Als Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Freitag, 5. Juli, drei Gutachten zu der von ihrer geplanten CO2-Steuer vorstellte, betonte sie dabei die nötige „soziale Ausgewogenheit“. Denn die Steuer soll eben gerade nicht die ärmeren Haushalte belasten, die jetzt schon für deutlich weniger CO2 verantwortlich sind. Kein Wunder, dass sich der Verein der Besserverdiener postwendend zu Wort meldete: der Bund der Steuerzahler.

Das sind die Herrschaften, die eigentlich so viel verdienen, dass ihnen nicht mal höhere Einkommensteuersätze wirklich wehtun würden, Erbschaftssteuern schon gar nicht. Aber mit dem BdSt haben sie sich ein Dauer-Jammerorgan geschaffen, das bei jedem Vorstoß der Bundesregierung, das Steuersystem ein bisschen gerechter und umweltfreundliche zu machen, sofort über die vielen Steuern jammert, die die reichen Ahnungslosen zahlen müssen.

BdSt-Präsident Reiner Holznagel: „Eine nationale CO2-Steuer bedeutet unabsehbare Zusatzlasten für die Bürger und Betriebe in Deutschland! Die Politik darf nicht vergessen, dass die Verbraucher schon heute erhebliche Beträge für unterschiedliche Umweltsteuern zahlen: Energiesteuern für Kraftstoffe und fürs Heizen, Kfz-Steuer, Luftverkehrssteuer, Stromsteuer und diverse Strom-Umlagen summieren sich bei einem durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalt auf rund 75 Euro im Monat. Zudem kann eine CO2-Steuer klimapolitisch wenig erreichen: Die deutschen Energiepreise würden weiter steigen, ohne dass die Emissionen weltweit substanziell sinken. Eine CO2-Steuer ist der falsche Weg – das Prinzip ,Steuern mit Steuern‘ hat noch nie funktioniert!“

Das Gegenteil ist der Fall: Nichts eignet sich besser zum Steuern als Steuern. Nichts anderes tun kluge Staaten. Dumme Staaten hingegen verzichten auf CO2-Steuern, Erbschaftssteuern oder Finanztransaktionssteuern, um nur drei zu nennen, gegen die die Reichen in Deutschland all ihre Geschütze aufgefahren haben.

Dass der ADAC gleichfalls gleich losheulte, spricht für die Vorgestrigkeit dieses Autofahrervereins. Denn die CO2-Steuer würde nicht das Autofahren verleiden, sie würde den Kauf energiesparender Fahrzeuge hingegen befeuern. Da müssten SUV-Fahrer dann freilich für ihre Luftverpestung draufzahlen.

Und was sagt der CO2 Abgabe e. V. dazu, der ja nun seit geraumer Zeit gerade für diese wichtige Abgabe auf CO2-Emissionen kämpft (die es übrigens in der Schweiz schon gibt, um nur ein Nachbarland als Beispiel zu nennen, auch Schweden hat eine CO2-Steuer, Großbritannien hat eine, in abgewandelter Form auch Frankreich)? Die Argumente des Steuerzahlerbundes sind schlichtweg falsch.

Aber die Steuer wirkt nicht stark genug, wenn sie nach dem bisherigen Modell von Svenja Schulze eingeführt wird, kritisiert der CO2 Abgabe e. V.

„Die schrittweise Einführung eines CO2-Preises allein im Verkehr und beim Heizen schmälert die Lenkungswirkung, sorgt für weniger Einnahmen, damit für weniger Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und führt zu Verzerrungen im Energiemarkt“, kommentiert Ulf Sieberg, Leiter des Berliner Büros des CO2 Abgabe e. V. die Übergabe der Gutachten am Donnerstag. „Nur die Sektoren Wärme und Verkehr in den Blick zu nehmen greift daher zu kurz. Die Mittel für eine ,Klima-Prämie‘ zu verwenden schafft zusätzlichen bürokratischen Aufwand, schmälert die Lenkungswirkung und ist rechtlich nicht unumstritten.“

Befürwortung einer CO2-Abgabe nach Parteipräferenz. Grafik: dimap
Befürwortung einer CO2-Abgabe nach Parteipräferenz. Grafik: dimap

Ein sektorübergreifender Preis, der zusätzlich auch einen Mindestpreis im Emissionshandel vorsieht („Kombi-Modell“), sei gerechter, weil er die Lasten auf alle verteilt, die Treibhausgase verursachen.

„Zudem werden so höhere Einnahmen erzielt“, sagt Sieberg. „Statt 13 Milliarden Euro mit dem Schulze-Vorschlag zu erzielen, entstehen mit einer Kombination aus CO2-Mindestpreis im Emissionshandel und Preise für Verkehr und Heizen über 30 Milliarden Euro. Je höher das finanzielle Aufkommen aus einer CO2-Bepreisung ist, umso größer ist die potentielle Lenkungswirkung des Instruments. Durch Einbezug von privaten Haushalten bis hin zur Industrie würde sich der Anreiz in klimafreundliche Technologien zu investieren anders als bei anderen Varianten über alle Sektoren erstrecken.“

Diese „Lenkungswirkung“ ist es, die BdSt-Präsident Reiner Holznagel fürchtet. Es sind nämlich nicht die von ihm beschworenen „durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalte“, die dann mehr zahlen müssten, sondern die Haushalte der Reichen, die bislang nicht mal über den Preis ihres Luxusverhaltens gegenüber der Umwelt nachdenken müssen.

Nach Schulzes Vorstellungen sollen jene sogar Geld bekommen, die deutlich weniger CO2 verursachen als der Durchschnitt.

„Die Verwendung der Einnahmen entscheidet über die Wirkung“, betont auch der CO2 Abgabe e. V.

Verglichen mit einer Senkung des Strompreises durch die Gegenfinanzierung von EEG-, KWKG-Umlage und Stromsteuer führen selbst „Klima-Prämie“ und eine Stromsteuersenkung zusammen zu geringeren Anreizen und einer späteren Lenkungswirkung. Zwar werden einkommensschwache Haushalte in beiden Modellen durchschnittlich entlastet, einkommensstarke Haushalte durchschnittlich belastet.

„Die Sozialverträglichkeit ist also bezogen auf das jeweilige Modell garantiert“, so der CO2 Abgabe e. V. „Das Kombi-Modell setzt jedoch wesentlich früher Anreize für CO2-mindernde Maßnahmen als der Schulze-Vorschlag, die diese erst ab 2030 bietet. Damit, dass eine Rückerstattung mittels ,Klima-Prämie‘ die Ausgaben für einen CO2-Preis übertrifft, droht die Gefahr, dass keine klimaschutzwirksamen Investitionen erfolgen. Im Gegenteil: Mit der pauschalen Rückerstattung nimmt die Gefahr sogar zu, dass klimaschädliche Konsumausgaben steigen.“

Im Juni hatte der Verein übrigens auch die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage veröffentlicht, in der fast zwei Drittel der Befragten der Notwendigkeit einer CO2-Abgabe zustimmten.

Die Kurzmeldung: „Fast zwei Drittel der Wahlberechtigten (62 Prozent) halten eine CO2-orientierte Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern auf Energie grundsätzlich für sinnvoll. Das zeigt eine neue repräsentative Umfrage von infratest dimap im Auftrag der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, der Stiftung Neue Energie und des Vereins CO2 Abgabe. Auch Geringverdiener und Unions-Wähler befürworten demnach mit jeweils 58 bzw. 59 Prozent eine CO2-Steuerreform. Mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen besonders interessant: In Ostdeutschland wird eine solche Steuerreform ebenfalls mehrheitlich befürwortet. Die Zustimmung der Menschen im Osten steigt von gut der Hälfte (55 %) auf fast zwei Drittel (64 %), wenn der CO2-Preis aufkommensneutral ist.“

Die Umfrage ergab übrigens auch, dass einkommensstarke Haushalte sogar eher bereit sind, CO2-Abgaben zu zahlen, als einkommensschwächere Haushalte.

„Wir begrüßen daher, dass sich Frau Schulze noch nicht festlegt hat und einen Ideenwettbewerb um die verursachergerechteste, sozialverträglichste und technologieoffenste Umsetzung einer CO2-Bepreisung ausspricht, die Bürokratie abbaut sowie Planungssicherheit und Innovationen fördert“, sagt Sieberg. „Wir sind überzeugt, dass ein CO2-Mindestpreis im Emissionshandel und eine Energiesteuerreform für Verkehr und Heizen, die Anforderungen besser erfüllt, was unsere Studien belegen.“

Soziologe erklärt, warum gerade einkommensschwache Haushalte bei einer CO2-Steuer profitieren

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