LeserclubDie LVZ hat zum Thema Friederikenstraße 37 mittlerweile einen Kleinkrieg zwischen Sozialamt und Liegenschaftsamt ausgemacht und vermutet, die schlechte Kommunikation im Liegenschaftsamt könnte an der kommissarischen Leitung des Amtes liegen. Aber das erklärt eben nicht, warum der Grundstücksverkehrsausschuss ebenfalls für den Verkauf stimmte. Und warum die Stadt dann im Januar von der Entscheidung für die Friederikenstraße 37 kalt erwischt wurde.

Zwischen der Zustimmung des Grundstücksverkehrsausschusses im Juli 2014 und der Meldung des Freistaates über die Anmietung des ehemaligen Lehrlings- und Studentenwohnheims in der Friederikenstraße in Dölitz im Januar lag ja die Inkraftsetzung eines neuen Gesetzes, das nun auch die Unterbringung von Asylsuchenden in Immobilien innerhalb von Gewerbegebieten ermöglicht. Ein Gesetz, das die Innenminister der Länder auf den Weg gebracht hatten, um die Suche nach geeigneten Unterkünften zu erleichtern, denn nicht nur Sachsen war von den gestiegenen Flüchtlingszahlen überrascht worden.

Der Freistaat hatte ja bekanntlich auch in Leipzig Probleme. Auch in der Kommunikation. Denn kaum war bekannt geworden, dass der Freistaat eine Erstaufnahmeeinrichtung an der Max-Liebermann-Straße in Gohlis plante, schwappten die Diskussionen hoch. Erst recht, als bekannt wurde, dass der Freistaat unter Zeitdruck steht und möglicherweise sogar Container aufstellen wollte, um die Betreuung abzusichern. Im November gab es dann das nächste Brandthema, als bekannt wurde, dass die Landesbehörden versuchten, sich das ehemalige Bundeswehrkrankenhaus in Wiederitzsch zu sichern. Da wurde noch verhandelt – und die Wiederitzscher fühlten sich auf einmal ausgetrickst.

Bekanntlich scheiterten diese Verhandlungen. Dann wurde es still. Und dann kam der Januar und das Innenministerium konnte vermelden: Es wird alles ganz anders. Und der Mietvertrag ist auch schon unterschrieben.

Das war dann die Friederikenstraße 37.

Und jetzt stand auf einmal Leipzig dumm da: Reden die Ämter nicht miteinander? Hat dort niemand die strategische Kommunikation in Händen?

Es war wohl ein wenig anders. Und das spricht wohl für die Geschäftstüchtigkeit des Käufers der Friederikenstraße, der KKS Project GmbH.

Denn Abstimmungen zwischen dem Freistaat und Sachsen gab es sehr wohl. Sowohl der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) als auch die Landesdirektion Leipzig, so bestätigt Letztere, waren mit Leipzig in Kontakt: das SIB zu allen Fragen, die mit der Zurverfügungstellung von vorhandenen Räumen, der Neuerrichtung von Gebäuden und der dauerhaften Anmietung zu tun haben. Und die Landesdirektion Sachsen (LDS), so deren Pressesprecherin Jana Klein, zu allen anderen Fragen: “Unabhängig davon pflegt die LDS im Zusammenhang mit der landesweiten Verteilung von Asylbewerbern einen stetigen Austausch bzgl. der Unterbringung der Asylbewerber mit den unteren Unterbringungsbehörden – somit auch mit der Stadt Leipzig.”

Das war 2013 und 2014 auch mit Leipzig der Fall. Jana Klein: “Ende 2013 / Anfang 2014 gab es eine Reihe von Kontakten zur Stadt Leipzig zum Thema Erstunterkunft / Asylbewerberunterbringung. Federführend dabei war aus Sicht des SIB ebenfalls das Baudezernat.” Aber das betraf, wie man weiß, vor allem die Pläne für Gohlis.

Und das betraf dann auch die vorletzte Variante für eine Interims-Erstaufnahmeeinrichtung in Leipzig – die im ehemaligen Bundeswehrkrankenhaus Leipzig. Dazu war der Freistaat Sachsen in intensiven Gesprächen mit der Stadt Leipzig, bestätigt Jana Klein: “Im Vorfeld der Anmietung Friederikenstraße ist mit der Stadt Leipzig intensiv über ein anderes Objekt (ehemaliges Bundeswehrkrankenhaus) und dessen Anmietung gesprochen worden. Soweit der SIB involviert war, waren primär bauplanungsrechtliche Fragen Thema. Aus diesem Grund war das Baudezernat Ansprechpartner.”

Und was war mit der Friederikenstraße 37, die dann wie ein Überraschungspaket am 29. Januar aus der Versenkung geholt wurde?

Das SIB war da gar nicht involviert, antwortet Jana Klein. Die Initiative ging ganz und gar vom neuen Eigentümer, der KKS Project GmbH, aus. Diese wandte sich an das Land und bot es von sich aus als Aufnahmeeinrichtung an. Augenscheinlich hatte man bei KKS aufmerksam die Entscheidungen im Bundesrat und im Bundestag verfolgt. Ganz ähnlich wie das Sozialamt der Stadt, das ja zuletzt auch Interesse an der Friederikenstraße angemeldet hatte. Im Dezember kam es auch zu Verhandlungen zwischen beiden und das Sozialdezernat der Stadt hatte durchaus das Gefühl, dass man mit KKS eine Einigung für die Einrichtung einer Asylbewerberunterkunft finden würde. Dass KKS parallel mit dem Freistaat verhandelte, wusste man nicht, war bis Ende Januar der Überzeugung, dass man zu einer Einigung kommen würde.

Hätte es eine Rückmeldung des Freistaats an die Stadt geben müssen? Eigentlich nicht, wenn man jetzt die Antworten aus der Landesdirektion so liest.

Auch das SIB musste nicht eingeschaltet werden. KKS wollte die Bauarbeiten selbst übernehmen. Und eins hatte sich der Eigentümer des Objekts ausbedungen: Stillschweigen, wie Jana Klein bestätigt: “Bezogen auf das konkrete Objekt liegt keine eigene Errichtung/Baumaßnahme seitens des Freistaates Sachsen (FS) vor. Vielmehr ist der Vermieter auf den Freistaat Sachsen zugekommen und hat die Immobilie angeboten. Im Rahmen der Mietverhandlungen war vom Vermieter Stillschweigen über die Verhandlungen erbeten worden, was ein durchaus übliches Procedere im Rahmen umfangreicher und liegenschaftlich nicht ganz einfacher Vorhaben ist.”

Baurechtliche Fragen wurden dann von KKS selbst mit der Stadt geklärt. In diesem Fall nicht mit dem Sozialamt, sondern der Baubehörde. Jana Klein: “Soweit für das Mietobjekt Kontaktaufnahme mit der Stadt Leipzig erforderlich war (z. B. wg. etwaiger baurechtlicher Fragen) war dies Aufgabe des Vermieters. Dabei wurde er in dem von ihm erbetenen Umfang vom Freistaat unterstützt. Im Übrigen hat sich der Freistaat an die Bitte des Vermieters, Stillschweigen zu bewahren, gehalten und ist deshalb auf die Stadt Leipzig erst unmittelbar nach Vertragsschluss zugegangen.”

Das war dann der Überraschungseffekt, der am 28. Januar das Leipziger Sozialamt wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf.

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“Und das spricht wohl für die Geschäftstüchtigkeit des Käufers der Friederikenstraße, der KKS Project GmbH.”

Herr Julke, bohren Sie weiter. Sieht hier nicht einiges danach aus, als ob es sich um mehr als nur Geschäftstüchtigkeit gehandelt hat? So viele Fehler macht auch eine Stadtverwaltung Leipzig nicht. Man darf gespannt, wie ausgeprägt der Aufklärungswillen im Stadtrat zu diesem Objekt ist. Beim Objekt Zschortauer Straße war davon ebenfalls nichts zu merken.

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