Manchmal kommt's einfach auf den Blickwinkel an. Wenn der normale Leipziger jubelt, weil der Sommer schön warm ist und die Heizkostenrechnung niedrig, dann ziehen die Geschäftsführer des Stadtkonzerns ein langes Gesicht. Und selbst der Leipziger OBM sagt: "2014 war ein ganz schwieriges Jahr." Trotzdem hat der Leipziger Stadtkonzern LVV 2014 das beste Ergebnis seiner Geschichte hingelegt.

Wäre 2014 ein kaltes Jahr geworden, wäre das Ergebnis noch besser gewesen. Denn den größten Batzen zum Konzerngewinn tragen nach wie vor die Leipziger Stadtwerke bei. Das Jahr 2013 hat den ganzen Konzern verwöhnt. Da schafften die Leipziger Stadtwerke zum ersten und einzigen Mal in ihrer Geschichte einen Gewinn von über 70 Millionen Euro. Was ein bisschen unterging in den ganzen Streitigkeiten um die alten Geschäftsführer, die für dieses Ergebnis verantwortlich waren, aber andere strategische Vorstellungen für die Stadtwerke hatten. Damit rasselten sie immer wieder mit LVV-Geschäftsführung und Gesellschafter Stadt aneinander, was dann 2014 zum doppelten Abgang führte.

Schon damals stand die Warnung im Raum, dass die Erwartung, dass ein Gewinn von 60 Millionen Euro bei den Stadtwerken so nicht lange zu haben sei, im Raum. Denn einen Großteil des Gewinns konnten die Leipziger Stadtwerke zuvor noch im Stromgroßhandel erzielen. Doch über die Jahre sind die Gewinnmargen dort immer geringer geworden. 2014 zogen sich die Stadtwerke deshalb in großen Teilen aus diesem Geschäft zurück.

55 Millionen gab’s von den Stadtwerken

Aber – siehe oben – es war auch das zweitwärmste Jahr, das Leipzig je erlebt hat. Und einen Großteil des Gewinns machen die Leipziger Stadtwerke nach wie vor mit Strom, Gas und Fernwärme in Leipzig. In einem warmen Jahr sinken diese Gewinne logischerweise. An 60 Millionen Euro ist da am Ende nicht zu denken. 55 Millionen wurden es dann tatsächlich. Das war jahrelang die normale Gewinnmarge, die die Stadtwerke bei den LVV abgeliefert haben. Da steckt übrigens auch das so gern kritisierte Engagement in Danzig bei der GPEC mit drin, die 2014 einen Gewinn von 11 Millionen Euro erwirtschaftete.

30 Millionen schafften die Wasserwerke

Und richtig gut drauf waren 2014 auch die Leipziger Wasserwerke. Sie steuerten erstmals in ihrer Geschichte 30 Millionen Euro zum Konzernergebnis bei. Vorher waren Summen um die 20 Millionen Euro eher normal. Aber kaum ein Leipziger Kommunalunternehmen bekommt so direkt mit, wenn in Leipzig die Einwohnerzahlen steigen – dann  steigt sofort der Wasserverbrauch.

Und auch die Abwassermenge nimmt zu. Und die verkaufte Wassermenge nahm 2014 auch pro Kopf zu, was die LVV-Geschäftsführung schon beinahe jubeln lässt, denn jahrelang ist die Wassermenge, die die Leipziger verbrauchen pro Kopf, immer weiter gesunken. Auf ein für bundesdeutsche Verhältnisse scheinbar unterirdisches Niveau von unter 90 Liter pro Kopf und Tag. Der Bundesschnitt liegt über 120.

2014 stieg diese Menge erstmals wieder leicht. Aber wer sagt, dass nicht auch das am warmen Wetter lag? Mehr Geld fürs Trinkwasser kam trotzdem nicht rein, weil das Unternehmen zuvor die Wasserpreise gesenkt hatte. Dafür nahm man beim Abwasser 7 Millionen Euro mehr ein. Spülen müssen die Leipziger immer.

Tariferhöhung half LVB, die Umsatzerlöse zu halten

Wenn also das eine Unternehmen (die Stadtwerke Leipzig) weniger Gewinn macht, weil’s zu warm ist, macht das andere (die Wasserwerke) mehr Gewinn, ist durchaus die Frage: Irgendwie profitiert immer einer vom Wetter. Wobei die Stadtwerke ihre eigenen Probleme haben, an denen sie selbst nur mit viel Aufwand etwas ändern können. Das analysieren wir an dieser Stelle in Kürze noch etwas genauer.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe sind ja der Teil im Konzern, der von den anderen Geld bekommt. Das Konstrukt dazu heißt Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag. Der sichert den LVB seit 2009 einen Betrag von 45 Millionen Euro zu. Sie hatten 2014 einen besonderen Effekt: einen Rückgang der Fahrgastzahlen, bedingt durch das in Betrieb gegangene S-Bahn-Netz und die Ausgliederung der Regionalbusstrecken im Landkreis.

Trotzdem, so freut sich das Transportuntenehmen, habe man die Umsatzerlöse praktisch stabil halten können: 95,6 Millionen Euro nahm man ein, 2013 waren es 95,9 Millionen. Grund für diesen verblüffenden Ausgleich trotz zurückgehender Fahrgastzahlen: die „Anpassung der Verkehrstarife“ im Sommer. Was dann auch den LVB ein positives Betriebsergebnis bescherte.

Die „Energiewende 2.0“ ist fällig

Die LVV-Spitze schaute also am Freitag, 5. Juni, als sie das Konzernergebnis für 2014 vorstellte, mit vielen besorgten Blicken auf die Stadtwerke. Volkmar Müller, der fürs Geld bei der LVV zuständige Geschäftsführer, sagte denn auch: „Wir sind noch viel zu witterungsabhängig.“

Aber nicht nur das macht den Stadtwerken das Leben schwer. Denn so nebenbei leiden auch sie unter den Folgen dessen, was mittlerweile aus der Energiewende geworden ist. Kaum ein Baustein passt noch zum anderen. Die auf die großen Energiekonzerne fixierte Reformitis in Sachen Energiewende hat dazu geführt, dass wesentliche Funktionsteile der Energiewende nicht funktionieren.

Die Gaskraftwerke zum Beispiel, die im Ursprungskonzept der wesentliche Regler für Spitzen und Täler in der Stromproduktion bilden sollten. In gewisser Weise erfüllt das Gaskraftwerk in der Eutritzscher Straße diese Aufgabe auch, aber auch nur, weil es mit Millionenaufwand noch flexibler regelbar wurde. Aber tatsächlich gibt es auf dem Strommarkt keine Täler, weil die großen Kohlekraftwerke auch bei Sonnenschein weiter am Netz sind und Grundlast produzieren.  Und Unmengen von billigem Strom.

Deswegen skizzierte Dr. Norbert Menke, Sprecher der LVV-Geschäftsführung, am Freitag auch schon mal ein paar Ideen für eine „Energiewende 2.0“ bei den Stadtwerken.

Dazu kommen wir auch noch.

Die LVV selbst haben übrigens auch noch ein paar Krümel zum Ergebnis beigesteuert: „Das Beteiligungsergebnis des LVV-Konzerns konnte im Geschäftsjahr 2014 um Mio. EUR 1,1 auf Mio. EUR 5,8 verbessert werden. Diese Entwicklung ergibt sich im Wesentlichen aus höheren Dividendenzahlungen der VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft, Leipzig (VNG), (+Mio. EUR 0,7)“, heißt es im Konzernbericht.

Rücklagen für Londoner Prozess bleiben erst mal liegen

Das kann man alles summieren, die 45 Millionen Euro für die LVB abziehen. 3,3 Millionen Euro gehen noch ab für Zinsrückstellungen für den Rechtsstreit mit der UBS vor dem Londoner High Court of Justice. Da haben die Wasserwerke Leipzig zwar 2013 gewonnen, das Urteil gegen die UBS ist rechtskräftig.

Trotzdem versucht die Schweizer Großbank, die seinerzeit in die windigen CDO-Geschäfte der Wasserwerke verwickelt war, in London eine Berufung zu erlangen. Das wird nun am 7. Oktober in London verhandelt. Die „vorsorgliche Rückstellung“, die die Wasserwerke gebildet hatten, bleibt also vorsorglich bestehen. Am 31. Dezember 2014 belief sie sich immerhin auf 84,4 Millionen Euro.

Während eine andere Summe schon geflossen ist. Denn der High Court hatte ja die Geschäfte der UBS mit dem damaligen Wasserwerke-Geschäftsführer Bernd Heininger für nichtig erklärt. Das heißt, die UBS hatte ein Recht, die ausgezahlten Prämien zurückzuverlangen.

Doch diese Millionen sind irgendwo im Kosmos der beteiligten Pokerspieler verschwunden. Also ist der Restposten doch wieder im Leipziger Stadtkonzern gelandet. Im Bericht heißt es dazu: „Auf dieser Grundlage haben die KWL erhaltene Prämienzahlungen aus CDO-Transaktionen nebst Zinsen von Mio. EUR 35,1 unter Verrechnung eines Abschlages auf zu erwartende Prozesskostenerstattung von Mio. EUR 14,7 an die UBS (im Saldo Mio. EUR 20,4) im Geschäftsjahr 2014 zurückgezahlt.“

20 Millionen Euro für nix, könnte man sagen. Für nix als Ärger.

2015 sollen’s 100 Millionen werden

Insofern war es, wie Burkhard Jung sagte, zwar ein hartes Jahr. Aber auch eines, das der Stadtkonzern endlich wieder im Plus abschloss. Nach einem Minus von 3,5 Millionen Euro im Jahr 2013 stand diesmal ein Plus von 23,9 Millionen unterm Strich.

Das Geld bekommt nicht die Stadtkasse, sondern es bleibt im Eigenkapital der LVV. Denn am Eigenkapital bemisst sich, wie viele Kredite ein Unternehmen aufnehmen kann, um wieder investieren zu können. Und alle drei Konzernteile (LVB, KWL und SWL) müssen weiter investieren. Der Investitionsstau liegt gerade bei LVB und KWL im dreistelligen Millionenbereich.

Deswegen freuen sich ja selbst Burkhard Jung und Norbert Menke wie die Schneekönige, dass die LVB endlich wieder fünf neue Straßenbahnen kaufen können. „Im Herbst werden wir über die zweite Tranche entscheiden müssen“, sagt Volkmar Müller. Was dann, so kündigte er am Freitag schon mal an, zu einer kurzfristigen Steigerung der Verschuldung innerhalb der LVV führen wird. Von 615 Millionen Euro in diesem Jahr auf 810 Millionen Euro zum Jahresende.

Und weil man gerade dabei ist, das Schiff zu beschleunigen, peilt man für 2015 sogar ein Konzernergebnis an, wie es die LVV noch nie gesehen hat: 108 Millionen Euro.

Aber da stecken dann wahrscheinlich (siehe oben) auch ein paar „Einmaleffekte“ drin, denn wenn man schon den Geldbringer SWL so kritisch beäugt, dann ist so ein Sprung aus dem laufenden Wirtschaften heraus nicht zu erzielen.

Auch im 2014-er Ergebnis steckt so ein Einmaleffekt: Das Finanzamt war so gnädig, die Rückstellungen für die CDO-Geschäfte der Wasserwerke doch nicht wie Rückstellungen für spekulative Geschäfte zu behandeln. Denn die Wasserwerke Leipzig hatten ja nun eindeutig nichts von diesen spekulativen Geschäften, sie haben nur draufgezahlt – von den Prämienrückzahlungen bis hin zu den zweistelligen Millionenkosten für die Rechtsanwälte.

„Wir werden garantiert nie wieder spekulative Geschäfte machen“, merkte Volkmar Müller denn auch mit kleinem Lächeln an. Rund die Hälfte der 23,9 Millionen Euro, die am Ende übrig blieben, waren also diese Steuerrückerstattung vom Finanzamt. Ansonsten hätte man eigentlich fast genau eine Punktlandung hingelegt. Denn für 2014 war ein Überschuss von genau 10,6 Millionen Euro geplant gewesen.

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