"Die Sitzungen der beratenden Ausschüsse sind nicht öffentlich", heißt es in der Hauptsatzung der Stadt Leipzig. Der Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau ist so ein beratender Ausschuss. Am 14. Oktober hat er mal wieder getagt. Auf der Tagesordnung stand die Vorstellung der Finanzierungsstudie und der alternativen Finanzierungsvorschläge für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann. Am 17. Oktober stand alles in der Zeitung.

Nicht alles. Das ist dort auch in einer Titelgeschichte unter der reißerischen Überschrift “Mitteldeutscher Verkehrsverbund will Zwangsticket für alle Leipziger” nicht möglich. Aber nachdem diese Geschichte, deren Quelle ein Mitglied des Fachausschusses gewesen sein muss, am Freitag, 17. Oktober, lanciert wurde, musste auch der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) zu diesem Thema Stellung nehmen, das man bislang hinter verschlossenen Türen behandelt hat, auch wenn der Auftrag zu dieser Studie ursprünglich aus dem Leipziger Stadtrat stammt. Vor der Sommerpause wurde die Gesellschafterversammlung des MDV erstmals darüber informiert, was der MDV da zusammengestellt hatte.

Am Dienstag, 14. Oktober, gab es nun die erste Information im Fachausschuss, der – wie man nun lesen kann – ein löcheriger Käse ist. Die meisten Ausschussmitglieder halten zwar die Klappe über das Besprochene, aber mindestens eine/r meint immer wieder, hinterher zum Schwatzen zur LVZ gehen zu müssen. Und so ist eines ganz bestimmt nicht gewährleistet: eine sachliche Diskussion. Und die hat sich MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann so sehr gewünscht. Aber von einigen politischen Akteuren in Leipzig nicht gewollt.

Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) hat auf Wunsch der Politik am Dienstag, 14. Oktober, nun die geforderte Finanzierungsstudie und alternative Finanzierungsvorschläge für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bis 2025 vorgestellt. Vor dem Bauausschuss der Stadt Leipzig präsentierte MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann verschiedene Szenarien, wie das Dilemma der künftigen Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs gelöst werden kann. Nicht nur eines. Ein Rückzug des Nahverkehrs im prosperierenden Mitteldeutschen Raum wäre dabei die schlechteste Alternative, betont der MDV.

Zu den unterbreiteten Beispielen gehört, die Grundsteuer um 1,1 Prozent zu erhöhen oder auf bewirtschaftete Parkflächen einen Aufschlag von 10 Cent zu erheben. Auch die Möglichkeit, einen Teil der ÖPNV-Kosten beim Erschließen neuer Wohngebiete auf den Grundstückspreis aufzuschlagen, wurde dargestellt. Zudem könne eine Art Bürgerticket – jeder Bürger zahlt im Monat einen Betrag um die 20 Euro und kann im Gegenzug ohne Ticket die Busse und Bahnen des MDV nutzen – für die Sicherstellung des Nahverkehrs sorgen.Aber das alles ist eben nicht bis in die LVZ gesickert. Und so steht da am 17. Oktober nur eine große, reißerische Schlagzeile – mit wenigen, unvollständig wiedergegebenen Inhalten im Text.

Also fühlte sich der MDV genötigt, am Freitag, 17. Oktober, dann selbst über seine Ideen zu informieren. Denn mehr ist es noch nicht. Die eigentliche politische Diskussion beginnt jetzt erst. Zwingend aber ist sie, denn die Verkehrsbetriebe im MDV sind sämtlich unterfinanziert – auch die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), die nach Auskunft von LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg im Schnitt 20 Millionen Euro für Investitionen pro Jahr fehlen.

Der MDV in seiner Mitteilung: “Entgegen der aktuellen Berichterstattung stellt die Möglichkeit eines Bürgertickets eines von vier möglichen Szenarien dar – zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keinerlei Präferenzen für oder gegen einen der Vorschläge.”

“Für uns geht es wie folgt weiter: Wir präsentieren die Finanzierungsstudie samt der alternativen Finanzierungsformen bis etwa Ende des Jahres vor den anderen für uns relevanten Kreisausschüssen bzw. Stadträten. Danach müssen die Parteien und Fraktionen diskutieren, ob und wenn ja, welches der Modelle zukünftig genutzt werden soll”, erklärt Steffen Lehmann,
Geschäftsführer des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes.

Ausgangspunkt der Finanzierungsstudie war unter anderem der Wunsch der Politik, der MDV solle mit einem Zeithorizont bis 2025 die finanzielle Entwicklung zu den laufenden Aufwendungen und den Investitionen darstellen und eben alternative Finanzierungswege aufzeigen. Wie die Studie belegt, steige der Finanzbedarf für den ÖPNV kontinuierlich. So benötigen die Unternehmen bis zum Jahr 2025 zusätzlich etwa 130 Millionen Euro für den laufenden Betrieb sowie rund 50 Millionen Euro Investitionsmittel.

Gemeinsam mit dem Berliner Ingenieurbüro ETC erarbeitete der MDV daraufhin Wege, wie die Kosten auf mehrere Schultern verteilt werden können. Als eine von sechs tragenden Säulen des Konzepts empfehlen die Gutachter, dabei die alternativen Finanzierungswege stärker einzubeziehen.

Die andere Lösung wäre die deutliche Erhöhung der Zuschüsse, die Städte wie Leipzig (über die Stadtholding LVV) an die ÖPNV-Betriebe überweisen. Oder der Freistaat und der Bund sehen sich bemüßigt, ihre drastisch eingedampften Förderprogramme wieder aufzustocken. Tatsächlich ist der ÖPNV in den vergangenen Jahren nicht in stärkerem Maße teurer geworden als alle anderen Verkehrsarten in Deutschland. Vor allem die schrumpfenden Subventionen haben dafür gesorgt, dass die Finanzierungslücken bei den Verkehrsunternehmen aufzuklaffen begannen. Und jetzt, da auch am Material der Verschleiß allerorten unübersehbar wird, steht natürlich die Frage, wer die Lücke füllt.

In den vergangenen Jahren haben Stadt, LVB und MDV dafür immer nur eine Lösung präsentiert: steigende Ticketpreise. Diese Strategie ist an ihre Grenzen gekommen. Gerade in Leipzig.

www.mdv.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar