Die Hoffnung auf eine anhaltende Belebung im ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbau hat sich vorerst nicht erfüllt, teilt der VDMA nach einer Befragung seiner Mitglieder in Ostdeutschland fest. Stattdessen verschlechterten sich im Vergleich zum Jahresbeginn wichtige Indikatoren wie Kapazitätsauslastung und Auftragsbestand.

Darüber hinaus haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate eingetrübt. Das ergab die Konjunkturumfrage für das zweite Quartal 2014 unter den 350 Mitgliedern des VDMA-Landesverbandes Ost in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die durchschnittliche Auslastung der in den Unternehmen aktuell vorhandenen Maschinen lag bei 86,8 Prozent und damit etwa ein Prozent unter dem Wert des Vorquartals. Auffällig ist eine breitere Streuung als bisher: Drei Viertel der Unternehmen konnten ihre Maschinen und Anlagen zu mindestens 80 Prozent auslasten. Gestiegen ist jedoch der Anteil der Firmen mit einer niedrigeren Produktionsauslastung. So gaben 23 von 100 Unternehmen einen Auslastungsgrad zwischen 60 und 79 Prozent an.

Ebenfalls rückläufig entwickelte sich der Auftragsbestand. 65 von 100 Betrieben registrierten zur Jahresmitte gleich viele oder mehr Aufträge im Vergleich zum Vorquartal – im ersten Quartal sagten dies 78 von 100 Firmen. Darüber hinaus sank der durchschnittliche Auftragsvorlauf von bislang knapp fünf auf vier Monate.

Gründe hierfür sind vor allem die Auftragsrückgänge in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Zusätzlich verstärkt die politische Krise in Osteuropa das bereits seit 2013 schrumpfende Russlandgeschäft. “Allerdings muss man die Konjunkturdaten sehr differenziert betrachten. So beklagen einige Unternehmen einen überaus schleppenden Auftragseingang und langwierige Kundenentscheidungen”, erklärt Reinhard Pätz, Geschäftsführer des VDMA Ost. Für andere hingegen sei die hohe Auslastung und Wachstumsfinanzierung eine Herausforderung.

Die Stimmung unter den ostdeutschen Maschinenbauern hat sich derweil merklich abgekühlt. So rechnen in den Monaten Juli bis September 85 von 100 Unternehmen mit gleichbleibenden oder besseren Geschäften – für das zweite Quartal berichteten dies noch 93 von 100 Unternehmen.

Ungeachtet dessen setzte sich die hohe Investitionsbereitschaft fort. 91 Prozent der Betriebe haben in den vergangenen sechs Monaten ihre Investitionspläne wie beabsichtigt oder darüber hinaus umgesetzt. “Zurückführen lässt sich dies zum einen auf die zwischenzeitliche Frühjahrsbelebung. Zum anderen können die Unternehmen nur mit gezielten Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in neue Maschinen und Anlagen innovative Produkte und Verfahren entwickeln, ihr Kerngeschäft sowie Wachstum sichern und sich so im harten internationalen Wettbewerb behaupten”, unterstreicht Pätz.

Erfragt hat der VDMA Ost zudem, wie sich die zum 1. Juli 2014 inkraft getretene Rente mit 63 auf die Unternehmen auswirkt. Demnach werden vorrangig Facharbeiter vorzeitig in den Ruhestand treten. Zwar rechnen knapp 60 Prozent der Unternehmen mit einem vorzeitigen Renteneintritt von Mitarbeitern. Die befürchtete umfängliche Ruhestandswelle scheint aber zumindest vorerst weitgehend auszubleiben.

“Dennoch trifft es vor allem kleinere Betriebe besonders hart”, weiß Pätz. Zwar hätten sich die ostdeutschen Unternehmen aufgrund der regionalen Besonderheiten bereits intensiv mit dem demografischen Wandel auseinandergesetzt. Könne jedoch die geplante Einarbeitung und Ausbildung nachfolgender Mitarbeiter aufgrund der Neuregelung nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, besteht das Risiko des Know-how-Verlustes. “Dieser Fakt darf nicht unterschätzt werden. Lassen sich frei werdende Stellen nicht nahtlos besetzen, drohen Nachteile in der Wettbewerbsfähigkeit”, so Pätz.

Zwar rechnen knapp 60 Prozent der ostdeutschen Maschinenbauer mit einem vorzeitigen Renteneintritt von Mitarbeitern, insbesondere Facharbeitern. Die befürchtete umfängliche Ruhestandswelle mit gravierenden Auswirkungen für die Personalplanungen scheint aber zumindest vorerst weitgehend auszubleiben. Folgen werden eher mittelfristig erwartet.

“Vor allem in Ostdeutschland ist das Durchschnittsalter der Belegschaften sehr hoch. Eine 45-jährige Berufstätigkeit ist hier keine Seltenheit”, schildert Pätz das Problem. Zudem sei es für viele Unternehmen in der jüngsten Vergangenheit zunehmend schwieriger geworden, kompetente und bezahlbare Mitarbeiter zu finden.

Nach Ansicht von Pätz ist die Rente mit 63 daher ein Rückschlag, vor allem für die kleineren Unternehmen. “Ihre intensiven Bemühungen werden ausgehebelt”, ärgert sich der Landesverbands-Geschäftsführer. Besonders prekär werde es, wenn ein erfahrener Mitarbeiter vorzeitig in den Ruhestand geht und der für die Nachfolge geplante Kollege seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen hat. “Die Dauer der erforderlichen Einarbeitungszeit sowie das Risiko des Know-how-Verlustes dürfen nicht unterschätzt werden. Lassen sich frei werdende Stellen nicht nahtlos besetzen, drohen Nachteile in der Wettbewerbsfähigkeit”, warnt Pätz.

Wichtig sei vielmehr die zweckmäßige Flexibilisierung einer längeren Lebensarbeitszeit. So kann in verschiedenen Unternehmensbereichen wie dem Vertrieb in der Regel deutlich länger gearbeitet werden als in der Produktion mit Zwei- oder Dreischichtbetrieb. Auch im ostdeutschen Maschinenbau existieren Beispiele, bei denen Wissen und Erfahrungen über das eigentliche Rentenalter hinaus im Betrieb gehalten werden. Firmeninterne Modelle ermöglichen es ausscheidenden Mitarbeitern beispielsweise, weiter in Teilzeit zu arbeiten. Dies stoße oft auf eine positive Resonanz.

Die Frage ist daher, wie viele Mitarbeiter die Möglichkeit der vorzeitigen Verrentung wirklich wahrnehmen wollen. “Die Betriebe können die Entwicklung derzeit nur bedingt absehen. Wir werden die kommenden Monate abwarten müssen, um die tatsächlichen Auswirkungen ermessen zu können”, so Pätz. Abzuwarten bleibe auch, wie dauerhaft die jetzige Regelung sei – oder ob sie nur der Profilierung bestimmter politischer Gruppen diene.

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