Im vierten Teil werde ich mich einer möglichen Erweiterung des S-Bahnnetzes widmen. Hierzu werfe ich auch einen Blick in die Stellungnahmen zur 3. Fortschreibung des Nahverkehrsplans des ZVNLs. - Als man 1997/98 die Untersuchungen für das Planfeststellungsverfahren vornahm, plante man noch mit richtig großen Fahrgastströmen.

Besonders auffällig ist hierbei der Leipziger Osten, wo man auch den Regionalzug nach Dresden durch den Tunnel schicken wollte, was man dann aber doch nicht umgesetzt hat.

Im Leipziger Osten ist damit aber ein Kuriosum entstanden. Das S-Bahnnetz kann dort seine Potentiale nicht ausreizen, weil nur 2 von 6 S-Bahnen über Stötteritz hinausfahren. Warum man das so macht und daran auch im neuen Nahverkehrsplan nichts ändern möchte, ist allerdings weder anderen Verkehrsplaner*innen noch mir klar, denn worin besteht der Sinn, mitten in der Stadt 2 Linien verenden zu lassen, wo doch wenige Meter weiter richtig viele Menschen leben, Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze sind und auch Freizeitziele sich befinden.

Die Deutsche Bahn AG hat in ihrer Stellungnahme zumindest darauf verwiesen, dass sie als Prüfauftrag eine Verlängerung der “S4 (oder ggf. S2) abhängig von der Nachfrage gegebenenfalls Verlängerung in der Hauptverkehrszeit zwischen L.- Stötteritz und Borsdorf/Wurzen” wünscht. Damit würden dann wenigstens in der Hauptverkehrszeit nur noch zwei S-Bahnen/Stunde in Stötteritz verenden und die wichtige Verbindung parallel zum Mittleren Ring Südost würde eine deutliche Verbesserung im ÖPNV erfahren.

Aber es geht noch besser

Die S2 könnte – wenn S1 und S4 in Richtung Borsdorf verkehren – nach Taucha geführt werden. Die S2 würde dann von Delitzsch durch den Citytunnel fahren und weiter über Stötteritz, Anger-Crottendorf, Heiterblick nach Taucha geführt werden. Auf diese Weise könnte die S-Bahnstation Leipzig-Schönefeld reaktiviert werden und man bindet sogar das Umweltforschungszentrum mit der S-Bahn an. Die Verbindung wäre insofern auch wichtig, denn der ZVNL und die Landesdirektion Leipzig hatten beim Umbau des Bahnhofs Taucha darauf gedrängt, dass dort ein Wendegleis errichtet wird, damit dort Züge beginnen/enden können. Nach der Netzkonzeption 2018+ würden in Taucha allerdings keine Züge mehr beginnen/enden, was die DB wie folgt in ihrer Stellungnahme anmerkt:

“Die Ausweitung des 30 min-Taktes auf der S-Bahn-Linie 4 nach Eilenburg – Torgau stellt die Ausbauziele des aktuell laufenden und mit Bundesmitteln finanzierten Umbaus des Bf Taucha (b Lpz) zum S-Bahn-Linienendpunkt infrage. Konkret hinterfragen wir die zukünftige Nutzung der neuen dritten Bahnsteigkante sowie des bahnsteignahen S-Bahn-Wendegleises.”

Die Verlängerung der S4 bis nach Torgau steht daher im Plan, weil der RE 10 Leipzig – Cottbus beschleunigt werden soll. Hierzu plant der ZVNL die Auflassung mehrerer Halte, die dann durch die S4 bedient werden sollen. Was allerdings nicht im Nahverkehrsplan zu finden ist, ist der Ausbau der Strecke Leipzig – Falkenberg (Elster) – Cottbus. Diese Strecke ist für maximal 120km/h zugelassen und hat zahlreich Langsamfahrstrecken. Hier wäre also auch ein Bekenntnis zum Ausbau der Strecke auf Vmax 160 km/h sinnvoll gewesen, zumal die eingesetzten Züge 160 km/h als Höchstgeschwindigkeit haben.

Bei der relativ langen Strecke von ca. 180 km macht sich eine Beschleunigung um 40km/h durchaus bemerkbar. Für die Bahnstrecke von Knappenrode nach Horka hat der Freistaat Sachsen sogar 1,6 Millionen Euro hinzugegeben, damit durch die Umrüstung des Zugbeeinflussungssystems ETCS Level 2 die Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h auf 160km/h ermöglicht wird. Schade, dass man das offensichtlich für die Strecke nach Cottbus seitens des ZVNL nicht forciert – zumindest nicht im Nahverkehrsplan.

Und es geht sogar noch besser

Aktuell fehlt eine angemessene Umsteigemöglichkeit zwischen den Linien der LVB und dem Schienenpersonennahverkehr und auch unter den Linien des Schienenpersonennahverkehrs im Leipziger Osten – im Prinzip das Berliner Ostkreuz nur für Leipzig gedacht. Dieses könnte über der Wurzner Straße in Sellerhausen-Stünz entstehen. An diesem Kreuz würden dann neben dem RE 50 Leipzig – Dresden auch der RE 6 Leipzig – Chemnitz, die RB 113 Leipzig – Geithain, die RB 110 Leipzig – Grimma/Döbeln, die S1, S2 und S4 halten sowie die Straßenbahnlinien 7 und 8. Im Gegenzug würde man den Haltepunkt Leipzig-Paunsdorf offen lassen.

 

Das "Stünzer Kreuz". Grafik: Carsten Schulze
Das “Stünzer Kreuz”. Grafik: Carsten Schulze

 

Grünau oder Markranstädt?

Mit Blick in den Planfeststellungsbeschluss ist klar, dass es nur Grünau werden kann, denn für Grünau ist ein 15-Minutentakt unterlegt. Nun könnten durch den Citytunnel aber auch mehr Linien fahren als nur die 12/Richtung und Stunde. Die DB regt in ihrer Stellungnahme auch die Prüfung der Erhöhung der Taktfolge im Citytunnel an, denn auch auf der S3 braucht man perspektivisch (in der Hauptverkehrszeit) Verstärkerzüge. Hier wäre schon viel gekonnt, wenn man auf einen stabilen 15er Takt in der Hauptverkehrszeit zwischen Schkeuditz und Citytunnel käme.

Ein Entweder oder zwischen Grünau und Markranstädt gibt es im Übrigen nicht. Zum einen, weil man bei hinreichend Geld beide anbinden könnte und zum anderen, weil Markranstädt kein Endpunkt werden kann. Die DB in ihrer Stellungnahme dazu:

“Die Verlängerung der S-Bahn-Linie 6 nach Markranstädt wurde bereits fahrplantechnisch geprüft. ln Bezug auf Fahrplanverträglichkeit mit den übrigen Verkehren auf dieser Strecke ergeben sich keine Einwände. Jedoch ist aufgrund der in Markranstädt verfügbaren Infrastruktur das Enden und Beginnen von Reisezügen in dieser Fahrplanlage nicht möglich. Gleiches gilt für den weiter westlich gelegenen Bahnhof Großlehna. Die in beiden Bahnhöfen vorhandenen Überholungsgleise dienen dem Schienengüterverkehr und können nicht für das Wegsetzen von S- Bahn-Leerzügen genutzt werden. Derzeit sind keine Projekte zum Ausbau des Bahnhofs Markranstädt zum S-Bahn- Linienendpunkt in Planung.”

Folglich müsste man wohl mit der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH über einen neuen Endpunkt diskutieren, sofern man unbedingt Markranstädt ins S-Bahnnetz einbinden möchte. Die Folge wären allerdings viele Fahrplan-km mit relativ wenig Fahrgastpotential. Möglicherweise baut aber irgendwann mal jemand die Verbindung Leipzig Miltitzer Allee – Markranstädt. Dann gibts mit einer Linie beide Ziele.

Verlängerungen

Geplant ist beispeilsweise die Verlängerung der S6 von Geithain nach Narsdorf. Hierzu müsste die Strecke ausgebaut, mindestens aber elektifiziert werden und der Haltepunkt Narsdorf müsste zum Bahnhof umgebaut werden. Das ist ein relativ hoher Aufwand, wenn man bedenkt, dass Narsdorf keine 2.000 Einwohner*innen hat. Wenn man sowieso schon den hohen Aufwand hat, wäre es sicherlich sinnvoller, die S6 bis nach Burgstädt zu verlängern. Burgstädt ist neben dem RE6 Leipzig – Chemnitz noch mit der Chemnitzer Citybahn angebunden und hat immerhin 10.000 Einwohner*innen.

Allgemein tut sich der Nahverkehrsplan mit der länderübergreifenden Planung schwer. Besonders auffällig wird das beim Thema Falkenberg (Elster). Falkenberg (Elster) liegt zwar im zentralen Nichts, aber hier beginnen sehr viele Linien des Schienenpersonennahverkehrs in Brandenburg. Es ist der zentrale Umsteigepunkt in Südbrandenburg, ca. 25km entfernt von Torgau, und dennoch kommt man von dort nur schlecht nach Sachsen.

Die letzte Verbindung geht um 20:57 Uhr nach Leipzig, danach hat man nur noch die Chance über Berlin nach Leipzig oder gar Torgau zu gelangen oder man hat sehr viel Wartezeit in Falkenberg (Elster). Übrigens die letzte Verbindung von Cottbus über Falkenberg (Elster) nach Leipzig geht um kurz nach 19 Uhr. Wer später fahren möchte, hat auch nur die Möglichkeit, über Berlin zu fahren. Hier wäre schon viel gekonnt, wenn wenigstens ein bis zwei Mal am Abend die S-Bahn auch bis nach Falkenberg (Elster) fährt und wieder nach Leipzig.

Silvesterknaller, Treuhandschatten, Sondierungs-Gerumpel und eine Stadt in der Nahverkehrs-Klemme

Silvesterknaller, Treuhandschatten, Sondierungs-Gerumpel und eine Stadt in der Nahverkehrs-Klemme

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar