Wer zwischen Sachsens Großstädten unterwegs ist, der weiß, dass da einiges im Argen liegt. Viel zu lange wurden diese Schienenverbindungen vernachlässigt, auch vom Bund, der die Elektrifizierung der Strecke Leipzig-Chemnitz immer wieder auf die lange Bank schiebt. Die MRB ist hier notgedrungen mit alten Dieselloks unterwegs. Aber auch das hilft nicht mehr, wenn die Infrastruktur immer mehr Probleme macht. Katja Meier ist richtig sauer.

Sie ist die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag. Ihre Büros hat sie zwar in Meißen und Pirna. Da hat sie es mit zwei anderen Problemstrecken im sächsischen Schienennetz zu tun. Aber sie und ihre Kollegen verschlägt es schon der Arbeit wegen auch immer wieder nach Süd- und Westsachsen. Und da landet man dann immer häufiger auf einer Strecke Leipzig-Chemnitz, auf der sich die Probleme häufen, ohne dass dem zuständigen Bundesverkehrsminister beizubiegen ist, dass es hier um eine wichtige Regionalstrecke geht, auf der Handlungsdruck besteht.

„Zugausfälle, Verspätungen, Servicemängel, Durcheinander: Wer derzeit auf der Pendlerstrecke zwischen Chemnitz und Leipzig unterwegs ist, muss sich auf einiges gefasst machen. Die aktuelle Antwort der Staatsregierung auf meine kleine Anfrage belegt die subjektiven Einschätzungen der Bürgerinnen und Bürger, die sich mit dem Problem an mich gewandt haben“, erklärt Katja Meier.

Aktuell kommen auch noch Baumaßnahmen an der Strecke dazu.

Deswegen meldet die Mitteldeutsche Regiobahn (MRB) für die Linie RE 6 (MRB), Leipzig – Geithain – Chemnitz vom 4. bis zum 7. Dezember 2017:

„Bei ausgewählten Abfahrten in den späteren Abendstunden von Chemnitz Hbf. und Leipzig Hbf. im oben benannten Zeitraum muss zwischen Leipzig Hbf. und Geithain Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet werden. Die Bushalte befinden sich unmittelbar an den bekannten Zughaltepunkten. Eine Mitnahme von Fahrrädern ist in den Bussen eingeschränkt möglich. Aufgrund des SEV müssen Abfahrts- und Ankunftszeiten später gelegt werden. Alle nicht im Baufahrplan aufgeführten Züge verkehren nach Regelfahrplan.“

Aber die aktuellen Baumaßnahmen haben das Grundproblem an der Strecke nur verschärft.

Laut Antwort des zuständigen Wirtschaftsministeriums auf ihre Anfrage sind von Januar bis September 2017 insgesamt 189 Züge im Nahverkehr zwischen Chemnitz und Leipzig ausgefallen. In den ersten neun Monaten des Jahres 2016 waren es insgesamt 68.

„Damit hat sich die Anzahl der ausgefallenen Züge im Jahr 2017 fast verdreifacht. Allein der Juli 2017 schlägt mit 45 Zugausfällen zu Buche – das ist ein neuer Negativrekord“, benennt Katja Maier die Zahlen. Ihre Interpretation: „Die Mitteldeutsche Regiobahn (MRB) hat die Strecke nicht im Griff. Schon seit Januar 2017 sind die Probleme so massiv, dass hohe Geldstrafen für die MRB als Betreiber an den Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) fällig geworden sind.“

In ihrer Anfrage hatte Katja Meier noch weiter ausgeholt: „Vermehrt beschweren sich Reisende über regelmäßige Ausfälle und Verspätungen von Zügen der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) zwischen Chemnitz und Leipzig. Auch über die Servicequalität gibt es wiederholt Beschwerden. Nicht erschienene Lokführer und verstopfte Toiletten seien hier exemplarisch genannt. Zuletzt berichtete die Freie Presse Chemnitz am 9. Oktober darüber.“

„Ich erwarte vom ZVMS (Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen, ZVMS-d. Red.) bezüglich als Besteller der Nahverkehrsstrecke, dass er Vorschläge entwickelt, wie die massiven Ausfälle, Verspätungen und Servicemängel behoben werden können“, fordert die Verkehrspolitikerin. „Wenn der Verkehrsverbund das Problem nicht selbst in den Griff bekommt, muss sich Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) einschalten. Der Minister kann sich nicht wegducken, wenn zwischen den Wirtschaftszentren Chemnitz und Leipzig keine zuverlässige Nahverkehrsverbindung gewährleistet wird.“

Ihr Fazit: „Solch hohe Zugausfallquoten sind für Pendlerinnen und Pendler eine Zumutung. Sie sind darauf angewiesen, dass öffentliche Verkehrsmittel pünktlich und ausreichend fahren. Der aktuelle Zustand ist eher ein Beitrag zum Bahn fahren entwöhnen. So animiert man Autofahrerinnen und Autofahrer nicht zum Umstieg auf den Zug.“

Und das auf einer der wichtigsten Strecken im sächsischen Netz. Dazu kommen dann gravierende Verspätungen. Aber die haben eher mit dem heruntergefahrenen Material der Deutschen Bahn zu tun. Denn: „Der verkehrsvertraglich vorgegebene Pünktlichkeitswert von 95 % wurde in großen Teilen nicht erreicht, wobei Verspätungen im Wesentlichen auch durch den Infrastrukturbetreiber verursacht wurden.“

Infrastrukturbetreiber ist die Bahn. Die Strecke hätte längst auf Stadtbahnstandard ausgebaut werden und elektrifiziert werden müssen. Aber kein Bundesverkehrsminister fühlte sich bislang bemüßigt, dieses Streckenprojekt im Bundesverkehrswegeplan durchzusetzen. Ist ja nur Sachsen. Ist ja nur die Verbindung zwischen zwei wichtigen Wirtschaftszentren.

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