So ein Begriff wie Wegwerfgesellschaft wäre der Nachkriegsgesellschaft nie in den Sinn gekommen. Alles hatte seinen Wert, wurde aufgehoben. Vielleicht kann man es ja noch gebrauchen. Man könnte das mit Momox auch in fünf Buchstaben packen. Die stehen für einen Internethändler, der gebrauchte Sachen ankauft und wieder verkauft und sich zur Freude der Stadt als flächengrößter Mieter das ehemalige Quelle-Versandzentrum als Standort auserkoren hat.

Dies kann gleichzeitig auch als Symbol für den Boom des ehemaligen Quelle-Areals verstanden werden. Auch wenn die symbolische Enthüllung des Momox-Firmenlogos anstelle des schon fast legendären Quelle-Schildes wegen heftiger Windböen und Regen im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fiel, trübte das keineswegs die Stimmung der Anwesenden. Allen voran Oberbürgermeister Burkhard Jung, der sich darüber freute, dass das Prinzip, nach dem Momox arbeitet, praktisch auch für das Quelle-Versandzentrum umgesetzt werden konnte.

Nämlich: “Nichts wegwerfen”. Schließlich ist auch das riesige Logistik-Areal in jeder Hinsicht wieder verwertbar. Jung erinnerte sich noch an die düsteren Momente, als im Quelle-Logistikzentrum die Lichter ausgingen: “Das war ein bitterer Moment und uns war wirklich mulmig zumute. Und jetzt kommt mit Momox eine wirklich gute Idee hierher. Nämlich die der Wiederverwertbarkeit. Sehr wichtig, in einer Gesellschaft, die bislang von der Wegwerfmentalität geprägt war. Und ich bin sicher, dass die Pläne dieses Unternehmens aufgehen werden.”
Gleichzeitig habe man den Beweis angetreten, so das Stadtoberhaupt, dass die Strategie, Leipzig zu einem modernen Logistikstandort auszubauen und entsprechend zu investieren, aufgegangen sei. Jung weiter: “In das verwaiste Quelle-Versandzentrum zieht wieder Leben ein. Arbeitsplätze entstehen, und wie ich gehört habe, sollen es nicht nur Leiharbeitsplätze sein, sondern feste Jobs. Und mit dem Internethändler Momox hat sich ein Unternehmen für Leipzig entschieden, das europaweit großes Wachstumspotential hat”.

Oliver Dahms, einer der drei Geschäftsführer von Momox mit Hauptsitz in Berlin, versucht das Unternehmenskonzept mit einigen Worten zu erklären: “Wir kaufen gebrauchte Gegenstände von Leuten an und verkaufen sie weiter. Wenn Sie also zuhause alte Bücher, CDs, DVDs, Handys und so weiter haben und nicht mehr brauchen, beziehungsweise mal ausmisten wollen, dann können Sie diese Gegenstände bei Momox auf der Website einstellen. Dann bekommt man einen verbindlichen Preis. Der Unterschied zu ebay ist zum Beispiel, dass man die Ware an uns verschickt und genau weiß, was man dafür bekommt. Die Versandkosten übernehmen wir übrigens auch.
Im Augenblick bieten wir zum Ankauf Bücher, CDs, DVDs, Games, Software und Tablet-Computer an.” Witzigerweise hat sich bei den DVDs “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” als absoluter Renner herausgestellt. Dagegen ist die DVD “Vollidiot” mit Oliver Pocher ein absoluter Ladenhüter, also davon nehmen wir keine DVDs mehr an. Das ist auch ein Teil des Geschäftsrisikos, damit müssen wir leben. Neu ist, dass wir auch Handys und iPads aufkaufen. Und verkauft wird das Ganze dann über unsere Seite www.medimops.de.”

Dahm ist einer der drei Geschäftsführer und managt das Unternehmen mit seinen Partnern Christian Wegner, dem Gründer von Momox und Timm Langhorst, der für Marketing und Vertrieb zuständig ist. Momox ist mit 10.800 Quadratmetern Grundfläche, damit insgesamt 40.000 Quadratmetern der bisher größte Mieter im ehemaligen Quelle-Versandzentrum. Perspektivisch will man in Zukunft hier den Internethandel mit Gebrauchtgegenständen etablieren. Die Logistikpark Leipzig GmbH, bestehend aus den Gesellschaftern GRK-Holding AG und Vicus AG, hatte das insgesamt rund 338.000 Quadratmeter große Areal im März 2011 von einem institutionellen Investor übernommen. Rund 190.000 Quadratmeter stehen in den Gebäuden zur Verfügung, wovon mehr als 85.000 Quadratmeter vermietet sind. Die sofort vermietbaren Flächen umfassen knapp 110.000 Quadratmeter, wovon 15.000 Quadratmeter vermietet sind.
Neben der Momox GmbH haben sich die Rudolph Logistik Gruppe, die DB Intermodal Services GmbH, die TI Automovie GmbH, die DB Schenker AG, die Spedition Friedrich & Sohn und die Atos Origin GmbH für den Standort entschieden. Andreas Rühle, Vorstandsmitglied der GRK-Holding AG: “Insgesamt 100.000 Quadratmeter vermietete Fläche sind für uns ein toller Erfolg. Wir bekommen nahezu täglich neue Anfragen und verhandeln derzeit über weitere Flächen von rund 25.000 Quadratmetern”. Dies sei, so Rühle, um so bemerkenswerter, als dass man seinerzeit belächelt wurde, als man das Areal aufkaufte. Er rechne mit einem starken Wachstum in der nächsten Zeit und freue sich vor allem über die vorhandenen Anfragen mit ausschließlich langfristiger Nutzungsdauer.

“Nicht zuletzt macht es uns auch stolz, ein für die Stadt Leipzig so wichtiges Objekt mit Ideen und Mut in so kurzer Zeit wieder zum Leben erweckt zu haben. Unser Versandzentrum ist ein starkes Signal für den Wirtschafts- und Logistikstandort Leipzig”, so Rühle. Das knapp 50 Fußballfelder große, hochmoderne Logistikzentrum liegt in unmittelbarer Nähe zum Luftfahrdrehkreuz der DHL, zur Neuen Messe, dem Porsche-Werk, BMW, Flughafen, der Autobahn sowie Gleisanschlüssen. Dazu kommen über 40 Lkw-Schleusen, Großhallen, Werkstatt- Büro- Technik- und Sozialgebäude. Das Quelle-Versandzentrum im Leipziger Norden wurde am 18. Mai 1995 feierlich eröffnet und galt mit einer Summe von einer Milliarde Mark damals als größte Investition der Konzerngeschichte. Durch die Insolvenz der Quelle GmbH wurde der Warenversand Ende 2009 eingestellt und das Logistikzentrum Anfang 2010 geschlossen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar