Es gab zwar keine Diskussion, als dieser Antrag aus dem Ortschaftsrat Engelsdorf zum Aufruf kam. Aber er passte in die am selben 17. Dezember stattgefundene Debatte um die Beteiligung des Stadtrates an den Haushaltsentscheidungen der Stadt. Denn die zunehmend klammere Haushaltslage führt inzwischen dazu, dass auch Bauprojekte auf die lange Bank geschoben werden, auf deren Umsetzung Ortschaftsräte wie der in Engelsdorf eigentlich schon seit Jahren warten.
In Engelsdorf ging es eigentlich um den lange zugesagten Ausbau der Zweinaundorfer Straße zwischen Kantor-Schmidt-Weg und Ortsgrenze Baalsdorf/Mölkau.
Es ist ein klares Beispiel dafür, wie die Unterfinanzierung der Kommunen den Frust bei den Bürgern wachsen lässt. Demokratie erlebt man nun einmal direkt vor Ort. Und es tut dieser gar nicht gut, wenn wichtige Bauprojekte, um die seit Jahren gekämpft wurde, auf einmal aus Haushaltsgründen wieder bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden.
Das klang im Antrag, den der Ortschaftsrat Engelsdorf gestellt hatte, auch deutlich an: „Diese Maßnahme wird seit vielen Jahren von einer Haushaltsplanung zur nächsten verschoben, wobei die Dringlichkeit des Ausbaus, insbesondere von Rad- und Fußwegen, zwischen Stadtverwaltung und den Ortschaftsräten Engelsdorf und Mölkau unstrittig ist.
Bei dieser Strecke handelt es sich um eine Radverkehrsroute des Inneren Fahrradrings (Leipzig-Elbe-Radroute), der jedoch jegliche Ausstattung für den Radverkehr fehlt. Stadtauswärts besteht lediglich rechtsseitig ein schmaler Gehweg – eher als Trampelpfad zu bezeichnen. Für Kinderwagen oder Fahrradanhänger völlig ungeeignet!
Stadteinwärts gibt es nicht einmal das. Aufgrund der schlechten Straßendecke ist der gesamte Bereich für das Radfahren gänzlich ungeeignet. Das Radfahren wird auf dieser Straße zur großen Gefahr. Dabei sind auch hier zahlreiche Schulkinder unterwegs.
Der Schulstandort Oberschule Mölkau bildet das Ziel der meisten Oberschüler aus den Ortsteilen Engelsdorf und Baalsdorf. Die meisten Mölkauer Gymnasiasten machen sich täglich auf den Weg ins Gymnasium nach Engelsdorf.
Weiterhin sind die Ortslagen Mölkau und Baalsdorf ein begehrtes Ziel für Hausbauer und das insbesondere für Familien. Neben den bereits entstandenen neuen Siedlungen befindet sich ein weiteres Baugebiet ‚Ziegelstraße‘ in der Entwicklungsphase, unmittelbar an der Zweinaundorfer Straße gelegen.
Dadurch ist mit weiterem Zuwachs an Familien und potenziellen Radfahrern zu rechnen.“
20 Jahre, und nun?
Und all das ist nicht neu, sondern beschäftigt den Ortschaftsrtat seit Jahren: „Die Ortschaftsräte Engelsdorf und Mölkau stellen seit mehr als 20 Jahren Anträge hierzu, die bislang keine Berücksichtigung fanden.“
Eigentlich war das, wie Anja Feichtinger, Fraktionsvorsitzende der SPD und auch Mitglied im Ortschaftsrat Engelsdorf, betonte, schon ein Haushaltsantrag für den Doppelhaushalt 2025 / 2026. Aber da wurde er schlichtweg nicht berücksichtigt. Also hoffte der Ortschaftsrat in der Neufassung des Angtrags auf eine Berücksichtigung im nächsten Doppelhaushalt 2027 / 2028.
Aber auch das wird wohl eher nicht passieren, stellte das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in seiner Stellungnahme für die Stadt fest, auch wenn darin so ein kleiner Hoffnungsschimmer steckte: „Die Maßnahme wird im Rahmen der Haushaltsplanung 2027/28 erneute auf eine mögliche Umsetzung geprüft. Eine Aufnahme in den nächsten Doppelhaushalt kann jedoch nur in einer Gesamtabwägung erfolgen.“
Bedarf bestätigt, Umsetzung fraglich
Das klingt, als wäre da eine Chance. Aber im Begründungstext erläuterte das MTA dann doch, dass diese Chance sehr minimal wäre: „Die Maßnahme ‚grundhafter Ausbau der Zweinaundorfer Straße zwischen Kantor-Schmidt-Weg und Ortsgrenze Baalsdorf/Mölkau‘ ist bereits im Rahmenplan aufgeführt und ihr grundsätzlicher Bedarf damit bestätigt. In der vorgenommene Gesamtabwägung aller beschlossenen Vorhaben wurde die Maßnahme nicht für eine Umsetzung 2025/26 priorisiert. Die notwendigen Ressourcen wurden entsprechend im aktuellen Doppelhaushalt nicht berücksichtigt.
Die Maßnahme kann leider absehbar auch im kommenden Haushaltsjahr 2027/2028 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht berücksichtigt werden. Es zeichnet sich ab, dass die geplanten Vorhaben des Rahmenplans Mobilität für 2025/26 aufgrund der sich zuspitzenden Haushaltslage nicht umgesetzt werden und sich in die kommenden Jahre verschieben müssen. Im Rahmen der Haushaltsplanung 2027/28 und der Behandlung durch den Stadtrat wird eine erneute Abwägung erfolgen.“
Anja Feichtinger stellte dann trotzdem den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Denn hier wurde deutlich, was es heißt, wenn Kommunen in ihrer zunehmenden Überschuldung geradezu gezwungen werden, eine Investition nach der anderen zu streichen. In der Prüfung für 2027/2028 wird das Baudezenat kaum zu einem anderen Ergebnis kommen.
Und besonders die Radfahrer werden weiterhin mit Frust und dem Gefühl steter Gefährdung auf der Zweinaundorfer unterwegs sein. Und sich dabei fragen, wer eigentlich für die immer neue Verschiebung des Straßenumbaus tatsächlich den Hut aufhat.
Die Ratsversammlung stimmte dem Verwaltungsstandpunkt dennoch einstimmig zu. Das Gefühl macht sich breit, dass der Stadtrat bei Investitionsfragen tatsächlich zunehmend an Einfluss verliert.
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