Die Antonov 124 hat jetzt am Flughafen Leipzig/ Halle eine geräumige Bleibe. Am Dienstag übergab die Flughafenleitung der russischen Volga-Dnepr-Gruppe den neuen Wartungshangar. Ein Bau nach Plan, wie man betont. Auch von der Bedeutung des Investments und strategischen Partnerschaften mit Russland ist bei der Übergabe viel die Rede. Es ist nicht das beste Fliegerwetter rund um Leipzig an diesem Dienstag: bedeckt, fast ein wenig neblig, später fängt es an zu schneien.

Von Tristesse ist in dem neuen 17,7-Mllionen-Euro-Bau im Nordbereich des hiesigen Flughafens hingegen nichts zu spüren. Hell erleuchtet ist der neue Hangar mit einer Grundfläche von 94 mal 90 Metern und einer Höhe von 30 Metern. Auch die Mienen der Beteiligten sind froh gestimmt. Denn auch das gibt es in Deutschland in diesen Tagen: Flughafenchefs und Länderministerpräsidenten mit strahlenden Gesichtern. “Wir haben einen Flughafen, der funktioniert”, heißt es. Und jeder in der Halle weiß, auf wessen Kosten nun kollektiv gelacht wird. Der neue Hangar bietet Platz für die größten Transportmaschinen auf Erden und in den Lüften. Namentlich geht es um die russische Antonov 124. Ein Exemplar steht mit aufgeklapptem Bug in der Halle.

Seit 2007 befindet sich in Sichtweite der Autobahn 14 das einzige europäische Wartungszentrum für die großen Antonovs. Mit dem Hangar stößt man nun in neue Dimensionen vor. “Der Hangar bietet unserem Partner Volga-Dnepr Technics die Möglichkeit, in modernen Räumlichkeiten wetterunabhängig Wartungsarbeiten an Flugzeugen sowohl russischer als auch westlicher Bauart durchzuführen”, betont Dierk Näther, Geschäftsführer des Leipzig/Halle Airports.

Das deutet die Potenziale am Standort an. Volga-Dnepr Technics will späterhin auch Maschinen anderer Gesellschaften hier warten, wie Alexey I. Isaikin, Präsident der Mutterfirma Volga-Dnepr, dem Weltmarktführer bei schwerem Lufttransport. Noch in diesem Jahr wolle man die Mitarbeiterzahl in Leipzig von jetzt reichlich 50 auf gut 100 verdoppeln.
Perspektivisch könne es laut Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) um bis zu 1.000 Arbeitsplätze gehen. Volga-Dnepr strebe laut Tillich neben der Wartung künftig auch die Modernisierung seiner Flugzeuge an diesem Standort an. Zugleich soll es verstärkt um den Transport ziviler Wirtschaftsgüter gehen, sagt der Regierungschef des Freistaates in die Mikrofone. Er nennt das Beispiel die Straßenbahnen, die im ostsächsischen Bautzen gebaut und via Leipzig von Volga-Dnepr zum Abnehmer im indischen Delhi geflogen werden.

Für Erste bleibt SALIS noch ein wesentliches Standbein des russischen Engagements am Schkeuditzer Airport. SALIS steht für ‘Strategic Airlift Interim Solution’. Und damit für die Möglichkeit für 16 NATO- und EU-Staaten, militärisches Gerät und Hilfsgüter in Einsatzgebiete und Katastrophengebiete zu transportieren.

Das mit dem “Interim” von SALIS dauert so lange, bis Airbus den Westeuropäern den A400M als Militärflugzeug zum strategischen Lufttransport liefern kann. So bald ist das nicht. Der CDU Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch, Vorsitzender der Parlamentsgruppe Luft- und Raumfahrt, verwies in seinem Grußwort darauf, dass der Bundestag die Verträge mit SALIS gerade erst erneut verlängert habe.
“Heute schlagen wir ein neues Kapitel in der russisch-sächsischen Zusammenarbeit auf und krönen die langjährige Kooperation zwischen Volga-Dnepr und seinen Partnern im Freistaat Sachsen”, lobt Sachsens Regierungschef Tillich die Hangar-Übergabe.

Sein sachsen-anhaltinische Amtskollege Dr. Reiner Haseloff (CDU) setzt auf weitere strategische Partnerschaften zwischen Deutschland und Russland. Er bemüht den Flugzeugpionier Hugo Junkers (1859 -1935), der im nahen anhaltinischen Dessau das erste Gesamtmetallflugzeug der Welt baute. Im Jahre 1923 startete Junkers mit einer Flugzeugfabrik in Fili bei Moskau). Zwei Dinge zur historischen Einordnung: Junkers wurde 1933 kurz nach dem Beginn der NS-Zeit enteignet, weil ihm die Machthaber nicht über den Weg traute. Die Junkers-Werke wurden verstaatlicht.

Die Fabrik in Fili steht stellvertretend für die Kooperationen zwischen Deutschland und der jungen Sowjetrepublik in der zivilen Luftfahrt, aber auch in militärischen Dingen. In Sowjetrussland taten deutsche Ingenieure und Militärs damals das, was ihnen in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg von den westlichen Alliierten verboten worden war. Der Vertrag von Rapallo aus dem Jahre 1922 steht symbolisch für diese Ära strategischer Partnerschaften.

Aber zurück ins Heute: Für Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) markiert die Hangarübergabe “einen ganz wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Verstetigung von Investitionen” am Airport. Denn die Entscheidung von Volga-Dnepr für Leipzig/ Halle werde auf dem globalen Cargo-Markt sehr wohl positiv honoriert werden. “Wir haben hier keine Wunschträume in die Welt gesetzt, sondern den Flughafen Schritt für Schritt entwickelt”, blickt Albrecht auf die Zeit seit 1990 zurück.

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