Jähnigen fest. “Betrugen diese vor 2009 noch um die 40 bis 50 Millionen Euro jährlich, sind sie in den letzten drei Jahren auf 76 Millionen Euro angestiegen. Die Ursache dafür sind die steigenden Verluste des Flughafens Leipzig. Diese bewegten sich inzwischen deutlich über 60 Millionen Euro jährlich und sind seit 2008 um ca. 20 Millionen Euro pro Jahr gestiegen.”

Die Rechnung zeigt aber ebenso, dass auch der Flughafen Dresden kein Gewinnbringer geworden ist. Es bleibt die schlichte alte Wahrheit: Mit zwei internationalen Flughäfen auf seinem Gebiet hat sich der Freistaat Sachsen völlig übernommen. Jeder für sich ist ein Prestigeobjekt, das dem Nachbarflughafen die Passagiere abspenstig macht und verhindert, dass der jeweils andere in die Gewinnzone kommt. Das ist so eine Art selbstorganisierte innersächsische Konkurrenz. Auf halber Strecke zwischen beiden Flughäfen liegt übrigens das Städtchen Schilda.

Und erstaunlicherweise sitzt der fürs Geld zuständige Minister im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG.

Eva Jähnigen, direkt an Prof. Georg Unland (CDU) gewandt: “Herr Prof. Dr. Unland, ich kann ja verstehen, dass Ihnen diese Situation als stellvertretendem Aufsichtsratsvorsitzenden der Mitteldeutschen Flughafen AG unangenehm ist: Aber wir kommen nicht umhin, uns alle zu fragen, warum ausgerechnet der Flughafen mit hohen Lärmbelastungen ohne Nachtflugverbot und Billiggebühren steigende Verluste produziert und wie es hier in Zukunft vorangehen soll.”

Aus Ministersicht ganz bestimmt eine Sackgasse. Die Lösung der Vernunft hat man verpasst, als man sich in Dresden entschied, auch den dortigen Flughafen zum Internationalen Airport auszubauen. Aber recht hat Jähnigen in ihrer Forderung: Die Transparenz, die jede Landesbehörde von den Unternehmen in den Kommunen einfordert, muss auch die Landesregierung bringen, wenn es um ihre Wirtschaftsbeteiligungen geht.

Jähnigen: “Wir müssen als Landtag unser Budgetrecht auch tatsächlich wahrnehmen können. Dazu brauchen wir hinsichtlich der Transparenz bei Beteiligungen ähnliche Vorschriften, wie bei den Kommunen. Unsere Verfassung verbietet es, diese Kompetenzen an Manager und die Verwaltung allein abzudelegieren. Wie sollen wir denn sonst über Zuschüsse, Kapitalerhöhungen usw. sachgerecht entscheiden?”

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