Seit zwei Jahren beteiligt sich Leipzig am Bundesprogramm "Lernen vor Ort". Erfolgreich, wie Sozialbürgermeister Thomas Fabian sagt. Mit dem Programm ist auch in Leipzig deutlicher geworden, welche Rolle die Kommune bei der Bildung ihrer Bewohner spielen kann. Und welche Rolle der gebildete Bürger für die Kommune spielen kann. Auf den freut sich sogar Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal.

Deswegen luden am Montagmorgen zwei Bürgermeister zur Vorstellung eines nagelneuen Kataloges ein. 110 Seiten dick, auf ordentlichem Papier gedruckt: “Leipziger Umweltangebote”. Im Januar kamen 1.000 Exemplare aus der Druckerei. “Inzwischen haben wir ein paar Hundert nachdrucken lassen”, erzählt Dr. Cornelia Leser aus dem Amt für Jugend, Familie und Bildung. Sie hat die Erstellung des Katalogs betreut. Eine echte Sammelarbeit.

Nicht nur Heiko Rosenthal staunte, als alles fertig war, wie viele Institutionen, Vereine und Anlaufstellen es in der Stadt gibt, die allesamt die unterschiedlichsten Lehr- und Lernangebote in Sachen Umwelt anbieten. Ist ja sein Leib- und Magenthema. Egal, ob es um Lärm in der Stadt geht, dicke Luft und Feinstaubbelastung, um gefällte Bäume, sauberes Wasser, Naturschutzgebiete, Parks, Vögel, Wildtiere und Verkehr – er steht im Mittelpunkt und erntet auch meistens die Kritik.

Was ihn ärgert, ist nicht die Kritik, sondern die oft von Unkenntnis getragene Argumentation. Das kann zermürben, wenn man immer wieder in öffentliche Gefechte mit Leuten verwickelt wird, denen Fakten und Zusammenhänge schnurz sind und die einfach lospoltern, wie es ihnen einfällt. “Aber wir brauchen den auch in Umweltdingen gebildeten Bürger, der die Veränderungen, die auf uns zukommen, mitträgt. Wir brauchen den Bürger, der versteht, wie grundlegend diese Veränderungen sein werden”, sagt Rosenthal.

Deswegen richtet sich der Katalog auch nicht nur an Kindergärten und Schulen. Das freilich auch. Denn wo sonst lernen Kinder, ihre Umwelt zu verstehen? Und in vielen Kindertagesstätten gehören auch erste Exkurse in die Natur und Beschäftigung mit all dem, was da krabbelt und kreucht, längst zum vorschulischen Bildungsangebot. Genauso, wie in etlichen Schulen auch Themen aus der Umweltbildung zum außerschulischen Programm gehören. Zum schulischen sowieso. Auch in den naturwissenschaftlichen Fächern gibt es entsprechende Lerneinheiten. Nur gehen die Schulen und die Fachlehrer damit unterschiedlich um. Manche Schulen haben sich eigene kleine Biotope angelegt, viele nutzen schon jetzt eifrig die Angebote des Schulbiologiezentrums, des Wildparks und des Zoos.30 Lernorte konnte Cornelia Leser im Katalog versammeln, dazu 20 weitere Umweltbildungsträger. Dazu gehört eben auch das Naturkundemuseum, das hier seinen würdigen Platz gefunden hat. Genauso wie das faszinierende Regenwaldmuseum “Phyllodrom” in Wiederitzsch, der botanische Garten der Universität, die Dölitzer Wassermühle oder die Auwaldstation in Lützschena. Wer erst einmal sucht, der staunt wie der Umweltbürgermeister. Und mancher wird manches auch nicht finden.

“Einige Anbieter konnten wir nicht aufnehmen, weil sie einfach keine Planungssicherheit haben”, sagt Leser. Die unberechenbare Förderpolitik von Bund und Land schlägt auch in den Leipziger Umweltbildungsbereich durch. Auch das Umweltinformationszentrum der Stadt ist ausgebucht – und kann seine Angebote dennoch nicht ausweiten. “Wir würden wirklich gern mehr machen”, sagt Rosenthal. Er weiß zumindest, dass es ohne das persönliche Mitmachen jedes Einzelnen nicht geht. “Jeder kann seinen Beitrag leisten”, sagt der Bürgermeister. Und in hunderten Angeboten vermitteln die im Katalog gesammelten Anbieter Kompetenz, wie etwa in Veranstaltungen zur Kreislaufwirtschaft und zur Abfalltrennung, bei Beratungen zum Fairen Einkauf, bei Naturkursen im Zaubergarten, Exkursionen zum Biotopschutz oder selbst bei Beratungen zur Haltung von Haustieren. Umwelt ist überall. Und sie begleitet nicht nur Kinder in Kita und Schule.

Sie spielt auch bei der Berufsorientierung eine wichtige Rolle. Denn zahlreiche zukunftsfähige Berufsfelder sind in letzter Zeit im Bereich der Umweltwirtschaft entstanden. Ist nur die Frage: Wissen das auch die jungen Leute, wenn sie ihre Ausbildungs- und Studienwahl treffen?

Deswegen bietet der Katalog im vorderen Teil nicht nur eine klare Übersicht über die neun großen Themenfelder der Umweltbildung, die erst einmal deutlich machen, wie umfassend dieses Wissensgebiet tatsächlich längst ist – reicht es doch von Energie und Mobilität über Gesundheit, Ernährung und Abfallwirtschaft bis zu Naturschutz und ökologischem Bauen.

In einzelnen Tafeln bekommen die Leser des Katalogs eine Übersicht, welche Anbieter für welche Altersgruppe Angebote vorhalten. Und das reicht von Paketen für Kindergärten über alle Klassenstufen bis hin zu Angeboten für Familien, Senioren, Multiplikatoren. Einige Angebote findet man im Leipziger Umland. Ist ja nicht so, dass nur Leipzig sich mit dem Mega-Thema des 21. Jahrhunderts beschäftigt.Aus etlichen Schulen, so Bürgermeister Thomas Fabian, gab es schon positive Resonanz auf den Katalog. “Die Schulen haben alle mindestens zwei Exemplare bekommen”, so Fabian, “und die Fachlehrer geben uns durchweg ein positives Feedback.” Tatsächlich soll der Katalog natürlich auch und gerade die Schulen anregen, die vorhandenen Angebote noch eifriger wahrzunehmen.

Denn die Zukunft der Stadt können nur junge Leute gestalten, die wissen, um welche komplexen Zusammenhänge es da geht. Aber was wissen die jungen Leute eigentlich?

Das wollen Fabian und Rosenthal jetzt auch gern mal wissen. Deswegen gibt’s ab März eine Umfrage – ganz speziell für die jungen Leute.

Den Katalog “Leipziger Umweltbildungsangebote” findet man auch zum Download auf der Website zum Projekt “Lernen vor Ort” im Bereich “Wirtschaft, Technik, Umwelt, Wissenschaft (WTUW)”.

Hier ist er – zusammen mit einem gleich aufgebauten Katalog zu den MINT-Fächern – zum Download bereitgestellt: www.leipzig.de/de/buerger/bildung/lernenvorort/17795.shtml

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